Betriebliche Regelungen zur Vereinbarkeit
Vereinbarkeit ist nicht nur ein Frauenthema

Familienfreundliche Arbeitszeiten? Teilzeit bei Bedarf oder auch mal zu Hause arbeiten? Wo andere Firmen zögern, hat der Autobauer Daimler Fakten geschaffen.

21. August 201221. 8. 2012


Damit will das Unternehmen bei jungen qualifizierten Frauen punkten

Wer auf der Suche nach familienfreundlichen Arbeitsbedingungen ist, der würde diese sicher nicht als erstes bei einem Fahrzeugbauer vermuten. Doch in Wörth, dem rheinland-pfälzischen Daimler-Standort, wo schwere Trucks und Nutzfahrzeuge vom Band laufen, werden die Mitarbeiter mit einer Vielzahl von familienfreundlichen Angeboten unterstützt. Dort gibt es nicht nur eine Kindergartenstätte und ein Ferienbetreuungsangebot für die Kinder von Beschäftigten. Das Unternehmen ermöglicht den Mitarbeitern auch weitgehende Freiräume bei der Arbeitszeit. So können die Beschäftigten, wenn es betrieblich möglich ist, die Arbeitszeit und den -ort flexibel wählen. Das garantiert die Gesamtbetriebsvereinbarung „Mobile Arbeit“ von 2009.
 


Projektgruppe organisiert die praktische Umsetzung

Alles begann, als vor über zehn Jahren der Betriebsrat gemeinsam mit dem Werksleiter das Projekt „Beruf & Familie“ initiierte. Seither wurden von diesem Projekt viele Aktivitäten angestoßen. Dabei geht es um Chancengleichheit, aber vor allem auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Projektgruppe kümmert sich um die praktische Umsetzung. Sie legt die Themen und Anforderungen fest. Bis zu zehn Personen beteiligen sich an der Projektgruppe, zwei von ihnen sind im Betriebsrat. Die Projektleitung wechselt in einem Rhythmus von 18 Monaten. So ist sichergestellt, dass immer wieder neue Ansätze und neue Vorschläge eingebracht werden können. Alle Gruppen sind beteiligt und die unterschiedlichsten Ideen und Sichtweisen werden berücksichtigt.

Jürgen Hess ist einer der Arbeitnehmervertreter in der Projektgruppe. „Für mich stehen als nächstes die Bedingungen bei Schichtarbeit an. Auch die Beschäftigten in der Produktion brauchen mehr Freiräume“, sagt Hess. Denn was im Angestelltenbereich schon bewährte Praxis ist, sollte auch in der Produktion möglich sein.



Mobiles Arbeiten im Büro einfacher umzusetzen...

Gerade für die Angestellten, die an Projekten arbeiten oder Gutachten und Konzepte erstellen, ist es einfach, ihren Arbeitsablauf flexibel zu gestalten oder die Arbeit auch zu Hause zu erledigen. Darüber treffen sie mit ihren unmittelbaren Vorgesetzten eine freiwillige Vereinbarung. Auch die Lage der Arbeitszeit kann weitgehend selbst bestimmt werden. Doch bisher war es nicht möglich, diese Bedingungen auch auf die Beschäftigten in der Produktion zu übertragen.


... als in der Produktion

Ein ganzes Paket von Betriebsvereinbarungen bietet den Mitarbeitern bei Daimler familienfreundliche Optionen: Verkürzte Tages-, Wochen- beziehungsweise Monatsarbeitszeit, Teilzeit oder am Stück arbeiten, oder sich gemeinsam einen Arbeitsplatz teilen. Man kann auch auf Abruf arbeiten oder ein Sabbatical nutzen. Zwar konnten in der Produktion noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, doch die Elternzeit findet einen großen Anklang.

Die jungen Mütter sowieso, aber auch fast jeder zweite junge Vater geht in Elternzeit – zumindest in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes. Manche bleiben jedoch auch ein ganzes Jahr zuhause. So wie zur Zeit einer der Führungskräfte, der zur Zeit zwölf Monate Elternzeit nimmt. Das ist nicht nur bei den Angestellten oder den Frauen üblich. Auch die Beschäftigten aus der Produktion gehen in Elternzeit. Tatsächlich sind es etwa drei Viertel der jungen Mütter und Väter. Seit 2002 ist zudem die Familienzeit in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung geregelt. Darüber können die Beschäftigten die Elternzeit befristet verlängern. Anschließend können sie auf ihr ursprüngliches Tarif- und Qualifikationsniveau zurückkehren. Wer für einen bestimmten Zeitraum in Teilzeit war, kann wieder Vollzeit arbeiten, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen.

Mit dem starken Engagement für gute Vereinbarkeitsbedingungen will der Autobauer Daimler besonders bei qualifizierten jungen Frauen punkten und sie als Fachkräfte gewinnen. Doch bislang liegt der Anteil der Frauen gerade einmal bei zwölf Prozent der Beschäftigten. Trotzdem sind die familienfreundlichen Angebote sehr gefragt ― bei Männern und Frauen ebenso wie im Büro und der Produktion. „Das zeigt, dass Vereinbarkeit nicht nur ein Frauen- oder Angestelltenthema ist“, stellt Jürgen Hess fest. Denn am Standort Wörth arbeiten nur wenige Frauen und die Möglichkeiten der Betriebsvereinbarungen sind auch bei den Beschäftigten in der Produktion sehr gefragt.

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