Deutsche Unternehmen müssen familienfreundlicher werden
Vorreiter in puncto Vereinbarkeit

Kind oder Job? Früher musste man sich entscheiden. Seither ist vieles besser geworden, optimal ist es für viele Eltern immer noch nicht. Die Politik muss endlich die richtigen Weichen stellen und Unternehmen müssen sich mehr auf Familien einstellen. Siemens ist Vorreiter in puncto ...

17. Juli 201217. 7. 2012


... Vereinbarkeit. Der Konzern zahlt den Beschäftigten Zuschüsse, wenn sie nach Babypause oder Elternzeit schneller in den Job zurückkehren.

Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie familienfreundlicher werden müssen. Gerade in größeren Firmen werden deshalb Betriebskindergärten eingerichtet, Krippenplätze und Kinderbetreuung für Schulkinder angeboten oder den Eltern zeitversetzte Arbeits- und Schichtzeiten ermöglicht. Die Maßnahmen sind unterschiedlich, das Ziel ist immer das gleiche: Junge Eltern sollen möglichst schnell und motiviert wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren.


Zuschüsse für Eltern

Siemens hat sich zusätzlich noch was Neues einfallen lassen. Der Elektronikkonzern zahlt den Beschäftigten mit Kindern einen Betreuungszuschuss bis zu einer Höhe von 100 Euro. Dieser Zuschuss, der in der Öffentlichkeit als „Antiherdprämie“ bekannt wurde, ist steuerfrei und wird bis zur Einschulung des Kindes gezahlt. Die Höhe hängt von den tatsächlichen Kosten ab. Auf das Geld haben alle Eltern Anspruch, die ihre Kinder in einer Krippe, Tagesstätte, einem Kindergarten oder von einer Tagesmutter betreuen lassen. Der Zuschuss wird am Ende eines Geschäftsjahres als Einmalzahlung überwiesen. Im letzten Jahr haben von dieser Regelung alleine 11 000 Eltern profitiert. Neu dazugekommen ist für Siemensianer noch ein weiterer Zuschuss. Wenn Mitarbeiter während der ersten 14 Lebensmonate ihres Kindes als Teilzeitbeschäftigte in den Betrieb zurückkehren, erhalten sie zusätzlich zu den 100 Euro noch weitere 500 Euro monatlich, vorausgesetzt ihnen entstehen Betreuungskosten in dieser Höhe.

Der Betriebsrat unterstützt diese finanziellen Angebote. Er hat bereits seit langem gefordert, dass der Konzern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert. Sabine Brummer, Sprecherin des Ausschusses für Diversity im Gesamtbetriebsrat der Siemens AG, sagte: „Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Frauen beides wollen, Beruf und Familie. Daher ist es sinnvoll in ein verlässliches Betreuungsangebot zu investieren, damit Kinder in ihrer Entwicklung gefördert und Eltern, gerade auch die Alleinerziehenden, die Möglichkeit haben, Beruf und Familie in Einklang bringen zu können“.


Berufliche Auszeiten kurz halten

Siemens ist eines der Unternehmen, die erkannt haben, dass es wichtig ist, berufliche Auszeiten möglichst kurz zu halten. Denn je länger Eltern wegen der Kinder vom Arbeitsplatz weg bleiben, desto schwerer fällt es ihnen, beruflich wieder anzuknüpfen. Es gibt nicht wenige Mütter, die dann gar nicht mehr zurückkehren. So gehen den Firmen oft wertvolle qualifizierte und talentierte Mitarbeiter verloren – und das nur wegen fehlender Kinderbetreuung. Neben dem betrieblichen Betreuungsgeld bietet Siemens auch Kindergartenplätze in firmeneigenen Krippen oder im Verbund mit kommunalen Einrichtungen. Bis zum Jahr 2015 sollen die 800 Kinderbetreuungsplätze auf 2000 Plätze erweitert werden. Auch dieses Angebot ist bei den Beschäftigten sehr gefragt. Bereits im ersten Jahr gingen dazu allein 6000 Anträge ein.


Ehegattensplitting und Betreuungsgeld setzen falsche Anreize

Der Elektronikkonzern ist Vorreiter in Puncto Familienfreundlichkeit. Aber auch in anderen Firmen gibt es bereits positive Ansätze. Die Angebote reichen von Kinderhotel bis zu online-Angeboten bei Familienproblemen. Trotzdem: Die Unternehmenskultur in Deutschland muss grundsätzlich familienfreundlicher werden. Dabei spielt die Politik eine entscheidende Rolle. Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, fordert die Abschaffung des Ehegattensplittings und das von Familienministerin Schröder eingebrachte Betreuungsgeld. Benner sagt: „Beides muss abgeschafft werden, weil damit falsche Anreize gesetzt werden. Wir brauchen gesetzliche Regelungen, die unterstützen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt die Verantwortung für die Familie übernehmen können, nämlich neben der Hausarbeit auch Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen.“

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