Metall und Elektro: Leiharbeit per Tarifvertrag begrenzen und...
IG Metall will mehr Fairness für Leiharbeitnehmer

Leihbeschäftigte verdienen oft nur die Hälfte, haben unsichere Jobs und werden missbraucht, um besser bezahlte fest Angestellte vor die Tür zu setzen. Diesen Zuständen will die IG Metall ein Ende setzen. Sie hat Lösungen und will mit den Arbeitgebern darüber verhandeln.

8. Februar 20128. 2. 2012


Ab März verhandelt die IG Metall über mehr Geld für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Metall- und Elektrobranche. In dieser Tarifrunde geht es aber nicht nur um die rund 3,6 Millionen fest angestellten Beschäftigten in den Firmen. Die IG Metall kämpft auch für bessere Löhne für die rund 300 000 Leihbeschäftigten, die in Metallbetrieben eingesetzt sind. Es sind zum großen Teil junge Leute. Und sie bekommen für die gleiche Arbeit viel weniger Geld. Ein Leiharbeiter in einer Metall- oder Elektrofirma verdient im Durchschnitt über 40 Prozent weniger als sein fest angestellter Kollege. Das sind brutto 1146 Euro weniger.

Verleihfirmen sollen mehr zahlen

Die IG Metall verhandelt also jetzt nicht nur mit den Arbeitgeberverbänden der Metallbranche, sondern auch mit den Verbänden der Verleihbranche. Sie heißen Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP). Die IG Metall will, dass die Verleihfirmen Leiharbeitnehmern, die in Metallfirmen eingesetzt werden, künftig einen „Branchenzuschlag“ auf ihren Lohn zahlen. In Unternehmen und Regionen, in denen die Entgelte der Stammbelegschaften überdurchschnittlich hoch sind und der Branchenzuschlag nicht reicht, um Stamm- und Leihbeschäftigte gleich zu bezahlen, sollen Leiharbeitnehmer zusätzlich eine Einsatzzulage erhalten. Am 22. Februar starten die Verhandlungen in Düsseldorf.

Keinen festen Job – das kenn ich

Parallel zu den Gesprächen mit der Zeitarbeitsbranche verhandelt die IG Metall auch mit den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie über Leiharbeit. Bei ihnen geht es aber nicht um Geld, sondern darum, den Missbrauch der Leiharbeit zu stoppen. Nach dem Gesetz sollen Firmen Leiharbeiter eigentlich nur einsetzen dürfen, wenn unerwartet vorübergehend viel mehr Arbeit ansteht als gewöhnlich. Tatsächlich wird Leiharbeit aber immer häufiger genutzt, um sichere, feste und gut bezahlte Arbeitsverhältnisse abzuschaffen und durch Leiharbeit zu ersetzen – Motto: „Schnell heuern, schnell feuern“ und „schlecht bezahlen“. Viele junge Leute haben damit schon ihre Erfahrungen gemacht und können ein Lied davon singen, was es bedeutet:, keine klaren und sicheren Perspektiven zu haben, sondern vielleicht schon bald wieder ohne Arbeit auf der Straße zu sein.


Missbrauch stoppen

Diesen Missbrauch der Leiharbeit will die IG Metall in Zukunft dadurch verhindern, dass die Betriebsräte, die die Interessen der Beschäftigten vertreten, Mitbestimmungsrechte bei Leiharbeit erhalten. Sie sollen mitentscheiden, ob und wo wie viele Leihbeschäftigte wie lange eingesetzt werden dürfen.


Arbeitgeber schreien nicht Hurra

Die Arbeitgeber verlieren damit natürlich Geld und ihre Alleinherrschaft über ihr Personal. Darum schreien sie natürlich nicht begeistert: „Alles supercoole Ideen. Wir sind voll dabei.“ Wenn die IG Metall das, was sie vorhat, durchsetzen will, ist das ein hartes Stück Arbeit. Aber die IG Metall hat den Arbeitgebern deutlich gesagt: Ohne Erfolge bei der Leiharbeit unterschreiben wir auch keine neuen Verträge für die festangestellten Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Je mehr Menschen die IG Metall dabei unterstützen, desto besser stehen die Chancen auf Erfolg.


Tarifverträge gelten für alle

Schon seit Jahren kämpfen IG Metall-Mitglieder in den Betrieben um bessere Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer. Mit Erfolg: Mehr als 1000 betriebliche Vereinbarungen hat die IG Metall bisher abgeschlossen, die Firmen unter anderem verpflichten, Leiharbeiter und Stammbelegschaften gleich zu bezahlen. Was einzelne Betriebe können, muss auch für die ganze Branche möglich sein. Darum führt die IG Metall jetzt die Tarifverhandlungen für Leihbeschäftigte. Denn der Vorteil von Tarifverträgen ist: Was in ihnen steht, gilt einheitlich und verbindlich für alle Firmen der Branche, die an Tarifverträge gebunden sind und für die der Tarifvertrag gilt. Sie werden meist für einzelne Regionen gesondert abgeschlossen, zum Beispiel für Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Aber meistens sind die regionalen Verträge inhaltlich sehr ähnlich.


Politik muss Steine wegräumen

Die IG Metall müsste nicht so hart mit Leiharbeitnehmern für sie kämpfen, wenn die Politik nicht jahrzehntelang schlecht bezahlte Leiharbeit und Heuern und Feuern tatkräftig gefördert hätte. Seit es die Hartz-Gesetze gibt, bestehen für Arbeitgeber, die Leiharbeiter einsetzen wollen, kaum mehr Barrieren. Firmen setzen sie ein, wann sie wollen und so lange sie wollen. Ende 1980 gab es nur 33 000 Leihbeschäftigte. 30 Jahre später, Ende 2010, waren es schon fast eine Million. Leiharbeit schadet nicht nur den Beschäftigten selbst. Auch der Staat macht damit ein schlechtes Geschäft. Ersetzen die Unternehmen 100 000 Festangestellte durch Leiharbeitnehmer, entgehen dem Staat wegen ihres geringeren Einkommens jährlich 300 Millionen Euro Steuereinnahmen und 400 Millionen Euro Sozialversicherungsbeiträge.

Wenn die Politik lauter große Steinbrocken in den Weg rollt, kann auch die beste Tarifpolitik sie nicht alle wegräumen. Die Politik muss sie selber wieder entfernen. Die IG Metall fordert Gesetze, die festlegen, dass Leiharbeitnehmer vom ersten Tag an die gleiche Bezahlung wie die Stammbeschäftigten erhalten. Außerdem soll die EInsatzzeit der Leihbeschäftigten in einem Betrieb wieder auf drei Monate beschränkt werden. Und drittens soll das Parlament wieder ein „Synchronisationsverbot“ beschließen.

Synchronisationsverbot heißt: Verleihfirmen dürfen Leiharbeitnehmer nicht nur so lange beschäftigten, wie ihr Einsatz in einem bestimmmten Betrieb dauert. Dieses Verbot gab es schon mal, wurde aber mit den Hartz-Gesetzen abgeschafft. Seither können Verleihfirmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur für einen Einsatz im Betrieb anheuern. Danach stehen sie wieder auf der Straße. Die Verleihfirmen lassen sich zwar in der Regel für das Beschäftigungsrisiko von ihren Auftraggebern, den Einsatzbetrieben, gut bezahlen. Das Risiko trägt aber allein der Arbeitnehmer.

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