Schluss mit hilflos
Lieber „Wir“ als „Ich“

Tobias Wieber ist mit 28 Jahren zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden beim Medizintechnikhersteller Maquet Getinge in Rastatt gewählt worden. In seiner Freizeit arbeitet er ehrenamtlich für die IG Metall. Hier ein Interview mit ihm.


Betriebsratsarbeit, Gewerkschaft – wie bist Du darauf gekommen?
Tobias Wieber:
Nach meiner Ausbildung als Industriemechaniker habe ich noch einmal eine zweite dreieinhalbjährige Ausbildung als technischer Produktdesigner gemacht. In die IG Metall bin ich bereits zu Beginn meiner ersten Ausbildung eingetreten. Während der zweiten Ausbildung habe ich dann gemeinsam mit dem Jugendsekretär unserer IG Metall in Gaggenau eine JAV (Jugend- und Auszubildendenvertretung) bei uns im Betrieb wieder gegründet. Und da habe ich gemerkt: Das war das, was ich wirklich machen wollte. Mir ist das „Wir“ wichtiger als das „Ich“.

Gibt es da bestimmte Schlüsselerlebnisse und Fälle, an die Du Dich erinnerst?
Ja, an die Hilflosigkeit, als unser Arbeitgeber die Auszubildenden wegen der wirtschaftlichen Lage nur befristet übernehmen wollte. Eigentlich brauchen wir Nachwuchs, das sah auch die Personalleitung so. Doch wir konnten die damalige Konzernleitung nicht überzeugen, die nur die Personalkosten sah. Damals habe ich als JAV-Vorsitzender meinen Ärger auf der Betriebsversammlung kundgetan.

 

Tobias Wieber ist mit 28 Jahren zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden beim Medizintechnikhersteller Maquet Getinge in Rastatt gewählt worden.


Foto: © IG Metall Gaggenau



Was hat diese Hilflosigkeit bei Dir ausgelöst?
Für mich war klar: Ich muss da hin, wo ich mehr bewirken kann: In den Betriebsrat. Und ich wollte dahinter steigen, was hinter Managemententscheidungen steckt, mit denen wir in der heutigen Zeit konfrontiert sind ―  und was wir dagegen tun können. Dafür verschlinge ich abends im Bett Fachbücher. Und mit jedem neuen Thema ist mein Interesse stetig gewachsen.

Gibt es auch Fälle, wo Du sagst: Hier konnte ich etwas bewegen?
Ja, erst vor kurzem. Da war ich bereits im Betriebsrat. Ein Kollege musste wegen eines schweren Pflegefalls in der Familie kürzer arbeiten. Ich konnte eine Lösung mit dem Arbeitgeber finden: Der Kollege verkürzt jetzt über sein Arbeitszeitkonto ―  und nutzt dann ab Januar 2019 die verkürzte Vollzeit und die acht freien Tage. Dem Kollegen ist ein Stein vom Herzen gefallen. Das ist jetzt nichts Großes. Aber ich habe etwas erreicht.

Das heißt, es geht erst mal gar nicht darum, das große Rad zu drehen?
Nein. Ich will erst mal schauen, klein anfangen und nicht den großen Hammer schwingen. Unser ehemaliger Betriebsratsvorsitzender Roland Walter, der gerade in Rente gegangen ist, hat sich immer erst einmal in Ruhe alles angehört und einen Überblick verschafft, statt gleich polternd nach vorne zu preschen. Roland coacht mich jetzt, in seiner Rente. Er hat alles sauber nach Themen dokumentiert und kommt tageweise zu mir in den Betrieb.

Und was sind Deine künftigen Aufgaben im Betriebsrat?
Ich bin unter anderem mitverantwortlich für die Aus- und Weiterbildung. Wir führen gerade wieder Übernahmegespräche mit der Personalleitung. Da kann ich als Betriebsrat jetzt viel direkter Einfluss nehmen. Und mein Nachfolger in der JAV ist dabei.

Klappt das jetzt besser mit der Übernahme?
Die, die dableiben, sind alle unbefristet. Vier von elf Auslernern jedoch gehen jetzt erst einmal in Bildungsteilzeit ―  die haben wir vor drei Jahren in der Metalltarifrunde durchgesetzt ―, um sich weiterzubilden oder zu studieren.

 

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