Tarifrunde Textil Bekleidung: Für ein Demografiepaket
Branche auch für Junge attraktiv machen

Stofftiere, Airbags, Hemden und Hosen – die Produkte der Textilindustrie gehören zu unserem Alltag. Und täglich sehen sich auch die Beschäftigten der Branche mit schlechteren Arbeitsbedingungen konfrontiert. Die IG Metall verhandelt mit den Arbeitgebern über einen Tarifvertrag Demografie. Davon ...

28. Oktober 201328. 10. 2013


... würden alle Generationen profitieren.

Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten in den Firmen der Textil- und Bekleidungsbranche ist überdurchschnittlich hoch. Gleichzeitig werden an die Mitarbeiter dort hohe Anforderungen gestellt und die Arbeitsbedingungen sind belastend. Die IG Metall fordert Maßnahmen, um den demografischen Wandel in den Textil- und Bekleidungsunternehmen besser bewältigen zu können. Dabei geht es um Altersteilzeit, alterns- und altersgerechte Arbeitsplätze, Gesundheitsförderung, Aus- und Weiterbildung sowie die Übernahme der Ausgebildeten.

Anspruchsvolle Tätigkeiten

Die Branche Textil- und Bekleidung ist eine Branche mit Tradition. Die Anfänge der Textilindustrie in Deutschland reichen bis ins Mittelalter zurück. Doch in Textilfabriken, in denen früher ganze Kollektionen hergestellt wurden, werden heute nur noch die Etiketten eingenäht. Das gilt für viele Modelabels. Andere Firmen haben sich erfolgreich auf die Herstellung technischer Textilien spezialisiert. Sie produzieren beispielsweise Sportbekleidung oder Airbags für Fahrzeuge. Dort verlieren Jobs mit einfachen Qualifikationen immer mehr an Bedeutung. Die Mitarbeiter müssen den komplexen Herstellungsprozess als Ganzes verstehen und beherrschen.

Vor dem Weben des Stoffes, wird das Garn geschärt, also auf die Kette aufgezogen. Gleichzeitig prüfen die Mitarbeiter das Garnmaterial auf Schäden. Danach wird geschlichtet, also eine Imprägnierflüssigkeit auf das Material aufgetragen. Dieser Arbeitsvorgang hilft beim anschließenden Weben. Nachdem die Imprägnierflüssigkeit wieder herausgewaschen wurde, geht der fertige Stoff in die Warenkontrolle, die dort nach Webfehlern sucht. Lasermaschinen übernehmen anschließend das Zuschneiden.


So in etwa ist der Produktionsablauf beim Airbag-Hersteller GST am Hochrhein. Produziert wird in drei großen Werkshallen. Dort laufen rund um die Uhr bis zu 70 Maschinen pro Websaal. Ohne Gehörschutz geht es da nicht. Der Lärm ist eines der größten Gesundheitsprobleme beim Autozulieferer, erläutert Christan Schnellbach, Vorsitzender des Betriebsrats bei GTS. Um den Lärm zu dämpfen, erhalten die Mitarbeiter einen Gehörschutz, der nach Ansicht des Betriebsrates ausreichend sei. „Wichtig ist, dass das Gesundheitsmanagement und die Arbeitssicherheit funktioniert“, so Schnellbach, der sich um den Bereich Gesundheitsschutz kümmert. Da gehört es dazu, dass das Unternehmen Beschäftigte, die nach längerer Krankheit an den Arbeitsplatz zurückkehren, systematisch betreut und wieder eingliedert werden. Neben BEM-Maßnahmen (Betriebliches Eingliederungsmanagement) werden auch die Führungskräfte regelmäßig qualifiziert. Damit auch der Arbeitsschutz bei GST zuverlässig funktioniert, ist ein Maschinenbaumeister als Beauftragter für Arbeitssicherheit eingesetzt. Er schaut sich die Probleme an, bespricht diese mit einem Gremium, bestehend aus Vertretern der Geschäftsleitung, des Personalwesens, der Produktionsleitung, des Rechtswesens, des Technischen Dienstes und des Betriebsrats. Dieses Gremium legt die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung fest und überwacht die möglichst zeitnahe Umsetzung. Zudem können die Beschäftigten selbst Verbesserungsvorschläge anhand eines betrieblichen Vorschlagswesens einbringen. Gute Ideen werden mit einer Prämie honoriert.

GST ist eher ein junges Unternehmen. Das Durchschnittsalter der Belegschaft liegt zwischen 40 und 42 Jahren. Das Unternehmen hat somit – entgegen dem Trend in der Branche – kaum demografische Probleme. Das liegt jedoch auch daran, dass im Juni bereits das zweite Mal in den vergangenen Jahren viele Ältere über Sozialpläne ausgeschieden sind.


„Ich kann den Arbeitgebern nur Nahe legen, dass die Textilbranche in Deutschland für Auszubildende schon lange nicht mehr attraktiv ist – das fängt beim Verdienst an und endet bei den Zukunftsperspektiven. Deshalb muss die Branche attraktiver werden, sie muss jungen Menschen was bieten, das fängt an mit der Übernahme nach der Ausbildung, über Weiterbildung, alters- und alternsgerechten Arbeitsbedingungen, sowie Regelungen zur Altersteilzeit und Gesundheitsförderung“, stellt Christian Schnellbach klar. Schnellbach ist Mitglied der Verhandlungskommission der IG Metall in der Textil-Tarifrunde.


Hoher Altersdurchschnitt in der Branche

Im Branchendurchschnitt ist der Altersdurchschnitt der Beschäftigten deutlich höher. In Deutschland arbeiten noch knapp 54 000 in 391 Betrieben. Besonders in der Altersgruppe der 25 bis 39-Jährigen ist ein rapider Rückgang unter den Beschäftigten zu erkennen. Das ist nur ein Teil der demografischen Probleme. Verstärkt wird das noch dadurch, dass die Unternehmen kaum ausbilden und wenn, dann werden nur wenige der Ausgebildeten nach der Prüfung übernommen. Die Branche schrumpft. Wenn in den Firmen Jobs gestrichen werden, verlassen meist die Jüngeren das Unternehmen. Zurück bleiben die älteren Beschäftigten.


Die Arbeitsbedingungen in der hiesigen Textil- und Bekleidungsbranche sind nicht vergleichbar mit denen in Bangladesch, China oder Pakistan. Trotzdem gibt es in den Firmen einiges anzupacken, damit die wenigen Unternehmen auch weiterhin in Deutschland erfolgreich produzieren können. Daher fordert die IG Metall in der Tarifrunde für die Textil- und Bekleidungsindustrie neben alters- und alternsgerechten Arbeitsbedingungen, Regelungen zur Altersteilzeit und Gesundheitsförderung, auch eine Qualifizierungsoffensive und eine Regelung zur Übernahme der Ausgebildeten.

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