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Ehrenamt ist, Schwächeren eine Stimme zu geben

Für Monika Müller-Bertrand ist es eine Selbstverständlichkeit in der Gewerkschaft zu sein.

4. Dezember 20154. 12. 2015


Schon in ihrem Lehrbetrieb nahm sie Kontakt mit der Gewerkschaft auf und wurde Jugend- und Auszubildendenvertreterin im Ehrenamt. In der Gewerkschaftsjugend hat das Frauenthema allerdings noch gar keine große Rolle gespielt. Erst viel später musste Monika Müller-Bertrand feststellen, dass es Unterschiede in der Behandlung und Wahrnehmung von Frauen und Männern im Betrieb gibt.

Als junge Frau hat sie es dann selbst erlebt. „Wenn ich in meinem Betrieb durch die Werkstatt lief, kam es schon vor, dass mich Kollegen manchmal blöd, teilweise auch sexuell, angemacht haben. Das war sehr unangenehm und hat mich dazu bewogen, etwas dagegen zu tun“, erinnert sie sich. Auch später, nach der Techniker-Schule und dem Start bei Daimler in der Konstruktion musste sie ähnliche Erfahrungen machen. „In sehr vielen Büros hingen noch Plakate oder Kalender mit Pin-up girls, was mich sehr gestört hat. Mich überkam dann immer das Gefühl, wenn ich jetzt da rein gehe, sehen mich die Männer genauso, wie die Mädchen auf den Plakaten. Ich habe mich schrecklich unwohl gefühlt“, beschreibt sie. Im Bereich Zeichnungsprüfung, wo sie immer ihre technischen Zeichnungen absegnen lassen musste, hingen viele solcher Plakate an der Wand. Für Monika Müller-Bertrand ein Spießroutenlauf. Irgendwann weigerte sie sich in diese Büros zu gehen. Anfangs wurde sie nicht ernst genommen, aber sie gab nicht auf und brachte das Thema im Ortsfrauenausschuss, gegenüber den Chefs und den Betriebsräten auf den Tisch. „Ich bin sehr ehrgeizig wenn es um dieses Thema geht und so habe ich auch mein Ziel erreicht. Die Plakate mussten weg und das war zugleich mein erster Erfolg in der ehrenamtlichen Frauenarbeit. Da hatte ich das erste Mal das Gefühl, nur wenn ich mich wehre kann ich auch etwas verändern. Man muss es nur machen“, sagt sie.

 

Viel erreicht, doch halb gewonnen

Das war Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre, wo man anfing die Darstellung von Frauen als Sexobjekte zu thematisieren. Viele weitere Themen standen in dieser Zeit für Frauenrechtlerinnen auf der Agenda. Monika Müller-Bertrand kämpft bis heute auf der Seite der Gewerkschaft für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleiches Geld für gleiche Arbeit und bessere Karrierechancen für Frauen. Nach wie vor sind die Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen schlechter, als die, der Männer. „Dies gilt vor allem für die Aufstiegschancen von Frauen in Führungspositionen: Egal ob im Produktions- oder Angestelltenbereich ― Frauen brauchen in der Regel einen längeren Zeitraum als Männer um aufzusteigen und werden in ihrer Karriere gebremst,“ weiß Monika Müller-Bertrand. Es sei zudem immer noch von Bedeutung, ob eine Frau noch Kinder möchte oder nicht. Je nach dem wird entschieden, ob sich eine Beförderung überhaupt lohnt. Und wenn Frauen sich für Kinder entschieden haben und danach wieder in ihre Führungsposition zurückkommen möchten, ist das nur bedingt möglich.

Text: Hendrikje Borschke


Monika Müller-Bertrand ist es wichtig für die Frauen zu kämpfen, die sich nicht trauen. Viele Frauen denken sie haben Repressalien zu erwarten, wenn sie etwas sagen. Sie haben Befürchtungen und Ängste. Sie bleiben stumm und tragen ihre Sorgen mit nach Hause. „Für mich ist es ganz wichtig, dass ich für diese Frauen aktiv bin. Sie zu informieren und ein Stück aus der Macht- und Stimmlosigkeit zu holen und ihnen dabei zu helfen ihre Rechte wahrzunehmen“, sagt sie. Monika Müller-Bertrand bekommt dafür Dankbarkeit und Anerkennung zurück: „Das ist ein tolles Gefühl, dass ich nicht missen will.“
 


 

Hürden und Widerstände

Emanzipatorische Themen waren noch nie besonders populär. Engagiert man sich, so wie Monika Müller-Bertrand, stößt man oft auf Widerstände. „Ich wurde natürlich belächelt. Wenn ich in unserem Gremium über die Frauenarbeit gesprochen habe, gab es schon das ein oder andere Augenrollen. Viele haben gar nicht erst zugehört und mich in der Diskussion nicht ernst genommen. Es ist erstaunlich, doch bis heute gibt es nach wie vor Kollegen, die dagegen ankämpfen, dass ich Frauenarbeit mache. Es sind Kollegen, die mich durchaus gut kennen und meine Arbeit sogar schätzen. Aber sie merken, dass wir Frauen uns gegenseitig stärken und das ist ihnen wohl ein Dorn im Auge“, vermutet sie.

Das alles hat Monika Müller-Bertrand nie davon abgehalten, weiter für die Sache zu kämpfen. Wenn sie merkte, dass die Männer querschießen, dann hat sie sich Mitstreiterinnen gesucht. Und das ist ihr auch gelungen: In ihrem Betrieb, dem Mercedes Benz Werk in Untertürkheim hat sie Kolleginnen im Betriebsrat und unter den Vertrauensfrauen gefunden, die mit ihr zusammen ebenfalls die Themen der Frauen- und Gleichstellungspolitik weiter voranbringen wollen. Es gibt ihr Kraft , dass sie dabei keine Einzelkämpferin bleiben musste.

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