Ehegattensplitting
Die Herdprämie passt nicht mehr

Das auch als Herdprämie betitelte Ehegattensplitting steht seit einiger Zeit bei Gewerkschaftsfrauen unter Beschuss.

11. März 201111. 3. 2011


Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele junge Menschen noch immer ein schwieriger Spagat. Fehlende Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder und mangelhafte Arbeitszeitmodelle in den Betrieben stehen der Vereinbarkeit oft im Weg. Gleichzeitig gibt es steuerliche Fehlanreize wie das Ehegattensplitting. Bei diese Art von Einkommensbesteuerung wird gefördert, dass Frauen gar nicht oder nur für einen geringen Verdienst arbeiten. „Um gute Fachkräfte und junge Frauen zu gewinnen, müssten sich die Unternehmen stärker auf die Bedürfnisse junger Familien einstellen“, forderte Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Denn „junge Frauen und junge Männer wollen beides: Karriere und Familie“, so Wetzel.


Wie das Ehegattensplitting funktioniert

Das Ehegattensplitting ist eine steuerliche Vergünstigung für Ehepaare: Ihr Einkommen wird gemeinsam veranlagt. Dabei werden der Grundfreibetrag und andere steuerliche Abzugsbeträge verdoppelt. Das Einkommen wird durch zwei geteilt, also „gesplittet“ (auch bei Alleinverdienern) und die Steuer für jede Hälfte normal nach dem geltenden Einkommensteuertarif errechnet. Auf diese Weise wird das höhere Einkommen niedriger gerechnet und dadurch die Steuerprogression gemindert.
 

Der Steuervorteil tritt jedoch nur ein, wenn die Paare unterschiedlich viel verdienen. Je größer die Differenz ist, umso größer ist die Steuerersparnis. Das zeigen die Beispiele:

  • Ein Ehemann verdient 80 000 Euro im Jahr, seine Frau hat kein Einkommen. Splittingvorteil: 7414 Euro.
  • Beide Partner haben einen Job. Er verdient 60 000 Euro und sie 20 000. Das bringt eine Ersparnis von 1715 Euro.
  • Beide verdienen gleich viel ― 40 000 Euro. Dann liegt die Ersparnis bei null Euro.



Überholte Rollenbilder werden verfestigt

Die Kritiker in den Gewerkschaften und Parteien bemängeln vor allem, dass das Splitting die Hausfrauenehe fördert. Denn es bietet Anreize, dass Frauen nicht oder nur geringfügig beschäftigt sind. Damit wird an alten, überholten Rollenbildern festgehalten und die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen von ihren Ehemännern gefestigt. Denn fast immer sind es die Frauen, die ein niedrigeres Entgelt als ihre Ehemänner erhalten. Und das wird dann auch noch durch die höhere Steuerschuld weiter geschmälert. Außerdem fördert das Ehegattensplitting den Status Ehe statt das Modell ’Familie mit Kindern’. und benachteiligt Menschen, die in anderen Lebensformen leben.

In Europa gibt es das Ehegattensplitting außer in Deutschland nur in Luxemburg. In allen anderen Ländern gilt die Individualbesteuerung. Darin sieht auch die IG Metall die Alternative. Sie setzt sich dafür ein, das Splitting für alle Steuerpflichtigen unter 50 Jahre aufzuheben. Der doppelte Grundfreibetrag (in Höhe des Existenzminimums) soll dagegen erhalten bleiben.

Statt die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu fördern, sollten sich die Unternehmen und der Staat stärker auf die Bedürfnisse von Familien einstellen. Dazu gehören ausreichend Kinderbetreuungsangebote, Ganztagsschulen und neue Arbeitszeitmodelle.

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