Windradbauer Enercon: Beschäftigte wählen Betriebsrat
„Miteinander – nicht gegeneinander“

Am Montag haben die Monteure des Windkraftanlagenbauers Enercon bundesweit die Wahl von Betriebsräten eingeleitet. In allen neun Enercon-Servicegesellschaften haben die Beschäftigten fast zeitgleich Wahlvorstände gewählt. Trotz weiter Anfahrtswege waren die meisten Monteure gekommen, um ihr ...

13. September 201313. 9. 2013


... Grundrecht wahrzunehmen.

12.30 Uhr in einem Gewerbegebiet in Lengenbostel bei Hamburg. Hier ist die Zentrale von WEA Service Nord, der regionalen Servicegesellschaft des Windkraftanlagenherstellers Enercon. Endlich lässt der Regen langsam nach. Ein Enercon-Bulli nach dem anderen fährt vor. Nach wenigen Minuten ist der geschotterte Parkplatz voll – und die Bullis parken auf der Straße.

141 Monteure steigen aus. Fast alle sind gekommen. Die meisten von ihnen sind junge Männer. Sie arbeiten auf Windradmasten, in bis zu hundert Metern Höhe, bei Wind und Wetter, oft von früh morgens bis spät abends. Und sie machen ihre Arbeit gerne. Aber sie wollen wissen und mitbestimmen, wann sie auf die Windenergieanlagen hinauf müssen – und wie lange. Deshalb wollen sie heute die Wahl eines Betriebsrats einleiten. Genauso wie ihre Kollegen zeitgleich in den acht anderen Enercon-WEA-Servicegesellschaften überall in Deutschland.

Beschäftigte wollen gehört werden

Schon eine ganze Weile wollen die Monteure etwas verändern. Vor allem wollen sie gefragt werden und mitreden, statt vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Für Unzufriedenheit hat besonders gesorgt, wie die Unternehmensleitung im Frühjahr das neue Schichtmodell eingeführt hat.

„Es gab dazu eine Versammlung. Und es hieß, wir reden über das neue Schichtmodell“, erinnert sich ein Beschäftigter. „Aber als wir dort hinkamen, war der Schichtplan schon fertig.“ „Wir hatten ja auch Ideen zum Schichtmodell“, ergänzt ein anderer Monteur, etwa Anfang 20. „Aber die Geschäftsführung hat alles einfach abgeblockt.“



Immer mehr Enercon-Beschäftigte haben sich daher in den letzten Monaten an die IG Metall gewandt: Sie wollen einen Betriebsrat, um endlich gehört zu werden und mitbestimmen zu können.

Heute wählen die Enercon-Monteure zunächst einen dreiköpfigen Wahlvorstand, der laut Gesetz die Betriebsratswahlen organisiert. Die IG Metall hat zur Wahlversammlung eingeladen und ist mit einem Team vor Ort. Die Wahl findet in einem Fitnesscenter direkt neben dem Servicecenter statt, in dem einige der Monteure trainieren. Der Inhaber hat spontan seinen Tanzsaal für die Wahl zur Verfügung gestellt. Er hat selbst einmal in einem Metallbetrieb gearbeitet und versteht die Enercon-Beschäftigten. „Wir haben damals auch einen Betriebsrat gewählt – und dann wurde vieles besser“, erinnert er sich. „Und ich kriege ja mit, dass die Jungs unzufrieden sind und oft nicht zum Training kommen, weil sie viel Arbeit haben.“

Wahlvorstand organisiert nun Betriebsratswahl

Die Wahlversammlung läuft kurz und knackig. Nachdem IG Metall-Sekretär Moritz Lange den Ablauf erklärt hat, stimmen die Beschäftigten per Handzeichen ab. Um 14 Uhr ist alles in trockenen Tüchern. Die drei Monteure, die kandidiert haben, sind fast einstimmig gewählt. Innerhalb der nächsten Wochen werden sie die eigentliche Betriebsratswahl vorbereiten. Schon direkt nach der Wahlversammlung haben sie ihre erste Sitzung.

„Wir arbeiten ja gerne bei Enercon und sind auch bereit, flexibel zu sein und Überstunden zu machen. Aber die Firma muss auch mal mit uns darüber reden“, erklärt Andrzej Nowak, 26, einer der drei gewählten neuen Wahlvorstände in Lengenbostel. „Wir müssen zu einem Miteinander kommen – nicht gegeneinander.“

Dass tatsächlich so viele Monteure gekommen sind – oft mehrere Stunden entfernt aus ihren Stützpunkten von Bremen bis zur dänischen Grenze – überrascht die drei neugewählten Wahlvorstände nicht. „Mir war klar, dass alle kommen. Wir haben schon lange darüber geredet, dass wir einen Betriebsrat brauchen“, erzählt Andreas Klöpper, 33, der neben Andrzej Nowak in den Wahlvorstand gewählt worden ist. „Wir müssen schließlich Einfluss darauf nehmen, was um uns passiert.“
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