FAIRWANDEL-Songwettbewerb
Wenn er singt, schlägt das Metaller-Herz

Gunther singt von der Klimakatastrophe, dem ausgebremsten Autoland und jenen, die politischen Profit daraus schlagen. Sein Lied "Lasst uns die Antwort sein" trifft die aktuellen Themen rund um den fairen Wandel. Damit hat er den IG Metall Songwettbewerb gewonnen.

24. März 202224. 3. 2022


Die erste Zeile entscheidet alles für Gunther Sanwald. Während er in seinem Kopf und mit der Gitarre in der Hand die Wörter zusammenführt, hat er meist schnell ein Gefühl dafür, wenn er noch nicht ganz die richtigen Wörter gefunden hat. „Es kommt schon mal vor, dass ich den ganzen Text fertig habe und dann verwerfe ich doch noch alles“, sagt der 57-jährige Singer und Songwriter, der den Songwettbewerb der IG Metall gewonnen hat.


Bilder vom Ahrtal haben ihn inspiriert

Aber genau das reizt den empathischen Mann mit den freundlichen Augen am Schreiben. Trotzdem wollte er erst gar nicht und dann nur zögerlich beim Songwettbewerb seiner Gewerkschaft mitmachen. „Das Thema war für mich persönlich anfangs einfach zu groß“, sagt er. Und tatsächlich klingen die Schlagwörter mächtig, die für den Inhalt vorgegeben wurden: Tarifbewegungen, Betriebsratswahlen und nicht zuletzt die Transformation der Arbeits- und Lebenswelt.

„Dann habe ich mich gefragt, was steckt denn eigentlich dahinter? Was bedeutet das alles mit der Transformation denn konkret?“ Für ihn war die Antwort glasklar: Die Klimakatastrophe. Da waren sie, all die Bilder, die zu Worten wurden. Ob die Waldbrände in Australien oder die Überschwemmungen im Ahrtal – gleich vor der eigenen Tür. „Das alles zwingt uns dazu, etwas zu verändern. Auch wenn das unsere eigene Arbeitswelt betrifft“, sagt Gunther. Genau das beschreibt die erste Zeile des Sieger-Songs „Lasst uns die Antwort sein“ von Gunther: „Bilder, die uns tief berühr‘n. Die Welt ist aus dem Lot.“


Tauchlehrer, Sänger und Betriebsratsvorsitzender

Und dann schafft es Gunther, in einem Lied mit 30 Zeilen, den Bogen zu spannen. Von der Autoindustrie, die ausgebremst wird, den Rechten, die versuchen politischen Profit aus dem Wandel und den Ängsten der Menschen zu ziehen, bis hin zu all der Solidarität, die zu Lösungen führen kann. Raus kommen die Wörter auf Deutsch, nicht im Englischen, wie so viele andere Rocksongs. Früher hat Gunther englische Texte geschrieben, bis ein Freund zu ihm sagte: „Gunther, wenn du auf Deutsch singst, gibst du viel mehr von dir Preis. Dann versteht dich jeder.“ Und er sollte Recht behalten. Gunther fühlt sich so seinem Publikum viel näher.

Sowieso ist Gunther ein offener Mensch, ganz gleich ob gegenüber Menschen oder neuen Herausforderungen. Mit 20 hat sich der gelernte Industriemechaniker dazu entschieden, Tauchlehrer zu werden. So bereiste er ein Jahrzehnt lang die ganze Welt. Damals war Musik zwar immer auch ein Begleiter für den Schwaben, spielte aber bloß eine Nebenrolle. Mit 30 ging er dann zurück in seinen ursprünglichen Beruf. Seit über 20 Jahren arbeitet er nun schon bei dem Hersteller von Präzisionswerkzeug, Wohlhaupter. Auch hier sucht er Herausforderungen, auch wenn er betont, dass diese oft an ihn herangetragen werden. Vor acht Jahren lässt er sich von Kollegen überzeugen, dass er ein guter Betriebsrat wäre. Seitdem ist er Betriebsratsvorsitzender.


Gemeinsam gewehrt

Sein Betrieb ist selbst noch nicht von der Transformation betroffen, aber dessen Kunden. „Da stehen wir auch hinter der Philosophie, die die IG Metall vertritt“, sagt Gunther. „Es kommt eine Veränderung, die müssen wir alle gemeinsam stemmen. Es bedarf Qualifizierung und es bedarf der entsprechenden Rahmenbedingungen, die wir auch auf politischer Ebene angehen müssen, damit wir nicht in ein riesen Problem reinlaufen.“ Wenn Gunther dann davon singt, dass wir Seite an Seite stehen sollen, dann denkt er an die eigenen betrieblichen Auseinandersetzungen, die sie lösen konnten, indem sie sich als Beschäftigte gemeinsam gewehrt haben.

Die Coronakrise hat, wie bei so vielen, den musikalischen Teil von Gunthers Leben zum Teil ausgebremst. Während er sonst regelmäßig in der Clubszene im Speckgürtel um Stuttgart herum aufgetreten ist, gab es die vergangenen zwei Jahre nur ihn, seine Gitarre und die ein oder andere Studioaufnahme. Sein Sieg bei dem Fairwandel-Songwettbewerb ändert das. Ob bei Großveranstaltungen, der IG Metall oder Warnstreik-Aktionen, in den nächsten Monaten wird er wieder auf der Bühne stehen.

Betriebsräte und Vertrauensleute können die Songs im Aktiven-Portal herunterladen

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen