Otto Brenner Preis 2015
Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten

Heute wird zum elften Mal der Otto Brenner Preis für herausragende journalistische Arbeiten vergeben. Die prämierten Beiträge behandeln ein Spektrum von Afghanistan, Korruption bei der FIFA bis zur Griechenlandkrise. Die Preisträger sind mit viel Mut der Wahrheit auf den Grund gegangen.

17. November 201517. 11. 2015


Die Otto Brenner Stiftung der IG Metall verleiht seit 2005 den Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus. Prämiert werden journalistische Arbeiten, die das Motto der Ausschreibung „Gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten“ herausragend umgesetzt haben. Die Jahrestagung der Otto Brenner Stiftung und Preisverleihung können auch im Live-Stream verfolgt werden.

In seinem Film „Das 13. Jahr – Der verlorene Krieg in Afghanistan“ zieht Ashwin Raman ein bitteres Resümee: Die Zivilbevölkerung ist enttäuscht, die Taliban streben eine erneute Machtübernahme an, Milliarden an Entwicklungshilfe versickern. Die Jury des Otto Brenner Preises würdigt Raman als Ausnahmejournalisten, der sich unter großer persönlicher Gefahr tief in Krisengebiete hineinwage. Seine Reportagen suchten in der aktuellen Berichterstattung ihresgleichen, so die Jury. Der 1. Preis des „Otto Brenner Preises für kritischen Journalismus“ ist mit 10.000 Euro dotiert.

Der 2. Preis mit 5000 Euro geht an Silja Kummer für die Artikelserie „Für eine Handvoll Dollar“, die in der „Heidenheimer Zeitung“ erschienen ist. Die Autorin beschreibt, wie die Städte Heidenheim, Aalen und Schwäbisch Gmünd ihre Abwasseranlagen an einen US-Investor überschrieben. Mit diesem „Cross-Border-Leasing“ haben sie sich unkontrollierbaren finanziellen Risiken ausgesetzt. Die Artikel seien ein großartiges Beispiel für Lokaljournalismus. „Die Autorin greift ein schwieriges Thema klug auf, analysiert mit großer Klarheit und vorbildlicher Verständlichkeit“, urteilt die Jury.

Mit dem 3. Preis wird „Der verkaufte Fußball – Sepp Blatter und die Macht der FIFA“ ausgezeichnet. Die WDR/SWR-Reportage erhält ein Preisgeld von 3000 Euro. Das Autorenteam aus Jochen Leufgens und seine Kollegen Robert Kempe, Florian Bauer und Daniel Hechler haben nach Einschätzung der Jury meisterlich recherchiert, wie Sepp Blatter die FIFA in den Abgrund geführt hat und wie Europas Fußballfunktionäre von Franz Beckenbauer bis Michel Platini ihn gedeckt haben.

Der „Spezial“-Preis mit 10.000 Euro geht an den griechischen Filmemacher Yorgos Avgeropoulos für seinen Film „Agorá – Von der Demokratie zum Markt“ über die Griechenlandkrise. Er zeigt eindringlich die fatalen Folgen der sogenannten Rettungspolitik der EU für die griechische Gesellschaft. Auch die Preisträgerin Elisa Simantke befasst sich mit Griechenland. Die „Tagesspiegel“-Redakteurin erhält den Newcomer-Preis, dotiert mit 2000 Euro, für ihren Beitrag „Europoly – Privatisierung unter der Troika“. Mit zahlreichen Fallbeispielen dokumentiert die Autorin die Bilanz der verheerenden Troika-Politik in Griechenland und anderen EU-Krisenstaaten – nach Einschätzung der Jury ein exzellentes Beispiel für kritischen Wirtschaftsjournalismus.

Recherchestipendien und wegweisende Projekte

Der Otto Brenner Preis zeichnet auch innovative und wegweisende Medienprojekte aus. 2015 geht der Medienprojektpreis, dotiert mit 2000 Euro, an das Online-Projekt Hochschulwatch. Hochschulen sind keine herrschaftsfreien Räume. Und erst recht nicht frei von Geldinteressen. Umso wichtiger ist die Beobachtung von Industrieeinflüssen, die das prämierte Projekt Hochschulwatch.de nach Einschätzung der Jury in vorbildlicher Weise leistet.

Neben diesen Preisen hat die Jury des Otto Brenner Preises wieder Recherche-Stipendien von jeweils 5000 Euro vergeben. Der Journalist Andreas Maisch geht in „Unsaubere Auftragsvergabe“ der mangelhaften Selbstkontrolle der Behörden nach. Ein zweites Stipendium erhalten Katharina Zabrzynski und Maike Brzoska zum Thema „Wer profitiert von Polens Sonderwirtschaftszonen?“ Der freie Wissenschaftsjournalist Hinnerk Feldwisch-Drentrup recherchiert über „Psychiatrie unter Ökonomisierungszwang“.

Ziel des Otto Brenner Preises zur Förderung eines kritischen Journalismus ist es unter anderem, gesellschaftlich relevante, aber gemessen an deren Bedeutung nicht ausreichend behandelte Themen in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Journalistinnen und Journalisten sollen ermutigt werden, ungeachtet möglicher Konsequenzen unbequeme Fragen zu stellen und Missstände klar zu benennen.

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