Brasilien
Für einen fairen Prozess gegen Ex-Präsident Lula

Brasiliens früherer Präsident Lula wird mit einer Flut von Korruptionsverfahren überzogen. Linke und Gewerkschaften fordern einen fairen Prozess für Lula und die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit. Eine Verurteilung würde die erneute Kandidatur Lulas bei den Wahlen in diesem Jahr durchkreuzen.

23. Januar 201823. 1. 2018


Der Gründer und Kopf der brasilianischen Arbeiterpartei PT soll offenbar kaltgestellt werden: Luiz Inacio „Lula“ de Silva, der ehemalige Präsident Brasiliens steht morgen in Porto Alegre erneut vor Gericht. In dem Berufungsverfahren geht es nicht nur um die neuneinhalb Jahre Haft, zu der er in der ersten Instanz im Juli vergangenen Jahres wegen angeblicher Korruption verurteilt wurde. Es geht auch um die politische Zukunft Lulas und der des ganzen Landes. Unter dem Slogan „Wahlen ohne Lula sind Betrug“ mobilisieren Brasiliens linke Parteien und Bewegungen zu Protesten am 24. Januar in Porto Alegre.

Wenn das Urteil aus der ersten Instanz bestätigt wird, dann verliert der 72jährige Politiker sein passives Wahlrecht und kann an der Präsidentschaftswahl 2018 nicht als Kandidat der linken Arbeiterpartei PT teilnehmen. Laut aktueller Umfragen hat Lula trotz aller Rechtsstreitigkeiten gute Chancen auf einen Sieg. Das wissen auch seine politischen Gegner, allen voran der jetzige, durch Amtsenthebung von Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff 2016 an die Macht gekommene Präsident Michel Temer. Auch Temer wurde im Rahmen der Ermittlungen wegen Behinderung der Justiz, Führung einer kriminellen Vereinigung und Schweigegeldzahlungen beschuldigt. Der Prozess wurde jedoch im Kongress gestoppt und kann erst 2019 wieder aufgenommen werden, wenn seine Präsidentschaft endet.

Mit einer internationalen Kampagne setzen sich Prominente und Juristen für Lula ein – und für ein faires Verfahren. Eine prominente deutsche Kritikerin des laufenden Verfahrens gegen Lula ist die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, SPD. Sie kritisiert die Parteinahme der Judikative in Brasilien und eine fehlende Unabhängigkeit, dazu ein einseitiges Vorgehen, Vorverurteilung und Manipulation von Zeugen und Sachverhalten. Nach Meinung der Rechtsexpertin bestehen erhebliche Zweifel, ob im Falle Lula ein fairer Prozess garantiert ist.

Dem schließen sich auch der Internationale Gewerkschaftsbund, IndustriALL Global Union sowie die IG Metall an. In einem Brief an den Präsidenten Temer fordert die IG Metall die Regierung auf, „alles in ihrer Macht stehende zu tun, um einen fairen Prozess zu gewährleisten“. Allein die Tatsache, dass im bisherigen Verfahren keine entscheidenden Beweise für die Richtigkeit der (gegen Lula) erhobenen Anklagepunkte vorgelegt wurden, wecke zusammen mit dem radikalen Abbau der wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen der vorherigen Regierungen den Verdacht, dass politische Interessen vor den Präsidentschaftswahlen über der Rechtsstaatlichkeit stehen.

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