Frauenquote: Interview mit Christiane Benner
Aufsichtsräte werden weiblicher

Frauen in Führungspositionen – wo andere warten, schafft die IG Metall Fakten: Der Vorstand der IG Metall hat eine Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen. Damit jedoch Frauen auf allen Ebenen der Hierarchie bessere Chancen haben, müssen sich auch die Leistungs- und Arbeitsbedingungen in den ...

9. Februar 20119. 2. 2011


... Firmen ändern – darüber sprachen wir mit Christiane Benner, Expertin für Frauen- und Gleichstellungspolitik bei der IG Metall.

Die Bundesregierung und die Opposition streiten über eine Frauenquote. Dabei geht es jedoch nur um den Anteil der Frauen in den Spitzenpositionen der Unternehmen. Ist eine solche Frauenquote trotzdem sinnvoll oder nicht?

Christiane Benner: Ich finde es sehr wichtig, dass es mehr Frauen in Führungspositionen gibt. Frauen in Leitungsfunktionen müssen sichtbarer werden, damit andere Frauen mehr Vorbilder haben und sehen, dass es geht. Eine Quote schärft auch das Bewusstsein für eine Personalpolitik, die Frauen gezielt fördert. In Unternehmen, die eine Quote eingeführt haben, wird einfach mehr getan, um Nachwuchs für potentielle Führungspositionen auszubilden.

Ist diese Debatte auch für die Gewerkschaften wichtig?
Für die IG Metall gibt es verschiedene Handlungsansätze. Der Vorstand der IG Metall hat aktuell eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsratsmandate beschlossen, die von hauptamtlichen Gewerkschaftssekretären und Gewerkschaftssekretärinnen besetzt werden. Damit kehren wir vor unserer eigenen Tür. In den Aufsichtsräten versuchen wir, die Personalpolitik und Nachwuchsplanung so zu beeinflussen, dass mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken. Aber wir haben noch eine Menge zu tun, was die Sensibilisierung in unseren eigenen Reihen und in den Betriebsratsgremien anbelangt.

Auch auf den unteren Hierarchieebenen in Unternehmen sind Führungskräfte selten weiblich. Dabei sind sie häufig besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen. Warum gibt es immer noch so viele Defizite bei der Gleichstellung von Frauen?
Knapp über drei Prozent Frauen in Spitzenpositionen in der privaten Wirtschaft sind echt beschämend. Das hat unterschiedliche Gründe. Ein Problem ist, dass es schlicht eine berufliche Benachteiligung von Frauen gibt. Frauen werden von Männern für Führungsaufgaben oft nicht mitgedacht. Wenn Männer sich in ihren Männernetzwerken bewegen, werden dort die Deals unter Männern gemacht.


Woran liegt das?

Das ist oft gar keine böse Absicht, sondern Bequemlichkeit. So nach und nach entdecken Unternehmen und Organisationen den ökonomischen Nutzen einer Vielfalt auch in Spitzengremien. Auch in den mittleren Führungsjobs sind die Männer in der Mehrheit. Damit ist das Reservoir für obere Führungsaufgaben beschränkt. Viele Frauenkarrieren bleiben auf der Strecke, wenn Frauen wegen Elternzeit temporär aus dem Job aussteigen. Für Frauen sind Karriere und Kinder unvereinbarer als für Männer. Daraus folgt, dass wir für eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Leben eintreten, was auch den Männern zugute kommt. Eltern brauchen bessere Wiedereinstiegsmöglichkeiten nach der Kindererziehung.

Selbst wenn Frauen auf der gleichen Stufe wie Männer stehen, werden sie schlechter bezahlt. Warum sind wir hier immer noch so weit vom Ziel der Gleichstellung entfernt?
Die Geister streiten sich, wie gravierend der Entgeltunterschied ist. Skandalös ist, dass es einen Unterschied gibt. Die Entgeltrahmentarifverträge in der Metall- und Elektroindustrie sind nach meiner Erfahrung diskriminierungsfrei. Wenn Männer und Frauen die gleiche Tätigkeit ausführen, dann kann der Betriebsrat eine Eingruppierung in der selben Entgeltgruppe durchsetzen. Dennoch gibt es Arbeitsplätze in der Wirtschaft, die körperlich so belastend sind, dass sie nicht mit Frauen besetzt werden können. Gesundheitsgefährdend sind sie dann auch für Männer. Hochschulabsolventinnen werden oft schlechter bezahlt als Hochschulabsolventen. Gleiche Startbedingungen und ungleiches Entgelt. Das ist nicht korrekt. Hier beraten wir Frauen in Punkto Entgeltverhandlungen und sensibilisieren Betriebsräte in dieser Frage.

Was müsste sich an den Leistungs- und Arbeitsbedingungen ändern, damit Frauen bessere Chancen haben?
Lange Arbeitszeiten und Leistungsverdichtung sind für Männer und Frauen ein Problem. Schlechte Arbeitsbedingungen belasten, während der Arbeitszeit und im Privatleben. Auch mit unserer Initiative Gute Arbeit versuchen wir, Arbeitsbedingungen zu verbessern und Arbeitszeitmodelle durchzusetzen, die sich an den Bedürfnissen von Beschäftigten orientieren. Kurze Vollzeit kann ein Modell für Männer und Frauen sein und ist kompatibel mit Familien- und Privatleben.

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