Nominiert für den Betriebsrätepreis 2017
Gelebte Beteiligung bei Berkenhoff

Als das Unternehmen Berkenhoff verkauft werden soll, sind rund 400 Arbeitsplätze in Gefahr. „Wir mussten etwas tun“, sagt Oliver Scheld, IG Metaller und Gesamtbetriebsratsvorsitzende. Mit seinen Kollegen setzt er durch, dass die Beschäftigten an der Auswahl des künftigen Inhabers beteiligt werden.

26. Juni 201726. 6. 2017


Schließlich kommt der Punkt, an dem Oliver Scheld und sein Team merken, dass es so nicht mehr weitergeht. Immer wieder haben die Kolleginnen und Kollegen ihren Teil dazu beigetragen, um das Schlimmste zu verhindern, haben auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, waren damit einverstanden, dass tarifliche Entgelterhöhungen erst zwölf Monate später eingeführt werden.


In ruhiges Fahrwasser kam ihr Betrieb damit nicht: Ende 2014, nach zehn Jahren Finanzinvestoren- und Bankeninhaberschaft, soll Berkenhoff verkauft werden. Die Arbeitsplätze der rund 400 Beschäftigten, die in Herborn und Heuchelheim Drähte produzieren, sind in Gefahr. „Wir mussten etwas tun“, sagt Oliver Scheld, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. „Wir wollten Einfluss auf die Auswahl des künftigen Inhabers nehmen, die Belegschaft beteiligen und an Entscheidungen teilhaben lassen.“


Über künftigen Inhaber mitbestimmen

Mit ihrer „Mitbestimmungsoffensive 2020“, die für den Betriebsrätepreis 2017 nominiert ist, ist Oliver Scheld und seinem Team das gelungen. „Ein halbes Jahr lang haben wir mit der Geschäftsführung gerungen, am Ende hatten wir die Zusage, dass wir alleine Gespräche mit möglichen neuen Inhabern führen können.“


Drei Interessenten gibt es zu Anfang, zwei springen während der Verhandlungen ab. Ende Juni 2015, nach vier Gesprächen mit dem Gesamtbetriebsrat, gelingt eine Einigung mit der chinesischen Powerway Group. Und die verbindliche Zusage elementarer Forderungen des Betriebsrates. Bis mindestens Ende 2020 ist nun eine verbindliche Standort- und Beschäftigtensicherung festgeschrieben, das Weihnachts- und Urlaubsgeld wird wieder in vollem Umfang ausbezahlt, weiterhin verpflichten sich die neuen Inhaber zu Investitionen in Millionenhöhe.


Beirat auf Gesellschafterebene etabliert

„Dazu ist es uns auch gelungen, einen Beirat auf der Gesellschafterebene zu etablieren, über den wir als Arbeitnehmervertreter direkten Einfluss über die gesetzliche Mitbestimmung hinaus auch auf unternehmerische Entscheidungen nehmen. “Dreimal im Jahr kommen jetzt Gesamtbetriebsrat, IG Metall und Investor zu Gesprächen zusammen. Hier besteht die Möglichkeiten, eigene Positionen, eigene Ideen einzubringen – die werden, das ist Oliver Scheld sehr wichtig, zuvor allesamt intensiv mit den Kolleginnen und Kollegen beraten und besprochen.


„Wir haben die Belegschaft von Anfang an beteiligt, sie an Entscheidungen teilhaben lassen und eingebunden“, sagt Oliver Scheld. Am Schwarzen Brett wurde die Belegschaft nach jedem Gespräch mit dem zukünftigen Inhaber informiert, alle sechs Wochen gab es Betriebsversammlungen, auf denen Vorgehen und Zielsetzung diskutiert wurden, der Betriebsrat nimmt sich seither viel Zeit für persönliche Gespräche mit den Beschäftigten. „Es ist uns gelungen, die Stimmung zu drehen“, sagt Oliver Scheld, „wir haben gemerkt, dass die Kolleginnen und Kollegen tolle Ideen haben und beteiligt werden wollen.“

Zwölf Projekte haben es in die Endrunde des „Deutschen Betriebsräte Preis 2017“ geschafft, mit dem die Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb Betriebsräte für vorbildliche Arbeit auszeichnet. Aus ihrem Kreis werden im Dezember die Preisträger der Öffentlichkeit vorgestellt. Aus dem Bereich der IG Metall sind drei Projekte nominiert.

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