Für ein krisenfestes Deutschland und ein solidarisches Europa
Dem Gespenst den Schrecken nehmen

Unbegrenzt Zeit bleibt uns nicht, um den Euro zu retten. Mehr Solidarität und die gemeinsame Kontrolle nationaler Haushalte sind längst überfällig. Vielleicht liegt es daran, dass die Gemeinschaftshaftung für viele immer noch ein Schreckgespenst ist. Zu Unrecht, sagen auch Ökonomen.

11. Januar 201311. 1. 2013


Fällt das Wort „Gemeinschaftshaftung“, gestikulieren manche abwehrend mit den Händen und zählen die Nachteile auf. Beispielsweise kritisieren viele, dass Deutschland höhere Zinsen zahlen müsste, wenn es sich Geld leiht. Die Kreditwürdigkeit der Bundesrepublik würde „in einem Topf“ mit denen der sogenannten Krisenländer beurteilt. Da ist was dran, doch die dadurch entstehenden Kosten sind geringer als der Nutzen. Denn bekanntermaßen ist die deutsche Wirtschaft sehr stark auf den Export angewiesen. Nur ein Argument, warum sich die IG Metall für den Erhalt des Euro starkmacht.


Ein anderes Argument lautet, dass wir uns durch die Gemeinschaftshaftung solidarisch gegenüber den verschuldeten Ländern unserer Eurogruppe zeigen. Deren Risiko einer Insolvenz ließe sich auf diese Weise senken. „Man muss die Staaten davor schützen, dass sie an den Finanzmärkten immer höhere Zinsen zahlen“, sagt der bekannte Ökonom und Wirtschaftsweise Peter Bofinger (zum Video-Interview). Bisher wurden die Sparanstrengungen der strauchelnden Länder von den Finanzmärkten kaum honoriert. Die Gemeinschaftshaftung würde dafür sorgen, dass die Zinsen in den Krisenländern sinken. Und diese Tatsache hat auf „kleinerer“ Ebene ein drittes Argument im Schlepptau ...


Die sinkenden Zinsen führen dazu, dass Sparer in Deutschland für ihre Anlagen wieder vernünftige Zinsen bekommen. „Das Gegenstück der hohen Zinsen in Italien und Spanien sind Zinsen in Deutschland bei nahe null Prozent. Derjenige, der fürs Alter sparen muss, bekommt kaum noch etwas.“ Diese drei gewichtigen Argumente sollten dem Gespenst seinen Schrecken nehmen. Stellt sich die Frage: Was ist für die Umsetzung der Gemeinschaftshaftung wichtig?

Gemeinschaftliche Kontrolle über nationale Haushalte

„Gemeinschaftshaftung und eine gleichzeitige stärkere Kontrolle über nationale Budges, durch eine Europäische Institution – das sind zwei Seiten einer Medaille“, sagt Bofinger. Dazu müssen die nationalen Souveränitätsrechte gegenüber den europäischen Institutionen neu geregelt werden. Die IG Metall fordert, die demokratischen Entscheidungsstrukturen über das Europäische Parlament hinaus auszubauen und die Bürger Europas über Beteiligungsmöglichkeiten mit einzubeziehen. Derzeit bleibt es den jeweiligen Parlamenten überlassen, ob sie die vereinbarten Budgetziele über die Einnahmen- oder die Ausgabenseite erreichen.


Schuldentilgungspakt kann Krise kurz- und langfristig entschärfen

Die sogenannten EU-Konvergenzkriterien besagen, dass der Schuldenstand eines Staates nicht mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Diese 60-Prozent-Schwelle könnte ein sogenannter Schuldentilgungspakt übernehmen. Unter anderem sieht dieser Pakt vor, dass nationale Schulden, die die 60-Prozent-Grenze übersteigen, in einen gemeinsamen Topf ausgelagert werden. Und für den stehen alle Euro-Mitglieder gemeinsam gerade.


Die Idee stammt von den „Fünf Wirtschaftsweisen“, denen auch Peter Bofinger angehört. Die Ökonomen haben berechnet, dass der Fonds eine Größe von rund 2,4 Billionen Euro hätte. Jedes teilnehmende Land müsste sich verpflichten, seine ausgelagerten Schulden innerhalb von 20 bis 25 Jahren zurückzuzahlen. Zur Sicherheit hinterlegen die Mitgliedsstaaten Devisen oder Gold. So ließe sich die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone kurzfristig entschärfen und langfristig beenden. Einen weiteren Beitrag könnte die Europäische Zentralbank leisten.


Europäische Zentralbank muss verschuldete Länder unterstützen

Die IG Metall hält es für vertretbar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die öffentlichen Haushalte in den am höchsten verschuldeten Ländern der Währungsunion direkt unter die Arme greift, indem sie Staatsanleihen kaufen. Zumindest als vorübergehende Hilfe. Die IG Metall befürwortet zudem den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der Rettungsschirm sollte weiter ausgebaut werden. Dadurch würde sichergestellt, dass sich stark verschuldete Länder weiter Geld leihen können. Rücksichtslosen Spekulationen auf einen Staatsbankrott würde das ein Ende bereiten. Und dann wären da natürlich noch die Angriffe auf die Rechte der europäischen Arbeitnehmer .


Angriffe auf europäische Arbeitnehmer abwehren

Im Prinzip unterwerfen sich die Eurostaaten bei Hilfsanträgen an ESM (und ESFS) sowie der EZB bereits einer Wirtschaftsregierung – das allerdings nicht demokratisch legitimiert und ohne Kontrolle. Die betroffenen Regierungen verpflichten sich zu einschneidenden Sparmaßnahmen und Kürzungen, insbesondere im Sozialen, aber auch bei den öffentlichen Gehältern. Dass Arbeitnehmerrechte weiter abgebaut, Tarifverträge ausgehebelt und Gemeingüter veräußert werden, sind Teile dieser Sparpolitik. Die IG Metall stellt sich gegen die Angriffe auf europäische Arbeitnehmer.

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