Demokratisierung der Wirtschaft
Zeit für mehr Mitbestimmung

Unternehmen, die in einer digitalisierten und vernetzten Industrie bestehen wollen, müssen ihre Beschäftigten einbeziehen. Sie sind die Experten im Betrieb. Damit die Reise in die Arbeitswelt der Zukunft gelingt, fordert die IG Metall mehr individuelle Beteiligungsrechte für Arbeitnehmer und ...


... den Ausbau der kollektiven Mitbestimmung.

Das Modell der Mitbestimmung, so wie es in Deutschland gilt, stammt aus den späten 1960 und frühen 1970er Jahren. Die Arbeitswelt dieser Zeit war eine völlig andere, in den letzten Jahrzehnten hat sich vieles grundlegend gewandelt und dieser Prozess beschleunigt sich noch, besonders durch die Veränderungen, die die Digitalisierung der Industrie bedeuten. Die Mitbestimmung der Beschäftigten braucht ein Update.


Selbständig und kreativ

In der Arbeitswelt der Zukunft sind die Arbeitnehmer gefordert, sich selbständig und kreativ in den Arbeitsprozess einzubringen. Die Unternehmen brauchen selbstständige und qualifizierte Mitarbeiter, die auch mit unvorhersehbaren Situationen souverän und flexibel umgehen und diese beherrschen können. „Die Beschäftigten sind Motor für Innovationen und Träger der Wertschöpfung“, stellt Detlef Wetzel, Erster Vorsitzender der IG Metall, fest. Die Beschäftigten tragen zunehmend mehr Verantwortung. Daher ist es nur legitim, ihnen auch mehr individuelle Selbstbestimmung und mehr kollektive Mitbestimmung einzuräumen.


Neben den großen Veränderungen, die die „Industrie 4.0“ auslösen wird, wollen die Beschäftigten selbst auch mehr beteiligt zu werden. So ein zentrales Ergebnis der großen Beschäftigtenbefragung, die die IG Metall unter mehr als 500 000 Beschäftigten durchgeführt hat. Dieses Ergebnis zeigte, die Beschäftigten wollen grundsätzlich an wirtschaftlichen Entscheidungen beteiligt werden – auch wenn über die Perspektiven des Unternehmens, der Branche oder der Region entschieden wird. „Es geht nicht um lukrative Posten in der Wirtschaft, sondern um den Wert der demokratischen Mitsprache. Um Demokratie in der Wirtschaft“, erklärt Wetzel.

Zunehmend ändern sich die Anforderungen in den Unternehmen. Kritik üben die Arbeitnehmer beispielsweise dann, wenn die Arbeitgeber zunehmend Flexibilität ohne Gegenleistung einfordern. Während die Beschäftigten diese Anforderungen in hohem Maße abarbeiten, stoßen sie bei den Arbeitgebern meistens auf Widerstand, wenn sie eine Gegenleistung fordern: Egal, ob es sich um mehr Zeit für die Kinderbetreuung, der Pflege von Angehörigen oder um den Wunsch nach befristetem Zeitgewinn handelt.

Beteiligung zahlt sich aus

Die Beschäftigten zu beteiligen, das zahlt sich für ein Unternehmen aus. Das hat beispielsweise der Elektrogerätehersteller Vorwerk erfahren. Als der Betrieb in der Krise steckte, entwickelten die Beschäftigten ein neues Vertriebsmodell. Mit dieser Geschäftsidee gelang es dem Betrieb wieder gewinnbringend zu arbeiten.

Innovativ waren auch die Beschäftigten des Windradherstellers Vestas in Lübeck: Eine Projektgruppe aus Mitarbeitern entwickelte ein Konzept wie hochwertige Materialien nach der Nutzungszeit wiederverwendet werden können und deshalb nicht einfach auf dem Schrott landen.

Beide Beispiele zeigen, dass die Beteiligung der Beschäftigten dem Unternehmen nutzt. Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften müssen zusammen mit den Beschäftigten ein neues, modernes Mitsprachemodell aus individueller Beteiligung und kollektiver Mitbestimmung entwickeln, fordert die IG Metall.

Doch die Arbeitgeber sehen bislang keine Veranlassung dafür. Bislang bewegen sich weder die Unternehmen noch die Politik. Tatsächlich versuchen einzelne Unternehmen die Mitbestimmung zu umgehen oder gehen sogar aggressiv gegen Mitbestimmung vor. Einige Anwaltskanzleien haben sich auf „Union Busting“ spezialisiert und beraten Unternehmensleitungen darin, Betriebsräte zu sabotieren. Andere Unternehmen nutzen neue Rechtsformen, hebeln damit das deutsche Mitbestimmungsrecht aus und entledigen sich so des Aufsichtsrats. Und nicht zuletzt werden in vielen Unternehmen mit Leiharbeit und Werkverträgen die Arbeitnehmerrechte untergraben.

Bürgerdialoge, Online-Petitionen, Befragungen – diese Beteiligungsformen haben Konjunktur und zeigen: Die Menschen wollen stärker beteiligt werden. Sie wollen Entscheidungen nicht einfach kritiklos hinnehmen, sondern gefragt werden. Die Forderung nach mehr Mitbestimmung und Beteiligung ist mehr als berechtigt. Detlef Wetzel sagt: „Auf Grund der vielen Herausforderungen der Zukunft führt kein Weg daran vorbei, dass wir das Maximum an demokratischer Mitsprache im Betrieb, im Unternehmen, in der Tarif- und Gewerkschaftspolitik einfordern müssen“.

Die Herausforderungen der Arbeitswelt der Zukunft sind eine Zeitenwende. Deshalb ist auch jetzt der richtige Zeitpunkt um über mehr individuelle Beteiligung und kollektive Mitbestimmung zu diskutieren und anzugehen. Die IG Metall erklärt, wie und wo die Mitbestimmung ausgeweitet werden muss.

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