
Gesundheit - zu wichtig, um sie schlechter Arbeit zu opfern
Höchste Zeit für die Gesundheit
Leider gehört der Gesundheitsschutz nicht zu den vorrangigen Zielen von Unternehmen, die die Arbeitsplätze gestalten. Bei ihnen rangieren Rentabilität und Kostenersparnis vor Gesundheit und Wohlbefinden der Beschäftigten.
Nicht vorstellbar, bis zur Rente durchzuhalten
Ob schwere Arbeit an Maschinen oder vermeintlich "leichte" Arbeit an Bildschirmen - körperlicher und psychischer Verschleiß prägen heute die Arbeit in den Fabriken und Büros. Burn-Out greift um sich, psychische Störungen und Erkrankungen scheinen sich zur Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts zu etablieren.Die Arbeitswelt heute ist wahrlich kein Ponyhof. Viele Beschäftigte müssen vorzeitig wegen Krankheit aus dem Erwerbsleben ausscheiden, oft sind sie kaum älter als 50 Jahre. Und auch die große Beschäftigtenumfrage der IG Metall im Jahr 2013 bestätigte: 46 Prozent der Menschen können sich nicht vorstellen, in ihrem Job bei gleichbleibenden Anforderungen bis zum gesetzlichen Rentenalter durchzuhalten. Zwar können jetzt ältere Arbeitnehmer mit 63 nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei aussteigen. Doch die Belegschaften werden insgesamt nicht jünger und altersgerechte Arbeitsplätze sind weit und breit nicht in Sicht.
Können Sie Ihre Arbeit bei gleichbleibenden Anforderungen bis zum gesetzlichen Rentenalter
von über 65 Jahren ausüben?

Zunehmender Stress und Schichtarbeit sowie neue, flexible Arbeitsformen fordern ihren Tribut und stellen Gesundheitsschützer vor große Herausforderungen. "Solange Missstände am Arbeitsplatz zu den Hauptursachen für Erkrankungen und Frühverrentungen gehören, wird die IG Metall in dieser Frage keine Ruhe geben", erklärte IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger letzte Woche anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Kampagne "Tatort Betrieb" der IG Metall Baden-Württemberg. Mit ihrem "Tatort Betrieb" engagiert sich die IG Metall im Südwesten seit 25 Jahren erfolgreich für den Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Arbeitszeit aktuelles Gesundheitsthema
Waren es früher krebserzeugende Lösemittel und problematische Kühlschmierstoffe in der industriellen Fertigung, die die Arbeiter krank machte, so sind es heute die Entgrenzung der Arbeit und zunehmender Arbeitsstress, die zu schaffen machen. Vier von zehn Frühverrentungen haben psychische Ursachen. Aber auch die sich ausweitende Schichtarbeit belastet nach wie vor die Menschen. Sie beeinträchtigt das Schlafverhalten und die Ernährung der Betroffenen.Im aktuellen, zehnten Tatort geht es um die Arbeitszeit unter dem Motto: "Höchste Zeit für Gesundheit". Dabei geht es um die Frage, wie Schichtsysteme gut gestaltet und Belastungen im Büro reduziert werden können. Also nichts, was sich wie ein Giftstoff per Dekret entfernen ließe. Roman Zitzelsberger sieht hier die Unternehmen in der Pflicht. Sie müssen unter anderem dafür sorgen, dass Beschäftigte, die nachts arbeiten müssen, sich in der Kantine gesund ernähren können.
Betriebsrat und Arbeitsschutz
Betriebsräte haben im Arbeits- und Gesundheitsschutz eine Vielzahl von Möglichkeiten. Dazu gehören der klassische Unfallschutz, aber auch das Engagement für gesundheitsgerechte Arbeitszeiten, für verminderten Stress und weniger psychische Belastungen. Betriebsräte müssen aber nicht alles alleine machen.Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) schreibt vor, dass Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (SiFa) mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten müssen. Dabei geht es darum, Maßnahmen des Arbeitsschutzes gemeinsam zu beraten und anzupacken.
Gute Arbeit braucht klare Regeln, sagt die IG Metall. Das gilt auch für ausufernde Arbeitszeiten, Arbeitsstress und Zeitdruck. Zwar ist schon vieles gesetzlich geregelt - aber nicht, wenn Mitarbeiter nach Feierabend oder am Wochenende ständig erreichbar sein müssen. Deshalb fordert die IG Metall schon seit längerem eine Anti-Stress-Verordnung - mit verbindlichen und handhabbaren Vorschriften, die psychische Belastungen mit anderen Gefährdungen durch Lärm oder unzureichendes Licht gleichstellt.
- 25 Jahre Tatort Betrieb - Interview mit Monika Lersmacher
- Kampf dem E-Mail-Wahnsinn: ständige Erreichbarkeit macht krank
- Zeit ist der Stressfaktor Nummer eins
- Erklärung zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt
- Hans-Jürgen Urban: Weiter dran bleiben an einer Anti-Stress-Verordnung
- Anti-Stress-Verordnung - eine Initiative der IG Metall
Themen
Alles rund um Ihren Arbeitsplatz.

Lässt Ihnen Ihre Arbeitszeit Zeit für ein gutes Leben? Im Bedarfsfall sind Sie als Erstes gefragt, Grenzen zu ziehen.
Drei goldene Regeln für Schichtpläne
Schichtpläne sind nie optimal. Aber es gibt Kriterien, die auf jeden Fall berücksichtigt werden sollten. Hier die drei wichtigsten:
Kurze Wechsel
Eine durchwachte Nacht lässt sich gut verkraften, wenn man danach ausschläft. Der Körper kann sich danach wieder auf seine innere Uhr umstellen. Je mehr Nachtschichten aufeinander folgen, desto stärker wird der Tag-Nacht-Rhythmus gestört und desto größer das Schlafdefizit. Deshalb sollten nicht mehr als drei (besser zwei) Nachtschichten hintereinander gearbeitet werden. Das gilt auch für Früh- und Spätschicht: schnelle Wechsel sind besser als lange Schichtfolgen.
Immer vorwärts
Der Körper kommt mit einem vorwärts wechselnden Schichtsystem (Früh-Spät-Nacht) besser klar, weil das eher dem natürlichen 24-Stunden-Rhythmus entspricht. Zudem sind die Erholpausen von Früh- auf Spätschicht länger als von Spät- auf Frühschicht.
Schichtfolgen
Es gibt Schichtfolgen, die für den Körper ungünstig sind und daher vermieden werden sollten. So reicht etwa nach der Nachtschicht ein freier Tag nicht aus, um das Schlafdefizit auszugleichen, wenn im Anschluss eine Frühschicht folgen soll. Besser sind zwei freie Tage. Manche Schichtfolgen sind auch verboten, wie etwa der Rückwärtswechsel von Spät- auf Frühschicht oder von Nacht- auf Spätschicht. Denn hier fehlt das Minimum von elf Stunden Ruhezeit, das nach Paragraf 5 Arbeitszeitgesetz nach Beendigung der Arbeitszeit vorgeschrieben wird.

Im Jahrbuch Gute Arbeit 2018 diskutieren Fachleute aus Gewerkschaften, Wissenschaft und betrieblicher Praxis anstehende Aufgaben eines sozial-ökologischen Umbaus.

Einmal jährlich erfasst der DGB-Index Gute Arbeit die Arbeitsqualität. Dabei zählt nur das Urteil der Beschäftigten.