Frauen in Pakistan
Viele schuften bis zum Umfallen

Viele Textilien sind deshalb so billig, weil die Näherinnen in Südasien nicht anständig bezahlt werden und unter lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten müssen. Frauen wie die Pakistani Zehra Khan, die sich für Heimarbeiterinnen ihres Landes einsetzt, wollen das ändern.

21. April 201521. 4. 2015


Zehra Khan ist eine zierliche Frau. Dass eine große Aufgabe auf ihren schmalen Schultern lastet, sieht man der 37jährigen nicht an. Zehra Khan will die Arbeitsbedingungen von vielen Frauen in ihrem Heimatland Pakistan verbessern, die zuhause schuften und für Subunternehmer Textilien zu Centbeträgen an alten Nähmaschinen zusammen nähen. Dabei scheut sie sich auch nicht, sich mit großen westlichen Konzernen anzulegen.

Tödliche Falle

Die Textilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan. Die Löhne sind sehr niedrig. Die Textilarbeiter schuften unter oft unwürdigen Bedingungen. „Ein Arbeitstag von 12 bis 14 Stunden ist die Regel“, sagt Zehra Khan. Sie ist die Generalsekretärin der Gewerkschaft für Heimarbeiterinnen Pakistans, der Homebased Women Workers Federation (HBWWF). Die Frauen sind nicht kranken- und rentenversichert. Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheitsvorschriften werden in Pakistan häufig ignoriert. Wozu das führen kann, zeigte sich am 11. September 2012. In der Textilfabrik Ali Enterprises in der Hauptstadt Karatschi brach ein Feuer aus. 259 Menschen verbrannten qualvoll bei lebendigem Leib, weil sie in dem Gebäude eingeschlossen waren.

Das Unternehmen Ali Enterprises produzierte unter anderem für den deutschen Textildiscounter Kik. Es gab nur eine einzige Tür zum Verlassen des Gebäudes. Der Notausgang war verriegelt. Auch die Fenster waren durch eiserne Gitter gesichert. So wurde die illegal umgebaute Fabrik zur tödlichen Falle. Zwei Wochen vor dem Unglück hatte noch eine technische Überprüfung der Fabrik stattgefunden. Zynischerweise wurden die eklatanten Sicherheitsmängel nicht beanstandet. „Heute zwei Jahre nach dem Unglück hat sich die Situation nicht gebessert“, erklärt Zehra Khan, die auf der Frauenkonferenz der IG Metall über die Situation in ihrem Heimatland berichtete.

Unterstützung aus Deutschland

Dank des internationalen Drucks und mithilfe der Gewerkschaften konnte zumindest der Besitzer des Textilfabrik Ali Enterprises gerichtlich belangt werden. Er musste eine fünfmonatige Haftstrafe absitzen. Laut Zehra Khan soll die Organisation RINA aus Italien, die das Gebäude überprüft hatte und die Mängel durchgehen ließ, ebenfalls verklagt werden. Der Brand in der Textilfabrik hat Zehra Khans Leben verändert. Die junge Frau wurde zur Sprecherin der Überlebenden von Ali Enterprises und kämpft seither für Entschädigung durch die Auftraggeber. Aber sie will auch die Sicherheit der Arbeitsplätze verbessern und die grundlegende Verbesserung der Arbeitsbedingungen erreichen.

Ohne internationale Hilfe und Solidarität geht das nicht. Deshalb wirbt Zhera Khan auf ihrer Reise durch Deutschland für Unterstützung. Als Gastrednerin auf der Frauenkonferenz der IG Metall bekam Zehra Khan viel Zuspruch und spontan eine Spendensammlung in Höhe von 1559 Euro. Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, versprach Zehra Khan im Namen der Konferenz die weitere solidarische Unterstützung der IG Metall-Frauen. Auch für ihr Anliegen, ein Gewerkschaftshaus in Karatschi zu bauen, macht sich die IG Metall schon seit längerem stark. Vergangenen Herbst initiierte die IG Metall zusammen mit dem DGB und Verdi einen Spendenaufruf dafür.

Großkonzerne in die Pflicht nehmen

In ganz Südasien wird unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen genäht. An der Kleidung klebt – in übertragenem Sinne – Blut. Was in Pakistan geschah, hatte sich am 24. April 2013 in Bangladesch wiederholt, mit noch mehr Toten und Verletzten. Beim Zusammensturz der Textilfabrik Rana Plaza in der Hauptstadt Dhaka kamen über 1000 Menschen ums Leben. Auch hier fordert die IG Metall zusammen mit den internationalen Gewerkschaftsbünden wie IndustriAll Global und der Kampagne für Saubere Kleidung eine faire Entschädigung der Unglücksopfer. Noch immer fehlen mehrere Millionen im Entschädigungsfonds.

Die Kampagne für Saubere Kleidung veranstaltet am 2. Jahrestag von Rana Plaza am 24. April 2015 in verschiedenen Städten wie Berlin, Dresden und Bonn Aktionen, um auf die Tragweite des Unglücks hinzuweisen. Weltweit brauchen Textilbeschäftigten höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und eine anerkannte gewerkschaftliche Vertretung. Nötig ist aber auch ein verschärftes Haftungsrecht, das deutsche Unternehmen im Ausland auf Arbeitssicherheit und bessere Arbeitsbedingungen verpflichtet.

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