Interview: Zehn Fragen an Liz Baffoe
Mein Tipp: Redet normal und habt Spaß miteinander

Die Schauspielerin Liz Baffoe ärgert sich über die Vorurteile deutscher Fernsehproduzenten: Sie würde gerne mal eine Ärztin oder Anwältin spielen, bekommt solche Rollen aber nicht, da das ja in Deutschland „total unrealistisch ist“. Sie erzählt, was sie sonst noch in puncto Rassismus umtreibt.

18. Mai 201118. 5. 2011


Was bist Du: Schwarz, farbig oder maximalpigmentiert? Oder ist das eine blöde Frage?
Klar ist das eine blöde Frage, weil sie nervt und auch schwierig ist. Ich sage immer: ich habe halt etwas mehr Farbe, oder ich bevorzuge „dunkelhäutig“. Zum Dreh muss ich übrigens oft mein eigenes Make-up mitbringen. Das kriegt man in Deutschland nicht überall. England, USA und Frankreich sind da schon viel weiter in puncto Kosmetik für dunkle Hauttypen.

Welche blöden Fragen werden Dir sonst so gestellt?
Der totale Quatsch ist die Frage „Ihr könnt doch alle so toll tanzen und singen“. Das haben sogar meine Lehrer auf dem Gymnasium gesagt. Mit „Ihr“ sind dann kategorisch immer alle Afrikaner gemeint. Das stimmt erstens nicht und zweitens ist diese „Ihr-Kategorie“ natürlich Unsinn. Viele sagen auch „Ihr seid ja keine schlechteren Menschen“. Puuuuh. Und ich spreche übrigens genauso wenig Afrikanisch wie die Europäer Europäisch.

Hattest Du sonst noch persönliche Erlebnisse mit Rassismus?
Immer wieder passiert’s: Ich werde auf Englisch angesprochen und antworte auf Deutsch. Mein Gegenüber rafft’s nicht und redet weiter Englisch mit mir. Schlimmer war, als ich in der U-Bahn einem alten Mann, der gestürzt war, aufhelfen wollte. Er sah mich, wurde böse, stieß mich weg und wollte sich von einer „N...“ nicht helfen lassen. Das verletzt und prägt.

In der Serie Lindenstraße hast Du eine illegale Einwanderin aus Nigeria gespielt.
Ja, und weil ich selbst in Deutschland geboren bin, hatte ich keine persönliche Erfahrung mit dem Thema. Zur Vorbereitung auf die Rolle habe ich mit Betroffenen gesprochen. Das Schlimmste für sie ist der Schwebezustand und die Angst, von heute auf morgen abgeschoben zu werden. Denn keiner geht ja freiwillig aus seinem Land, um hier unter schlechten Bedingungen zu leben. Sondern man erhofft sich bessere Chancen. Über Briefe von Zuschauern habe ich mitbekommen, dass viele sich diesem Thema geöffnet haben. Ein gutes Gefühl.

Dein Bruder war Fußballprofi in der Bundesliga.Würdest Du sagen, dass ihr als „Migrantenkinder“ Glück hattet?
Ja vielleicht. Aber das ist nicht das Entscheidende. Sondern dass wir nie aufgegeben haben, wenn uns aufgrund unserer Wurzeln Steine in den Weg gelegt wurden. Dann muss man sich doppelt anstrengen. Meine Eltern haben eines sehr gut gemacht: Sie wollten zwar, dass wir unsere Heimat nicht vergessen, haben aber trotzdem geschaut, dass wir uns auch mit der deutschen Kultur identifizieren.

Wie sehr beschäftigt es Dich, zu zwei Ländern zu gehören?
Das ist eine gute Frage. Es ist sehr anstrengend, weil ich in zwei Ländern ein bisschen zu Hause bin und in keinem richtig. In beiden Ländern muss ich immer wieder Erklärungen abgeben. In Deutschland ist es wichtig, dass ich auch mal nur unter Leuten aus Ghana bin. Die Herkunft ist dann kein Thema, das ist eine innere Erholung. Das darf man aber nicht verwechseln mit „die schotten sich ab und wollen sich nicht integrieren“. Ein wirklich wichtiger Punkt um zu verstehen, warum Migranten mal unter sich sein wollen, ist sich nicht immer erklären zu müssen.

Was berichten Dir Freunde mit Migrationshintergrund? Haben sie Probleme am Arbeitsplatz?
Ich kriege über Freunde einiges mit. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt scheinen nicht in allen Bereichen gerecht zu sein. Ich fände es zum Beispiel gut, wenn man Bewerbungen anonym macht. Damit auch Menchen mit ausländischen Namen nicht sofort aussortiert werden. Es geht ja um die Qualifikation, nicht um den Namen. Und die Gewerkschaften können bei den Ungerechtigkeiten bestimmt etwas bewegen.

Glaubst Du, dass die IG Metall in den Betrieben etwas gegen Rassismus ereichen kann?
Klar. Wäre ich nicht Botschafterin bei der Respekt-Initiative, würden wir ja zum Beispiel dieses Interview nicht machen. Gemeinsam können wir was er reichen: Interesse wecken, die Menschen in den Dialog bringen, auch in den Betrieben. Am wichtigsten ist, dass wir wegkommen von den Nationalitäten-Schubladen. In jedem Land gibt es symphatische Leute und Idioten. Man muss immer neu herausfinden, ob mit jemandem die Chemie stimmt.

Wie lautet Dein Tipp?
Neulich saßen wir zu Viert im Café: Eine Italienerin, eine Türkin, eine Deutsche und ich. Wir redeten über Weihnachten, Essen und Männer – jeweils mit Erfahrungen aus unserem Land. Ganz normale Themen eben, das war herrlich. Mein Tipp: Redet normal miteinander. Wetter, Fußball, Bräuche. Habt Spaß miteinander und diskutiert nicht übers „Wir“ und „Ihr“.

Für die Fans der Lindenstraße: Tauchst Du dort nochmal auf?
Das weiß man ja nie, „gestorben“ bin ich jedenfalls nicht. Vielleicht darf ich doch irgendwann mal eine „glaubwürdige“ deutsche Anwältin oder Ärztin darstellen. Ich lasse nicht locker und bin einstweilen sonntags die Fotografin im WDR-Krimi „Ein Fall für die Anrheiner“.
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