Gleichstellung von Frauen überfällig
Jung, weiblich, voller Hoffnung und prekär

Frauen steigen auf – fast überall, nur nicht in die Führungsetagen großer Konzerne. Dort sind sie höchstens im Vorzimmer zu finden. Gerade mal in drei von zehn Chefsesseln der Top-200-Unternehmen sitzt eine Frau. Dabei ist die Debatte um Gleichstellung und eine Frauenquote in vollem Gange.

20. August 201220. 8. 2012


Viele junge Frauen starten voller Motivation und Engagement ins Arbeitsleben. Viele denken, die Gleichstellungsdebatte sei überholt und gehöre eher ins Repertoire der Alt-68er und Emma-Leserinnen. Doch schnell wird jungen Frauen klar, dass die Forderung nach Gleichberechtigung und Frauenquote hochaktuell ist. Denn schon nach kurzer Zeit müssen sie feststellen, dass es Unterschiede gibt. Sie verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen und werden bei Bewerbungen um Führungsposten seltener berücksichtigt.


Frauen seltener in Führungspositionen

Frauen haben meist einen höheren Bildungsgrad als Männer, trotzdem machen sie seltener Karriere. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes waren in Unternehmen, die mehr als 50 Beschäftigte haben, lediglich 17 Prozent der Führungskräfte weiblich. Das will die IG Metall ändern. Sie fordert eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent. Bereits Anfang 2011 hat sie eine solche Quote für Aufsichtsräte beschlossen. Damit kann sie jedoch nur den Anteil der von hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären besetzten Mandate in den Aufsichtsräten beeinflussen. Zusätzlich versucht die Gewerkschaft die Personalpolitik und die Nachwuchsplanung in den Unternehmen zu beeinflussen, damit mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken können. Für ihren eigenen Organisationsbereich hat die IG Metall ebenfalls eine Zielquote von 30 Prozent für organisationsinterne hauptamtliche Fach- und Führungspositionen beschlossen.

Für die IG Metall ist klar: Eine gesetzliche Frauenquote muss her. Doch das kann nur ein erster Schritt sein. Um eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen zu erreichen, müssen sich auch die Leistungs- und Arbeitsbedingungen in den Unternehmen auf allen Hierarchieebenen ändern. Dazu gehört es, dass die Firmen mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun. Denn immer noch sind es meistens die Frauen, die wegen der Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger verkürzt arbeiten, oder gar zu Hause bleiben. Bei ihrer Rückkehr in den Beruf folgt dann der Karriereknick. Frauen werden ausgebremst und haben nicht die gleichen Chancen aufzusteigen wie ihre männlichen Kollegen.


Frauen oft niedriger eingruppiert

Bereits Berufsanfängerinnen verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen. Nach drei Jahren Berufserfahrung erhalten junge Frauen knapp 18 Prozent weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Diese Differenz ist weder durch Bildungsabschlüsse noch durch die Berufswahl vollständig aufzuklären. Der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern und über alle Altersgruppen hinweg liegt bei den Ingenieuren bei 17 Prozent. Die IG Metall hat dafür gesorgt, dass die Tarifverträge in der Metall- und Elektroindustrie Diskriminierung ausschließen – trotzdem gibt es immer wieder Unterschiede. Frauen werden häufig zu niedrig – also tarifwidrig – eingruppiert oder kommen bei übertariflichen Zulagen zu kurz.

Die Entgeltunterschiede sind von Branche zu Branche und von Beruf zu Beruf verschieden. Aber eines ist überall gleich: Frauen werden schlechter als Männer bezahlt, auch wenn sie eine gleichwertige Arbeit machen. Berücksichtigt man die Entgelte in allen Branchen und Berufen, dann liegt der Gender Pay Gap, das ist die Einkommensdifferenz zwischen den Geschlechtern, sogar bei 23 Prozent. Eine vergleichbar große Lücke gibt es in kaum einem anderen europäischen Land. Immerhin wurde im Mai 2012 von Seiten der Sozialdemokraten ein Entgeltgleichheitsgesetz im Bundestag eingebracht. Verabschiedet wurde es noch nicht.


Unsicher beschäftigt – schlecht versorgt im Alter

Trotz vieler Erfolge und den – im Vergleich zu vorherigen Frauengenerationen – besseren Voraussetzungen für junge Frauen, behindern weiterhin strukturelle Benachteiligungen die Chancen vieler Frauen. Frauen sind seltener existenzsichernd beschäftigt und haben daher oft eine völlig unzureichende Altersversorgung. Viele junge Frauen haben nur einen prekären Job, in Teilzeit oder sie arbeiten in einem Minijob. Junge Menschen wollen eher eine partnerschaftliche Arbeitsteilung. Aber die Realität ist anders. Häufig sind es dann doch wieder die Frauen, die Kinder erziehen, ältere Angehörige pflegen und den Haushalt schmeißen. Eben diese Verantwortung verhindert bis heute eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Beruf und Familie.


Minijobs und pekäre Arbeitsverhältnisse eindämmen

Seit 2003 boomen Minijobs. Mittlerweile ist jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis auf dem deutschen Arbeitsmarkt ein Minijob und für etwa 3,2 Millionen Frauen ist dieses Arbeitsverhältnis die einzige Erwerbstätigkeit. Dafür zahlen Frauen einen hohen Preis. Denn sie sind nicht eigenständig abgesichert, sondern dauerhaft auf ihren Ehepartner als Ernährer angewiesen. Neben den Frauen, die mehr oder weniger freiwillig im Minijob arbeiten, gibt es Frauen, die Minijobs ausüben, weil es für sie keine anderen Jobs gibt. Mehr als ein Viertel der Frauen mit Kindern leben so in „diskontinuierlich-prekären“ Erwerbsverläufen. Sie wechseln ständig zwischen verschiedenen Jobs, häufig Minijobs, sind arbeitslos oder Hausfrau.


Um in Sachen Gleichstellung endlich voran zu kommen, fordert die IG Metall

  • eine gesetzliche Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte
  • gesetzliche Regelungen für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft
  • ausreichend Kita-Plätze ab dem 1. Lebensjahr
  • familienfreundlichere Arbeitszeiten
  • die Eindämmung prekärer Jobs und des Niedriglohnsektors
  • existenzsichernde Mindestlöhne
  • die Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse und deren Einbezug in die Sozialversicherung
  • flexiblere Möglichkeiten für den Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit
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