Die Stress-Landkarte: Folge 2
Stress von innen

Weil Stress – am Arbeitsplatz oder im Privaten – so viele Ursachen haben kann, hier der zweite Teil unserer Stress-Landkarte. Diesmal geht es um den persönlichen Umgang mit Stress und darum, wie man gemeinsam etwas dagegen tun kann.

4. August 20114. 8. 2011


Wann empfindet man Stress? Stress entsteht dann, wenn man dass Gefühl hat, Anforderungen und Erwartungen nicht erfüllen zu können. Er äußert sich über körperliche oder psychische Beschwerden oder über beides. Auf die Dauer weiß man nicht, wie man etwas dagegen tun kann. Und das geht an die Substanz.

Das Missverhältnis zwischen etwas leisten müssen und es leisten können ist in der Arbeitswelt schon fast der Normalzustand. Viele Arbeitgeber verharmlosen das aber immer noch und sehen die „Schuld“ bei den Beschäftigten selbst. Aber Fakt ist, dass Stress im Beruf rapide zunimmt. In der Produktion werden die Taktzahlen am Band ständig erhöht. In der IT-Branche hat eine Studie ergeben, dass ein Viertel der Beschäftigten Anzeichen chronischer Erschöpfung zeigt. Die Weltgesundheitsorganisation hat den beruflichen Stress zu einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts erklärt. Und die seelischen Belastungen in der heutigen Arbeitswelt waren sogar ein Schwerpunkt auf dem diesjährigen Kongress der Ärzte für Psychosomatik.

Die Gewerkschaften beobachten schon seit Jahren die zunehmende Arbeits- und Leistungsverdichtung und dass vor allem auch die Verantwortung für den Markterfolg auf Einzelne abgedrückt wird. Jeder Einzelne kann aber auch etwas bewegen: Was für eine Art Stress habe ich, und wie kann ich damit umgehen? Und auch: Wie kann eine Belegschaft gemeinsam etwas bewirken?


Ich gegen Stress

Jeder Mensch geht individuell mit Stress um. In der Fachsprache heißt das „personale Ressourcen“. Die kann man genauso wie die Stressfaktoren von außen auf der Stress-Landkarte finden. Da ist erstens die Frage nach den Kompetenzen. Wer zum Beispiel immer wieder den „Excel-Tabellen-Horror“ hat, ist vielleicht nicht genug dafür geschult. Zweitens kann jeder schauen, wie er sich den Arbeitsplatz optimal nach seinen Bedürfnissen einrichten kann. Also zum Beispiel eine ruhige Umgebung einfordern. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Frage, mit welcher persönlichen Haltung man Probleme angeht. Experten haben beobachtet, dass Menschen mit einer positiven Grundhaltung bezüglich ungewohnten Anforderungen besser mit Stress umgehen können als Menschen, die glauben, keinen Einfluss auf die Dinge um sich herumhaben.


Zusammen gegen Stress

Die Dinge zu beeinflusssen ist aber genau der Knackpunkt: Nur wer sich bemerkbar macht, wehrt sich gegen das Missverhältnis von Anforderung und Bewältigungsmöglichkeiten. Ansonsten wird der Chef immer mehr Aufgaben auf den Tisch legen. Hier sind besonders Menschen gefährdet, die sehr perfektionistisch sind oder die ihre Bedürfnisse hinten anstellen. Es lohnt sich, solche Persönlichkeitsmerkmale zu reflektieren. Muss ich wirklich so perfekt, brav oder schnell sein?

In vielen Betrieben wird Stress inzwischen zum Thema gemacht. Zum Beispiel auf Betriebsversammlungen und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilungen. Trotzdem reicht das noch nicht aus, wie die deutlich steigenden Krankschreibungen aufgrund psychischer Probleme eindeutig zeigen. Die IG Metall drängt auf verpflichtende statt freiwillige Rahmenvereinbarungen, damit sich Arbeitgeber nachhaltig mit der psychischen Belastung auseinandersetzen.

Bei dem Stress von innen gilt also genauso wie bei den Stressfaktoren von außen: Von alleine tut sich nichts. Wer genau rausgefunden hat, was ihn stresst, der kann gezielt mit Kollegen, dem Chef, den Vertrauensleuten und den Betriebsräten ins Gespräch kommen und etwas bewirken. Damit die Arbeitgeber endlich merken, dass Stress nicht Ausdruck einer persönlichen Unzulänglichkeit ist.
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