Für ein krisenfestes Deutschland und ein solidarisches Europa...
Handeln, nicht schönfärben

Wie können sich die Deutschen gegen die Krise wappnen und gleichzeitig für ein solidarisches Europa eintreten? Mit neun Antworten bezieht die IG Metall Stellung. Diesmal zum Thema „Beschäftigung aktiv sichern“.

11. Dezember 201211. 12. 2012


Ein stabiler Arbeitsmarkt und zusätzliche Euros für die Gehaltskonten der Bürger haben die Konjunktur in den vergangenen Jahren am Laufen gehalten. Beispielsweise der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie hat dazu einen großen Beitrag geleistet. „Vor allem der robuste Konsum hält unser Wachstum knapp über der Nulllinie“, urteilt Gustav Horn, der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Damit die Krise diese positive Entwicklung nicht knickt, bräuchte es also eine Beschäftigungspolitik, die Stellen schafft, Entlassungen verhindert und die Einkommen der Menschen sichert.

Doch beispielsweise letzterer besorgniserregender Entwicklungen möchte Berlin anscheinend nicht Einhalt gebieten. Im Jahr 1995 arbeiteten 17,7 Prozent für Niedriglöhne – 23,1 Prozent standen 2010 auf der traurigen Statistik. Und die ohnehin unteren 30 Prozent der Lohngruppen verloren zwischen 2000 und 2010 noch einmal 10,6 Prozent ihres Realeinkommens. Daneben hat der Anteil von prekärer Beschäftigung in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Da hilft es auch nicht, dass die Bundesregierung kritische Passagen einfach aus ihrem Armutsbericht streicht oder schönfarbt. Hinter diesen Zahlen stehen Menschen.


Mehr Arme und prekäre Beschäftigungsverhältnisse

„Wir haben binnen zehn Jahren nicht nur etwas mehr Reiche und sehr viel mehr Arme, sondern die Reichen sind erheblich reicher und die Armen deutlich ärmer geworden“, sagt Michael Hartmann, Professor für Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Das habe auch Auswirkungen auf die Gesundheit. „Die Armen sind mehr als doppelt so häufig in keinem so guten Gesundheitszustand wie die Wohlhabenden“, sagt Hartmann. „Wenn Sie zu den armen Bevölkerungsschichten gehören, haben Sie als Mann eine Lebenserwartung von 70 Jahren. Als Wohlhabender eine von 81“.


Im Gesetz verankerter Mindestlohn

Doch ob eine gute Beschäftigungspolitik oder die Spaltung der Gesellschaft aufhalten – die Politiker bleiben ihre Beiträge schuldig. Die IG Metall hat sich zum Ziel gesetzt, weiterhin eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik zu verfolgen, um die gute Einkommensentwicklung in ihren Branchen zu bewahren und Arbeitsplätze zu sichern. Um aber allen Beschäftigten ein stabiles Einkommen zu sichern, braucht es einen im Gesetz verankerten Mindestlohn und die gesetzliche Regelung von Equal Pay für Leiharbeitnehmer.

Sollte sich die Krise stärker als bisher auf Deutschland auswirken, können Arbeitgeber mit Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten und dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung reagieren. Und nicht zu vergessen das sogenannte Pforzheimer Abkommen, das die Option bietet, vom tariflichen Standard in der Fläche abzuweichen, wenn dadurch Arbeitsplätze und eine längerfristige Perspektive für das Unternehmen gesichert werden. Für Entlassungen gibt es angesichts dieser vielen Möglichkeiten keinen Grund – darauf wird die IG Metall ein Auge haben.


Kurzarbeitergeld auf Leiharbeiter ausdehnen

Die Hauptlast einer schwächelnden Konjunktur tragen meist Arbeitnehmer in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. „Erst trifft es Zigtausende Leiharbeiter, sie werden in schlechten Zeiten sofort entlassen“, sagt Berthold Huber. Dann die befristet Beschäftigten. „Es ist ein Skandal, dass die Politik dagegen nichts unternimmt“. Die IG Metall fordert, die Kurzarbeitsregelung auch für Leiharbeitnehmer wieder einzuführen. Doch bisher stellen sich die Damen und Herren in Berlin taub. „Ich halte das für unverantwortlich“, kritisiert Huber.

Es geht noch kurioser: Sogar manch gesundes Unternehmen will gut ausgebildete Beschäftigte entlassen. Jedem sollte klar sein, dass unter solch kurzfristigem Panik-Denken nur die Innovationskraft der Industrie leidet. „Ich rufe die schwarz-gelbe Koalition dringend dazu auf, das Kurzarbeitergeld auf Leiharbeiter auszudehnen und es für alle von jetzt sechs auf 24 Monate zu verlängern“, fordert Huber. Außerdem muss die Bundesanstalt die Sozialversicherungsbeiträge nach sechs Monaten erstatten – so wie es schon einmal üblich war. Bilden sich Arbeitnehmer weiter, müssen sie das Geld sofort zurückbekommen.


Vollzeitbeschäftigung als normales Arbeitsverhältnis für Frauen

Durch Fehlanreize wie beispielsweise Minijobs werden vor allem Frauen in geringfügige Beschäftigung geleitet. Auch dort müssen die Abgeordneten eingreifen, um für Frauen die Vollzeitbeschäftigung als normales Arbeitsverhältnis zu etablieren. Was unter anderem mehr Geld für Kindergärten und -krippen mit einschließt.

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