Bundestagswahl 2013
Klassenziel verfehlt. Gute Bildung für alle!

Bildung ist die wichtigste Ressource für die Zukunft. Doch wie in kaum einem anderen Industrieland sind die Bildungschancen für Kinder so ungerecht wie hierzulande. Die Beschäftigten wollen gerechte Bildung für alle – unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern. Das hat die große Befragung ...

19. September 201319. 9. 2013


... der IG Metall ergeben. Und was sagen die Wahlprogramme der Parteien dazu?

Das deutsche Bildungssystem ist ungerecht und undurchlässig. Nirgendwo sonst sind die soziale Herkunft und der Bildungserfolg so eng miteinander verknüpft wie in Deutschland. Wer aus wohlhabenden Verhältnissen stammt und Eltern mit akademischem Abschluss hat, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch selbst studieren. Dagegen haben es Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern oft schwer, eine höhere Schule zu besuchen. An Universitäten sind sie absolut unterrepräsentiert.

Und während es in den meisten anderen Ländern möglich ist, auf unterschiedlichen Wegen den Campus zu erreichen, sitzen in Deutschland fast ausschließlich Abiturienten in den Hörsälen. Inakzeptabel ist auch der hohe Anteil an jungen Menschen, die gar keinen Schul- und Berufsabschluss erreichen.

Jeder junge Mensch muss das gleiche Recht auf gute Bildung, Ausbildung und Weiterbildung haben.

Und wie sehen die Fakten aus?


  • Mangelhafte Bildungsinvestitionen: Die 34 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) investieren im Durchschnitt 13 Prozent der öffentlichen Ausgaben in die Bildung, hierzulande sind es nur 10,5 Prozent. In die betriebliche Weiterbildung der deutschen Unternehmen fließen lediglich 0,7 Prozent der Arbeitskosten. Das Bildungsengagement der Betriebe lässt sehr zu wünschen übrig. Laut einer Umfrage unter 600 Führungskräften kümmern sich 39 Prozent „gar nicht“ oder „geringfügig“ um die Weiterbildung iher Mitarbeiter.
  • Herkunft entscheidet über die Zukunft: Nur 23 Prozent der Kinder von Eltern ohne Hochschulabschluss schaffen es an die Uni, jedoch 83 Prozent der Akademikerkinder.
    Undurchlässiges Bildungssystem: Studieren ohne Abitur ist in Deutschland nach wie vor fast nicht möglich. Der sogenannte dritte Bildungsweg führt ein Schattendasein. Trotz steigender Zahlen hatten nur 2,3 Prozent der Studienanfänger 2012 kein Abitur.
  • Sieben Prozent Bildungsverlierer: Im Jahr 2010 beendeten 53 100 junge Menschen ihre Schullaufbahn ohne Hauptschulabschluss an einer allgemeinbildenden Schule. Somit bleibt jeder 14. Jugendliche auf der Strecke.
  • Schwieriger Berufseinstieg: 165 000 junge Menschen blieben 2012 ohne betrieblichen Ausbildungsplatz. 270 000 Jugendliche machten ein berufsvorbereitendes Jahr, ein Praktikum oder hingen in anderen Warteschleifen.

Und was erwarten die Beschäftigten?

Die Mehrheit der Beschäftigten wünscht sich einen politischen Kurswechsel hin zu einer gerechteren Bildung. Die große Beschäftigtenbefragung der IG Metall hat gezeigt: 95 Prozent der Menschen wollen gleiche Bildungschancen – unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern. 70 Prozent der Befragten sieht Weiterbildung als wesentlichen Faktor in der beruflichen Entwicklung an.

Zusammen mit den Beschäftigten fordert die IG Metall, dass der Gesetzgeber für ein durchlässiges Bildungssystem sorgt und die Rahmenbedingungen für betriebliche Weiterbildung verbessert. Die Bildungszugänge dürfen nicht an Formalien scheitern. Außerdem müssen die Unternehmen ihre Investitionsquote in die betriebliche Weiterbildung wesentlich erhöhen.

Und was versprechen die Parteien?

Wie wollen die im Bundestag vertretenen Parteien auf die bildungspolitischen Herausforderungen und die Erwartungen der Menschen reagieren? Das steht in ihren Wahlprogrammen:

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Die SPD will, dass alle Menschen eine gute Bildung bekommen – egal ob arm oder reich oder ob die Eltern eine gute Bildung hatten oder nicht. Mit mehr Ganztagsschulen sollen Kinder schneller und besser lernen sowie Eltern Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren können. Die Partei will in den nächsten Jahren 20 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung ausgeben – für mehr Kitas, bessere Schulen sowie mehr Lehrerinnen und Lehrer. Bildung soll nichts kosten: Von der Kita bis zur Universität soll alles gebührenfrei sein. Die Hochschulen sollen stärker für beruflich Qualifizierte geöffnet und Zugänge erleichtert werden. Die Sozialdemokraten wollen die Angebote des Studiums ohne Abitur generell unterstützen.

