Betriebsverfassungsrecht
Betriebsänderung ohne Betriebsrat

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Betriebsrat keinen Anspruch auf Abschluss eines Sozialplans hat, wenn er erst nach vom Arbeitgeber begonnener Umsetzung einer Betriebsänderung gebildet wird.

15. August 202215. 8. 2022


Die Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach den Paragrafen 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beziehen sich auf beabsichtigte und damit noch in der Zukunft liegende Betriebsänderungen. Die Beteiligung des Betriebsrats soll grundsätzlich stattfinden, bevor die Betriebsänderung durchgeführt ist.
 

Wer zu spät kommt …

Daher kann ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans nicht mehr entstehen, wenn dieser zu dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung bereits begonnen hat, noch gar nicht gebildet war. Also auch hier gilt der Spruch von Gorbatschow, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Gegenstand der Beteiligungsrechte bildet allerdings nicht die Planung des Arbeitgebers als solche, sondern die „geplante Betriebsänderung“. Die unternehmerischen Maßnahmen sind so lange lediglich „geplant“, wie der Arbeitgeber noch nicht mit der Umsetzung seiner Planung begonnen hat. Solange er noch nicht damit angefangen hat, die Betriebsänderung auch tatsächlich durchzuführen, besteht noch die Möglichkeit des Betriebsrats, auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen.

Die Verhandlungen der Betriebsparteien über ein Interessensausgleich und der Abschluss eines Sozialplans stellen zwar keine untrennbare Einheit dar. Ein Interessenausgleich kann nur vor der Durchführung der Betriebsveränderung verhandelt werden. Dagegen kann der Sozialplan auch noch nach ihrer Umsetzung abgeschlossen werden. Voraussetzung für beides aber ist, dass es überhaupt einen Betriebsrat bereits gegeben hat, bevor der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung begonnen hat.

Auch der Nachteilsausgleichsanspruch nach Paragraf 113 Absatz 3 BetrVG wegen unterlassender Interessenausgleichsverhandlungen setzt ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers voraus. Ein solches ist nicht gegeben, wenn er den Betriebsrat von vornherein nicht zu beteiligen brauchte.

Hier geht es zum Volltext der BAG-Entscheidung vom  8. Februar 2022 – 1 ABR 2/21.