Beteiligung: VAC-Belegschaft erkämpft Zukunftstarifvertrag
Zukunftsgewinn mit Beteiligung

Zukunft statt Sozialplan war das Ziel der Beschäftigten der Vacuumschmelze im hessischen Hanau. Mit dem erkämpften Tarifvertrag mit Standortgarantie und Bekenntnis zur Tarifbindung haben sie das erreicht. Ihr Erfolgsrezept: Die Mitglieder waren von Anfang an beteiligt und feilten gemeinsam an ...

15. Juli 201515. 7. 2015


... dem Forderungspaket, das die Grundlage für die Zukunft ihres Standortes bildet.

„Wir werden gewinnen. Wir haben schon einmal gewonnen“, erklärte ein Metaller noch während der Warnstreikphase selbstbewusst. Er sollte recht behalten mit seiner Prognose. Schon einmal haben die VAC-Beschäftigten bewiesen, dass sie es können: Mit Streiks haben sie die Tarifflucht ihres Arbeitgebers verhindert. Das war 2008.

Der Zukunftsgewinn

Seit März befanden sich die Metallerinnen und Metaller der Hanauer Vacuumschmelze (kurz VAC) erneut im Kampfmodus – dieses Mal für die Forderung „ Zukunft statt Sozialplan“. Am Ende des monatelangen Tauziehens um den angedrohten Stellenabbau steht ein Zukunftstarifvertrag, mit dem der Belegschaft ein großer Wurf gelungen ist.

Etwa 1500 Beschäftigte arbeiten bei VAC in Hanau. Das Unternehmen entwickelt und produziert magnetische Spezialwerkstoffe und ist in über 40 Ländern aktiv. Ursprünglich wollte das Management 340 Beschäftigte loswerden – über einen Sozialplan mit Abfindungen. Das konnten Betriebsrat und IG Metall verhindern. Der jetzt ausgehandelte Zukunftstarifvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2020 aus und enthält die Zusage für notwendige Zukunftsinvestitionen.


Zudem garantiert der Tarifvertrag den Erhalt des hessischen VAC-Standorts als globalen Hauptsitz mit seinen Schlüsselfunktionen. Innerhalb der Laufzeit bis Ende 2025 kann der Betrieb nicht aufgespalten oder in Teile ausgegliedert werden. Darüber hinaus verpflichtet sich das Unternehmen, jedes Jahr 24 neue Auszubildende im gewerblichen Bereich einzustellen. Die Belegschaftszahl soll zwar um 189 Mitarbeiter sinken – jedoch ausschließlich über Fluktuationen oder die geregelte Altersteilzeit.

Die Krönung dieses Zukunftswerks: Der Arbeitgeber bekennt sich ausdrücklich zur Tarifbindung und unternimmt keine Tarifflucht, wie er es 2008 versucht hat.

Für Robert Weißenbrunner, Bevollmächtigter der IG Metall Hanau-Fulda, liegt das Erfolgsrezept für diesen Tarifvertrag klar auf der Hand: „Das war nur durch die breite Beteiligung, Aktivierung und Solidarität der hochorganisierten VAC-Belegschaft möglich.“

Warnstreiks im Staffellauf

Von Anfang an waren die Beschäftigten, von denen etwa 90 Prozent der IG Metall angehören, aktiv beteiligt und hoch motiviert. „Wir pflegen eine intensive Gesprächskultur“, sagt Friedrich Lenhard, Betriebsratsvorsitzender bei VAC. In den vergangenen Monaten diskutierte die Belegschaft ständig – in den Pausen, bei Versammlungen und zuletzt bei den Warnstreiks, für die sie eine neue Aktionsform ausgetüftelt hatte.

Die Strategie: Wie bei einem Staffellauf legen die Abteilungen und Bereiche gruppenweise die Arbeit nieder. Eine Gruppe von etwa 20 bis 50 Leuten lässt eine halbe Stunde die Arbeit ruhen, danach folgt die nächste Gruppe und übernimmt eine halbe Stunde die Warnstreik-Staffel. Anschließend gehen die Warnstreikenden gruppenweise und geschlossen zum Betriebsrat, um sich ausführlich zu informieren. Diese Betriebsratszeit wird dann vom Arbeitgeber bezahlt. Der Clou der Staffel-Aktion ist, dass im Betrieb nichts mehr läuft. „Wir Betriebsräte und Vertrauensleute waren ziemlich gespannt, ob diese neue Taktik funktioniert“, sagt Betriebsrat Lenhard rückblickend. „Doch dann ist uns diese kombinierte Aktionsform besonders gut gelungen. Rund 1000 Leute waren an dem Tag aktiv.“

In gemeinsamer Diskussion entstand auch der Forderungskatalog. Die Mitglieder entwickelten ihn zusammen mit dem Betriebsrat, ihrer Tarifkommission und der IG Metall und überreichten ihn dem Geschäftsführer bei einer öffentlichen Protestaktion vor dem Verwaltungsgebäude.

Die Basis für eine erfolgreiche Zukunft sieht Robert Weißenbrunner jedoch nicht nur in der Solidarität und dem Zusammenhalt im Betrieb, sondern auch in dem der Region. Der angedrohte Stellenabbau bei der VAC sowie bei anderen Unternehmen in der Region hat die Politik alarmiert und den Landrat auf den Plan gerufen. Unter seiner Leitung formierte sich das Solidaritätsbündnis „ Eine Region steht auf“ gegen Arbeitsplatzabbau im Main-Kinzig-Kreis. Politik- und Kirchenvertreter, Gewerkschafter, Betriebsräte und auch heimische Arbeitgeber haben sich angeschlossen. Sprecher des Bündnisses ist der Sparkassen-Chef von Gelnhausen, der es sich dann auch nicht nehmen ließ, den Warnstreikenden bei der VAC einen Besuch abzustatten und seine Solidarität zu bekunden.
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