Ehrenamt in der IG Metall
Jung und engagiert: Wie eine Metallerin Azubis stark macht

Junge Menschen sind heute unpolitisch? Carolin Geist ist der Gegenbeweis. Die junge Metallerin sorgt im VW Werk Kassel dafür, dass Auszubildende zu ihrem Recht kommen – und einen Blick über den Tellerrand wagen.

22. Mai 201522. 5. 2015


Zum Beginn ihrer Industriemechaniker-Ausbildung bekam Carolin Geist von ihrem Vater folgenden Satz mit auf den Weg: Wenn einer von der IG Metall kommt und fragt, ob du beitrittst, dann machst du das. Diese Worte hätte sich der Vater sparen können.

Carolin kam an ihrem Arbeitsplatz, dem VW-Werk Kassel, tatsächlich schnell mit Gewerkschaftern in Kontakt. Der elterliche Wink mit dem Zaunpfahl spielte dabei aber keine Rolle. „Die Gespräche haben mich auch so überzeugt“, erinnert sich die Metallerin. Es war der Startschuss für eine kleine Gewerkschaftskarriere.

Im letzten Jahr ihrer Ausbildung war Carolin bereits Jugend- und Auszubildendenvertreterin. Mittlerweile ist die 24-Jährige dort stellvertretende Vorsitzende. Sie ist Bildungsberaterin und sitzt im Ortsjugendausschuss der IG Metall Nordhessen.Ihre Motivation: „Wenn ich vorgegebene Dinge ungerecht finde, kritisiere ich das und will etwas verändern.“

Sorgen und Nöte der Azubis

Dazu hat sie als Jugendvertreterin genug Gelegenheit. Jeden Monat gibt es bei VW Kassel eine Sprechstunde für die Azubis jeder Berufsgruppe. Fast alle kommen. In vertraulicher Atmosphäre erzählen die Auszubildenden von ihren Sorgen und Nöten.

„Ein Kollege hat sich vor kurzem darüber beklagt, dass er an der Montagelinie eingesetzt wurde“, berichtet Carolin. „Wir haben dann zusammen mit dem Ausbilder eine Ortsbegehung gemacht und eine Lösung gefunden.“ Der Azubi muss fortan nicht mehr ans Montageband. Schließlich ist diese Tätigkeit ausbildungsfremd.

Ihr Ziel, bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen zu schaffen, hat Carolin in diesem Fall erreicht. Doch sie kämpft auch um die Köpfe ihrer jungen Kollegen, will bei den Auszubildenden ein eigenes politisches Bewusstsein schaffen. Deshalb diskutiert sie in den Azubi-Sprechstunden nicht nur über Arbeitszeiten und Ausbildungsinhalte, sondern auch über das Freihandelsabkommen TTIP oder die nächste „Kagida“-Demo in Kassel. „Ich versuche, die Leute für eine kritische Weltsicht zu begeistern.“

Ein Kampf gegen Windmühlen? Interessieren sich Jugendliche nicht eher für die nächste Party als für eine Anti-Rechts-Demo? Vielleicht. Aber Carolin ficht das nicht an. „Wenn sie nur ein bisschen was mitnehmen, ist schon viel erreicht“, sagt sie.

Mehr Geld für Studierende

Und oft nehmen sie auch mehr mit – zum Beispiel bares Geld. In der vergangenen Tarifrunde hat die IG Metall durchgesetzt, dass VW Kassel für Studierende im Praxisverbund die Semestergebühren bezahlt. Immerhin 350 Euro pro Halbjahr. Als der Haustarifvertrag unterschreiben war, erzählte die Metallerin den Studierenden, was sie erreicht hatten: „Die sind sie vor Freude fast ausgerastet.“

Die Aufgaben werden „Caro“ nicht so schnell ausgehen. Als Dauerärgernis empfindet sie zum Beispiel die Regelung im VW-Werk, Auszubildende nur dann unbefristet zu übernehmen, wenn sie in einem hauseigenen Punktesystem einen bestimmten Wert erreichen. „Die bestandene Abschlussprüfung zeigt doch, dass ein Auszubildender bereit für den Job ist. Das sollte reichen.“

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