Ferrostaal: Angriff auf die Demokratie
Betriebsrätin kämpft gegen Gehaltskürzung

Zuviel Zeit für die Betriebsratsarbeit? Mit diesem Vorwand wurde Kornelia Hillburger das Gehalt gekürzt. Doch die Metallerin lässt sich das nicht gefallen. Sie wehrt sich – zusammen mit Kollegen und der IG Metall.

31. Juli 201531. 7. 2015


Seit Januar lebt Kornelia Hillburger an der Schmerzgrenze, finanziell und psychisch. Ihr Gehalt wurde um rund 420 Euro im Monat gekürzt. „Ich habe rund 50 Euro im Monat zum Leben, nach Abzug aller Kosten. Ich lebe von meinem Ersparten, von der Unterstützung der IG Metall und von den Spenden von Kollegen“ sagt sie.

Kornelia Hillburger ist seit vielen Jahren Betriebsrätin bei DSD Ferrostaal Maintenance in Eisenhüttenstadt, wo sie in der Dokumentation arbeitet. Das Unternehmen gehört zur international agierenden DSD Steelgroup. Rund 100 Beschäftigte arbeiten in den Bereichen Zerspanung, Maschinenbau und Engineering.

Seit 2014 ist Hillburger Betriebsratsvorsitzende. „Seither erlebe ich Druck und harten Gegenwind von der Geschäftsführung. Der Geschäftsführer zweifelt die von mir geleisteten Betriebsratsstunden an.“


Zu viel Betriebsratsarbeit?

Die 57-Jährige erhielt die Aufforderung, ihre Betriebsratsarbeit zu dokumentieren. Der Arbeitgeber behauptet, sie habe als Ehrenamtliche zu viele Stunden für den Betriebsrat gearbeitet. Nach etlichen Gesprächen eskalierte die Situation. Im Dezember 2014 teilte die Geschäftsführung mit, dass das Gehalt gekürzt werde.

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verbietet Gehaltskürzungen für die Zeit, in der Betriebsratsarbeit verrichtet wird. „Das Verhalten der Geschäftsführung von Ferrostaal richtet sich gegen Mitbestimmungsrechte und Demokratie“, erklärt Peter Ernsdorf, Erster Bevollmächtigter IG Metall Ostbrandenburg. „Dieses Vorgehen gegenüber einer Betriebsratsvorsitzenden ist respektlos. Hier ist eine rote Linie überschritten worden. Wir in Ostbrandenburg unterstützen unsere Kollegin Kornelia. Sie ist betroffen, aber gemeint sind wir alle.“

Vor Gericht

Anfang Februar hat die Metallerin Klage eingereicht. Beim ersten Gütetermin am 10. März war der Gerichtssaal in Frankfurt/Oder voll. Die Verhandlung brachte keine Einigung. Der nächste Gerichtstermin soll am 26. August stattfinden.

„In der Vergangenheit haben wir bei Auseinandersetzungen immer Lösungen gefunden“, sagt Hillburger. „Doch mit der aktuellen Geschäftsführung hat sich das geändert.“ Am 1. September feiert sie ihr 40-jähriges Jubiläum im Unternehmen, sie hat viele Höhe und Tiefen miterlebt. „Ich setze meine ganze Kraft für die Kollegen und für das Unternehmen ein. Wie mit mir und meinen Kollegen umgegangen wird, erschüttert mich im Innersten.“

Vielen Kollegen geht es genauso. Eine Beschäftigtenbefragung, die im März präsentiert wurde, fiel vernichtend aus: Die Befragten berichten von einem schlechten Betriebsklima und von Zukunftsängsten.

Solidarität von allen Seiten

Doch fest steht: Die Kolleginnen und Kollegen stehen hinter Kornelia Hillburger. Sie haben sogar Geld für sie gesammelt. Auf einer Betriebsversammlung am 28. Juli wurde sie mit Beifall begrüßt. Im März unternahmen 150 Kollegen von ArcelorMittal (EKO) und anderen Betrieben aus der Umgebung einen Solidaritätsspaziergang zu Ferrostaal.

Dazu kommt die Hilfe der IG Metall. „Es ist unerträglich, dass Ferrostaal die bewusste gesundheitliche Schädigung einer Betriebsratsvorsitzenden in Kauf nimmt“, schimpft Siegfried Wied, betreuender Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ostbrandenburg. „Für mich sind die, die Betriebsratsarbeit blockieren, Anti-Demokraten.“

Die Delegierten der IG Metall-Bezirkskonferenz Berlin-Brandenburg-Sachsen haben eine Resolution verfasst und sammeln nun bundesweit Unterschriften. Inzwischen liegen mehr als 1300 Unterschriften bei der Bezirksleitung.

Mitmachen und Demokratie im Betrieb unterstützen: Auf der Internetseite der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen gibt es die Unterschriftenliste zum Herunterladen.

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