Außerdem will die SPD eine Berufsbildungsgarantie. Jeder soll eine Ausbildung in einem Betrieb, an einer Fachschule oder Universität machen können. Auch junge Menschen, die nicht beim ersten Mal einen Schulabschluss oder Berufsabschluss geschafft haben. Grundsätzlich soll allen Jugendlichen ein Schul- und Berufsabschluss ermöglicht werden. Die duale Ausbildung will die SPD als tragende Säule der Fachkräfteausbildung stärken.

Christlich Demokratische Union (CDU) und Christlich-Soziale Union (CSU)
Die Unionsparteien stehen weiterhin zum Gymnasium, zu leistungsstarken Schulen und zur Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Mit einem Bildungspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen wollen CDU und CSU unter anderem in deutschen Schulen eine bedarfsgerechte Ganztagsbetreuung sicherstellen, indem sie auch Vereine oder ehrenamtliche Strukturen einbeziehen. Ab 2014 sollen in die Lehrerausbildung zusätzlich 500 Millionen Euro fließen.

Zusammen mit der Wirtschaft will die Union vor allem Jugendlichen mit „Zuwanderungsgeschichte, in Teilzeitausbildung oder mit einer Behinderung“ die Chancen für eine duale Ausbildung verbessern. Eine gute Ausbildung und Studieren sollen laut CDU und CSU nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Dafür will die Union das BAföG und private Stipendien weiter fördern und ausbauen. Damit will sie insbesondere Fachkräfte aus EU-Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit gewinnen.

Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen machen sich stark für ein „lebenslanges Lernen“ und für einen Bildungsaufbruch. Für ein qualitätsvolles Angebot der frühkindlichen Betreuung, den Ausbau der Ganztagsschulen und bessere Hochschulen. Das ist nur mit mehr Personal zu stemmen. Die grüne Partei macht sich stark für ein inklusives und sozial gerechtes Bildungssystem, an dem alle teilhaben. Sie tritt ein für offene Bildungsinstitutionen, in denen sich Lernende, Lehrende, Eltern und das gesellschaftliche Umfeld einmischen können. Jeder soll die gleichen Bildungschancen haben und die Bildung bekommen, die er braucht.

Mit „DualPlus“ wollen die Grünen das duale Ausbildungssystem um überbetriebliche Lernorte insbesondere für benachteiligte Jugendliche erweitern. Ihr Ziel: Berufsabschluss für alle. Berufliche Abschlüsse sollen beim Zugang zu Hochschulen anerkannt werden.

Die Linke
Die Linke fordert ein „inklusives Bildungssystem“, das allen den bestmöglichen Lernfortschritt ermöglicht. Sie will das gegliederte Schulsystem überwinden. Stattdessen soll die Gemeinschaftsschule als Regelschule gelten, in der alle Kinder von Anfang an ganztägig gemeinsam lernen und leben. Die Gemeinschaftsschule soll mehr Schüler zu Bildungserfolgen und höheren Schulabschlüssen führen. Alle gehören dazu, niemand wird ausgegrenzt. Die Linke will jegliche Gebühren im öffentlichen Bildungssystem abschaffen. Dazu gehören auch die Gebühren für Kindertagesstätten sowie Studien- und Ausbildungsgebühren.

Der Zugang zu den Hochschulen soll für alle anerkannten beruflichen Abschlüsse möglich sein. Außerdem will sich die Partei für stärkere Mitspracherechte für alle Beschäftigten und Studierenden an den Unis stark machen. Das BAföG soll elternunabhängig und bedarfsdeckend angepasst und wieder als Vollzuschuss gezahlt werden.

Nach dem Willen der Linken sollen Unternehmen, die nicht ausbilden, eine Umlage bezahlen. Die soll den Betrieben zugute kommen, die ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommen und ausbilden. Gemeinsam mit den Gewerkschaften will sich die Partei für eine unbefristete Übernahme von Auszubildenden einsetzen.

Freie Demokratische Partei (FDP)
Die Liberalen bekennen sich zum Bildungsföderalismus, der „Freiheit, Vielfalt und Leistungswettbewerb“ ermöglicht. Die Selbstständigkeit von Bildungseinrichtungen sieht die FDP als „Kern liberaler Bildungspolitik“. Die Schulen sollen über ein eigenes Budget verfügen und selbstverwaltet und eigenverantwortlich entscheiden dürfen. Damit wollen die Liberalen „Vielfalt erhalten und Leistungswettbewerb“ fördern. Für jeden Menschen soll es die Bildung geben, die zu ihm passt.

Die Partei will mit einem „qualitätsfördernden Wettbewerb zwischen allen Anbietern“ das Bildungssystem verbessern. Kindergärten, Schulen sowie Freizeit- und Bildungsorte sollen barrierefrei sein. Kinder und Jugendliche mit oder ohne Behinderung sollen gemeinsam in einer Schule lernen können.

Die Liberalen wollen den „Exzellenzwettbewerb“ der Graduiertenschulen und Universitäten fördern. Die Fachhoch- und private Hochschulen sollen ebenfalls am Wettbewerb teilnehmen können. Die FDP sieht die Abschaffung der Studiengebühren als einen Fehler. Sie sollen nach ihrem Willen nach dem Studium und nur bei ausreichendem Einkommen erfolgen. Das duale Ausbildungssystem will die FDP stärken und ausweiten.
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