Lasche Arbeitsschutz-Kontrollen – Hohe Gesundheitsrisiken
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!

Weil den zuständigen Behörden das Personal fehlt, werden in Deutschland immer weniger Betriebe von den staatlichen Arbeitsschutzbehörden kontrolliert. Nur noch 4,9 Prozent der Betriebe wurden 2010 überprüft. Lasche Kontrollen können verheerende Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten haben.

27. Juli 201227. 7. 2012


In Deutschland werden immer weniger Betriebe von der staatlichen Arbeitsschutz-Aufsicht kontrolliert. