Bundestagswahl 2017: Was Beschäftigten wichtig ist
Soziale Sicherung, fair finanziert

Mehr als vier von fünf Beschäftigten wollen eine Stabilisierung und Anhebung der gesetzlichen Rente. Private Vorsorge als Ersatz für die gesetzliche Rente sehen die Befragten äußerst skeptisch. Über 90 Prozent fordern die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Kankenversicherung.

13. Juni 201713. 6. 2017


Prognosen des Arbeitsministeriums zeigen: Wenn die Politik nicht handelt, wird das Rentenniveau immer weiter sinken – auf unter 42 Prozent im Jahr 2045. Dabei muss man wissen: Das Niveau der „Eckrente“ wird auf der Basis von 45 Beitragsjahren berechnet. Im Durchschnitt weisen die Menschen aber nur 35 Erwerbsjahre auf, Frauen in den westdeutschen Ländern sogar nur 26 Erwerbsjahre. Entsprechend niedriger sind die Renten. Steigende Altersarmut ist damit vorprogrammiert.

Private Vorsorge kann die Lücke nicht füllen. Das zeigt schon ein Blick in die Riester-Statistik: Die Anzahl der Riester-Verträge verharrt bei rund 16 Millionen. In viele Verträge wird gar nicht mehr voll eingezahlt, etwa ein Fünftel ist sogar komplett ruhend gestellt. Die Renditen werden immer schlechter, die Verwaltungskosten sind hoch. Klar, dass die Beschäftigten zu 86,7 Prozent sagen: Private Vorsorge kann das nicht ausgleichen, was bei der gesetzlichen Rentenversicherung wegfällt. Und deshalb fordern sie eine Stabilisierung und mittelfristig auch wieder eine Anhebung des Rentenniveaus.

 

Verlässliche Alterssicherung hat ihren Preis

Durch die Panikmache der Wirtschaft vor steigenden Beiträgen lassen sie sich nicht abschrecken. Denn sie wissen: Eine verlässliche Alterssicherung hat ihren Preis – und die private Vorsorge mit Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten sowie Gewinnanteil für die Versicherungen ist nicht billiger, aber riskanter als die gesetzliche Rentenversicherung. Mehr als drei von vier der jungen Beschäftigten bis 34 Jahre setzen laut der IG Metall-Beschäftigtenbefragung übrigens auf die gesetzliche Rente. Die Behauptung, Jüngere würden die gesetzliche Rente ablehnen, stimmt also nicht

Nur 17,7 Millionen Beschäftigte verfügen über einen Betriebsrentenanspruch, heißt es im Alterssicherungsbericht 2016 der Bundesregierung. Zwischen 2013 und 2015 ist die Verbreitung der Betrieblichen Altersversicherung (BAV) sogar zurückgegangen. Gerade Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen fehlt vielfach der Anspruch auf eine Betriebsrente. Verfügten 2015 in der Betriebsgrößenklasse mit 1000 und mehr Beschäftigten 83 Prozent über einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung, so waren es laut Alterssicherungsbericht in Betrieben mit unter 10 Beschäftigten lediglich 28 Prozent und selbst in Betrieben mit 50 bis 249 Beschäftigten nur 44 Prozent.

Das Votum der Beschäftigten – quer durch alle Betriebsgrößenklassen und Einsatzbereiche – ist klar: Alle Beschäftigten sollen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung haben – und zwar auf eine Betriebsrente, die der Arbeitgeber bezahlt. Denn von den 17,7 Millionen Beschäftigten mit einem Anspruch auf betriebliche Altersversorgung bezahlen mehr als die Hälfte (55,2 Prozent) ihre Betriebsrente teilweise oder sogar komplett selbst – im Rahmen der sogenannten Entgeltumwandlung.

 

Wenige Schichtarbeiter schaffen es bis 67

Nicht einmal die Hälfte der Befragten glaubt, bis 67 arbeiten zu können. Und sie liegen damit nicht falsch, wie aus der Statistik der Deutschen Rentenversicherung hervorgeht. Das durchschnittliche Zugangsalter in die Altersrente lag 2015 bei etwa 64 Jahren – also deutlich unter dem gesetzlichen Zugangsalter. Abschläge sind die Folge. Umso befremdlicher sind die Rufe nach der „Rente mit 70“ oder gar einer noch weiteren Anhebung der Regelaltersgrenze. Übrigens: Von den Beschäftigten im Schichtbetrieb geht gerade einmal jeder Dritte davon aus, das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreichen zu können.

Seit mehr als zwölf Jahren müssen die Versicherten einen Extra-Beitrag für die Krankenkasse zahlen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag für die Beschäftigten beträgt derzeit 1,1 Prozent, bei vielen Kassen zahlen Versicherte aber jetzt schon deutlich mehr: bis zu 1,8 Prozent. Der Arbeitgeberbeitrag dagegen ist eingefroren. Und allein in den nächsten drei Jahren könnte sich der durchschnittliche Zusatzbeitrag mehr als verdoppeln – auf 2,4 Prozent. Die Beschäftigten müssen also immer mehr für die Krankenkasse ausgeben, während die Arbeitgeber sich nicht an den steigenden Ausgaben für Gesundheit beteiligen müssen. Das akzeptieren die Versicherten nicht – und fordern mit großer Mehrheit eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Was Beschäftigte konkret brauchen

  • Eine paritätisch finanzierte, hochwertige gesetzliche Krankenversicherung – ohne eine einseitige Belastung der Versicherten.
  • Eine starke gesetzliche Rentenversicherung: Das Rentenniveau muss stabilisiert, wieder an die Löhne gekoppelt und erhöht werden.
  • Ein Recht auf eine arbeitgeberfinanzierte, betriebliche Altersversorgung.

 

Über die Befragung: Die IG Metall hat Beschäftigte in mehr als 7000 Handwerks-, Dienstleistungs-, und Industriebetrieben befragt. Insgesamt haben sich 681.241 Beschäftigte an der Befragung beteiligt. Mitmachen konnten alle Beschäftigten – Gewerkschaftsmitglieder und Nichtmitglieder. Der Fragebogen konnte schriftlich oder online ausgefüllt werden. Befragungszeitraum war vom 16. Januar bis 26. Februar 2017. Die Zahlen sind gerundet.

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