Vertrauensleute im Betrieb
Ich mache das für Euch, aber es geht nur mit Euch

Sie machen Gewerkschaft: 50 000 Beschäftigte sind ehrenamtlich in den Betrieben aktiv – als Vertrauensleute der IG Metall. Wie zum Beispiel Steffen Lange bei den Hennigsdorfer Elektrostahlwerken.

28. Oktober 201628. 10. 2016


Immer öfter sprachen die Leute ihn an, wenn sie Probleme hatten. Schon bevor Steffen Lange vor zwei Jahren Vertrauensmann wurde, kümmerte er sich um seine Kolleginnen und Kollegen. Wenn sie stundenlang in der Hitze arbeiteten, sagte er zum Meister: Hey, besorg Deinen Leuten mal Wasser. Und er wies sie darauf hin, wenn sie ungesichert in der Höhe arbeiteten: Nehmt Euch einen Fallschutz. Ihr wollt doch mal gesund in die Rente kommen.

Für den Betriebsrat und die Vertrauensleute im Hennigsdorfer Elektrostahlwerk war bald klar: Steffen Lange, Du musst mit ins Team. Er war sofort Feuer und Flamme.

Schon vor 25 Jahren, als er seine Ausbildung zum Schlosser hier machte, stand er mit an der Feuertonne. Wochenlang besetzten sie ihr Stahlwerk, um sich gegen die Treuhand zu wehren, um nicht unter den Hammer zu kommen und abgewickelt zu werden, wie so viele Betriebe im Osten. „Wir haben uns durchgebissen. Das war Gänsehaut für mich, mit 16 Jahren“, erinnert sich der IG Metall-Vertrauensmann Steffen Lange.

Heute arbeitet Lange als Instandhalter im Stahlwerk und kurvt mit seinem Multicar von Station zu Station über das Werksgelände. Um alles besser zu verstehen, hat er sich über Monate in seiner Freizeit weitergebildet, in Metallurgie und Stahlerzeugung. Die Kolleginnen und Kollegen merkten bald: Der versteht, was er macht.

Doch Vertrauensmann für die IG Metall sein ist auch im Stahlwerk nicht mehr so einfach, musste er feststellen. Viele halten es für selbstverständlich, dass sie automatisch die Tariferhöhungen der IG Metall bekommen und sich ihr Betriebsrat um ihre Arbeitsplätze kümmert, meint der Schlosser. „Bei mir ist das anders. Ich war eben auch viele Jahre in anderen Betrieben, wo Du 42 statt 35 Stunden arbeitest, wo ständig restrukturiert und die Belegschaft halbiert wurde. Wir wollen auch in 20 Jahren noch hier arbeiten. Und dazu brauchen wir die IG Metall. Das sehen wir ja gerade in der Stahlkrise.“

Die Stahlkrise bedroht auch die Arbeitsplätze in Hennigsdorf. Die Aktionen der IG Metall für ihre Zukunft haben viele überzeugt, erzählt Lange. „Zum Aktionstag kamen auch viele Nichtmitglieder. Viele sagten: Das hat die Gewerkschaft richtig gut gemacht.“

Diese Stimmung wollen die Vertrauensleute und der Betriebsrat aufnehmen. Sie starten eine Imagekampagne. Lange ist dabei im sechsköpfigen Aktivenkreis, der die Aktionen umsetzt und sich dazu in Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit schult. „Das macht Spaß, mit den Leuten zu arbeiten. Sie treiben mich an und bestärken mich, mich nicht zu verbiegen und zu reden, wie ich will. Wenn ich Kolleginnen und Kollegen anspreche, sage ich offen: Ich mache das für Euch, aber es geht nur mit Euch. Wir kämpfen um unser Werk. Und wer nicht mitmacht, ist eben nicht dabei bei uns und redet nicht mit.“

Die Imagekampagne ist jetzt angelaufen. Lange und die anderen Aktiven haben ein Musikvideo mit Beschäftigten im Stahlwerk gedreht, mit einem selbst getexteten Rapsong. „Wir brennen, wir kämpfen, wir halten zusammen. Hitze, Feuer, Schlacke und Flammen“, so geht der Refrain. Genau darum geht es, findet Steffen Lange. „Wir müssen dieses Bauchgefühl wieder bekommen: Es lohnt sich zu kämpfen, für unseren Betrieb und unsere Stadt. Wir müssen wieder brennen.“

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