Otto Brenner Preis 2013
Journalismus mit bedrückender Klarheit

Hingucken wo andere wegschauen – das ist das Kriterium für herausragenden Journalismus. Ihn zeichnet die Otto Brenner Stiftung einmal jährlich aus. Einmal im Jahr vergibt die Stiftung sechs Preise und drei Recherchestipendien.

12. November 201312. 11. 2013


Der „Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus“ geht in diesem Jahr an Michael Obert (Magazin der Süddeutschen Zeitung). Der Autor wird für seine Reportage „Im Reich des Todes“ ausgezeichnet. Darin beleuchtet er mit bedrückender Klarheit das blutige Geschäft eines der weltweit grausamsten Netzwerke des Menschenhandels. Nach der Veröffentlichung ist das Echo von Lesern und NGOs so groß, dass den davongekommenen Opfern der Foltercamps konkret geholfen werden kann. Durch die Obert-Reportage wächst der Druck auf Ägyptens Regierung, etwas gegen das „Reich des Todes“ zu unternehmen. Der 1. Preis ist mit 10 000 Euro dotiert.

 

Fliegende Guillotinen

Der 2. Preis (5 000 Euro) geht an John Kantara (freier Journalist) und Michael Fräntzel (ECO Media TV) für die ARD-Dokumentation „Töten per Joystick“ (22. Juli 2013). Der Film räumt, so die Jury, gründlich mit der Legende auf, mit Drohnen könne ein klinisch sauberer Krieg geführt werden.

Mit dem 3. Preis (Preisgeld 3 000 Euro) werden Marc Brost, Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius für ihren Artikel „Verrechnet“ (Die Zeit, 27. Juni 2013) ausgezeichnet. „In grandioser Klarheit“, so heißt es in der Begründung, „rekonstruieren sie diese Geschichte einer gegenseitigen Instrumentalisierung von fahrlässigen Wissenschaftlern und populistischen Politikern“.

 

Der Medienprojektpreis

Im Rahmen des Wettbewerbs zeichnet die Jury des Otto Brenner Preises auch innovative und wegweisende Medienprojekte aus. 2013 geht der „Medienprojektpreis“, dotiert mit 2 000 Euro, an die Initiative „NSU-Watch: Aufklären und Einmischen“.

Nur wenige deutsche und türkische Journalisten fanden per Losentscheid Zugang zum Münchener NSU-Prozess, wichtige Medien müssen wegen Platznot bis heute draußen bleiben. Die Lösung des Problems findet sich im Internet: Ein Bündnis mehrerer Initiativen um das antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin und die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München lässt seine akkreditierten Berichterstatter möglichst lückenlose Protokolle der Verhandlungstage anfertigen und stellt diese frei ins World Wide Web – noch dazu ins Türkische übersetzt. Wer nicht dabei war, kann alles nachlesen – das ist die wahrhaft demokratische Dienstleistung, die die Website „NSU-Watch“ seit Prozessbeginn mustergültig vollbringt, urteilt die Jury. „NSU-Watch“ ist nach Auffassung der Jury „eine informative Website von radikaler Transparenz und ohne die im klassischen Journalismus unvermeidlichen Verkürzungen“.


Mit dem Spezialpreis wird Armin Thurnher, Verleger und Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung „Falter“, für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Den Newcomerpreis erhält Jonas Rest für „Die Klon-Krieger“, erschienen am 16. März 2013 in der „Berliner Zeitung“.


Die Preisverleihung

Die Preisverleihung fand am 12. November in Berlin statt. Festredner war der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Andreas Voßkuhle. Er sprach zum Thema „Kritischer Journalismus als Verfassungsauftrag“.

Die Otto Brenner Stiftung der IG Metall hat den „Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus“ zum neunten Mal verliehen. Prämiert werden journalistische Arbeiten, die das Motto der Ausschreibung „Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten“ herausragend umgesetzt haben. Aus fast 700 Bewerbungen wählte die Jury am 2. Oktober die Preisträger. Das Preisgeld beträgt in diesem Jahr insgesamt 47.000 Euro.

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