IG Metall will Autogewerkschaft in den USA unterstützen
UAW startet Kampagne bei deutschen Herstellern

Gewerkschaften in den USA werden behindert, eingeschüchtert und mit juristischen Tricks ausgebremst. Das reguläre Wahlverfahren zur Organisierung eines Betriebs ist tückisch. Immer öfter versuchen Gewerkschaften daher, mit den Arbeitgebern freiwillige Vereinbarungen für faire Wahlen im Betrieb ...

3. Februar 20113. 2. 2011


... abzuschließen. So wie die Automobilgewerkschaft UAW das nun in den US-Werken deutscher Autohersteller angeht.

Gewerkschaften haben es schwer in den USA. Arbeitgeber halten sie systematisch heraus, behindern freie Wahlen im Betrieb, feuern Gewerkschafts-Aktivisten und schüchtern die Belegschaft durch Drohungen mit Arbeitsplatzabbau oder gar Standortschließung ein. Die Arbeitgeber nutzen dabei zahlreiche Schlupflöcher im gesetzlichen Wahlverfahren. Sie blockieren die Wahl jahrelang mit juristischen Tricks. Oft werden die Wahlen dadurch um bis zu fünf Jahren verzögert und die Gewerkschaftsanhänger in dieser langen Zeit mürbe gemacht oder herausgedrängt. Und wenn die Wahl dann doch geschafft ist und die Gewerkschaft eine Mehrheit hat, ziehen die Arbeitgeber erneut vor Gericht und fechten die Wahl an.

Freiwillige Vereinbarungen
Da das gesetzliche Wahlverfahren derart steinig ist, versuchen Gewerkschafter immer häufiger, eine Neutralitäts- und Anerkennungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abzuschließen. Der Arbeitgeber ermöglicht der Gewerkschaft eine Unterschriftensammlung („Card Check“) in der Belegschaft. Wenn die Mehrheit die Gewerkschaft unterstützt, erkennt der Arbeitgeber die Gewerkschaft an.

Die Gewerkschaft UAW (United Automobile, Aerospace and Agricultural Implement Workers of America) etwa hat Grundprinzipen für solche Vereinbarungen entwickelt: Beide Seiten verpflichten sich zum fairen Umgang miteinander, um den Beschäftigten freie und faire Gewerkschafts-Wahlen im Betrieb zu ermöglichen. Die wichtigste Voraussetzung: Der Arbeitgeber verhält sich absolut neutral – und gewährt der Gewerkschaft Zugang in den Betrieb und zu Versammlungen.

Im Januar hat die UAW nun eine Kampagne in den Werken ausländischer Autohersteller gestartet, die diesen Grundprinzipien der Anerkennung freier und fairer Wahlen folgt. Die IG Metall will die Kampagne unterstützen. Und auch die deutschen Betriebsräte, etwa der Daimler- Gesamtbetriebsratsvorsitzende Erich Klemm, haben ihre Unterstützung zugesagt. „Wir haben das größte Interesse daran, dass die UAW in ihrem Bemühen um die Organisation des Mercedes-Benz Werks Tuscaloosa erfolgreich ist. Es ist aus unserer Sicht höchst bedauerlich, dass uns in diesem amerikanischen Werk bislang die direkten Ansprechpartner fehlen“, sagt Klemm. „Die bei Daimler weltweit gültigen Grundsätze zur Sozialen Verantwortung von 2002 sichern den Beschäftigten in allen Werken auf dem Globus Koalitionsfreiheit zu. Wir erwarten selbstverständlich, dass das Unternehmen sich an diese Vereinbarung hält.“ Der neue UAW-Vorsitzende Bob King kommt in diesen Wochen mehrfach zu Gesprächen nach Deutschland. Dort wird er sich auch mit den deutschen Auto-Betriebsräten treffen.

Die rechtlichen Grundlagen
Arbeitnehmer in den USA haben laut dem Gesetz über Arbeitsbeziehungen (National Labor Relations) das Recht, kollektiv über ihre Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Die Beschäftigten haben das Recht, sich dabei von einer Gewerkschaft vertreten zu lassen. Die lokalen Gewerkschaftsvertreter sind in der Regel gewählte Gewerkschaftsmitglieder aus der Belegschaft und übernehmen auch in etwa die Rolle von Betriebsräten, die es in den USA nicht gibt.
Um jedoch Verhandlungsvertreter der Belegschaft zu werden, muss die Gewerkschaft die Mehrheit der Beschäftigten als Unterstützer gewinnen. Das geschieht nach dem klassischen gesetzlichen Wahlverfahren, das sehr langwierig und angreifbar ist – oder alternativ über eine freiwillige Neutralitäts- und Anerkennnungsvereinbarung.

Obwohl gewerkschaftsfeindliche Juristen solche Vereinbarungen als unrechtmäßig angreifen, da sie angeblich einer illegalen Unterstützung von Gewerkschaften gleichkommen, sind sie in der ständigen Rechtsprechung zugelassen und immer gebräuchlicher. Über 80 Prozent der neuen gewerkschaftlichen Vertretungen im Betrieb kommen heute auf diese Weise zustande. Genau das will die Gewerkschaft UAW nun in den US-Werken deutscher Autobauer erreichen, mit unterstützendem Einfluss der deutschen Kollegen auf die Unternehmensseite.
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