Ehrenamt in der IG Metall
Dieser Metaller bringt Kollegen sicher in den Ruhestand

Es gibt Metaller, für die ist Gewerkschaftsarbeit eine Lebensaufgabe. Wolfgang Langer ist so ein Mensch. Obwohl er längst seinen verdienten Ruhestand genießen könnte, berät er jede Woche Kollegen bei allen Fragen zur Rente.

19. Mai 201519. 5. 2015


Als Wolfgang Langer anfing, sich mit seiner Rente zu beschäftigen, ahnte er noch nicht, was er damit auslösen würde. Langer war 54. Eigentlich wollte er sich nur ein bisschen schlau machen ― wie der Renteneintritt funktioniert, welche Fristen und Formulare man kennen sollte. „Die Kollegen haben das mitgekriegt, Danach kam ständig jemand zu mir und hat gesagt: Mensch, Du kennst Dich doch mit der Rente aus, kannst Du mir nicht mal helfen?“

Helfen – das wollte Langer gerne. Und das tut er noch heute.

Langer ist ein sogenannter Versichertenältester. Er berät ehrenamtlich bei Fragen zur Rentenversicherung. Der Metaller ist jetzt 66 Jahre alt und selbst im Ruhestand. Doch besonders viel Ruhe hat er nicht. Ständig klingelt das Telefon. „Meine Frau schimpft manchmal schon“, sagt er.


Formulare ausfüllen am Küchentisch

Bei der IG Metall Nordhessen hat Langer ein kleines Büro. Doch meistens berät er die Kollegen bei sich zuhause am Küchentisch. „Ich stecke da eine Menge Zeit rein, ein Beratungsgespräch dauert mindestens eine Stunde.“

Das nötige Fachwissen hat er sich selbst angeeignet. Auch einige Seminare hat er absolviert. Einfach war das nicht: „Allein das Sozialgesetzbuch durchzuarbeiten, ist eine große Aufgabe. Ich bin schließlich kein Jurist.“

Langer hat Maschinenschlosser gelernt. Schon während der Ausbildung trat er in die IG Metall ein. Später war er dreißig Jahre lang Meister bei AEG in Kassel. Dort übernahm er viel Verantwortung für seine Kollegen. Er wurde Vertrauensmann, später Vertrauenskörperleiter.


Füreinander einstehen

Geld bekommt Langer für sein Ehrenamt kaum. 47 Euro Entschädigung zahlt die Rentenversicherung dem Versicherungsältesten im Monat – unabhängig davon, wie viele Beratungen Langer geführt hat. „Das reicht für ein Fläschchen Wein und Zigaretten, den Rest bekommen die Enkel.“

Aber Geld ist auch nicht Langers Motivation. Ihm geht es darum, dass Kollegen füreinander einstehen. Es geht um Solidarität. Deshalb spielt auch die IG Metall in jedem Beratungsgespräch eine Rolle. „Ich will die Kollegen auch als Rentner in der IG Metall halten“, erklärt Langer. „Das gehört als Gewerkschafter mit dazu.“

Langer punktet auch mit praktischen Argumenten: Die IG Metall bietet Rentnern maßgeschneiderte Leistungen ― zum Beispiel einen Rechtsschutz bei Auseinandersetzungen mit Sozialgerichten. Der Beitrag liegt für Rentner nur bei 0,5 Prozent.

„Ich will mich nicht loben, aber ich überzeuge fast jeden“, sagt Langer nicht ohne Stolz. Manchmal packt er die Kollegen dafür an ihrer Ehre: „Kollegen, die als Rentner austreten wollen, sage ich ganz klar: Mensch, ich mache hier für die Arbeit, und zum Dank willst du austreten?“


Fragen aus dem Leben

Worum geht es in den Beratungsgesprächen? „Häufig kommen Fragen zur Altersteilzeit, zum Rentenantrag, zu Hinterbliebenen- oder Witwenrente.“

Für die Interessen der Kollegen kämpft Langer offensiv. „Manchmal sagen sie bei der Rentenversicherung: So nicht, Herr Langer!“ Aber das schreckt ihn nicht. „Ich bin für die Versicherten da, ich stelle erst mal Forderungen.“


Schmale Rente

Das ist auch nötig. Denn wegen Agenda 2010 und zahlreicher Rentenkürzungen stehen viele Rentner heute mir mageren Bezügen da. „Sorgen machen mir vor allem die Frauen“, sagt Langer. Sie haben oft keine lange Erwerbsbiografie, entsprechend klein ist die Rente.

„Diese Gespräche sind manchmal beklemmend“, berichtet Langer. „Da weiß ich genau: Mädel, du wirst in Deinem Leben keinen Urlaub mehr machen.“ Der Metaller versucht dann, mit seiner Beratung das Bestmögliche herauszuholen, notfalls beim Sozialamt. Außerdem kümmert er sich um moralische Unterstützung. „Die ist oft genauso wichtig wie das Geld“, sagt er. „Ich kenne in der Region mehrere Pfarrer, die vermittle ich für Gespräche.“

Manchmal braucht Langer nach Beratungsterminen selbst etwas Beistand. „Wenn mir ein Fall nahe geht, rede ich darüber mit meiner Frau.“ Aber sein Ehrenamt deshalb aufgeben? „Niemals!“

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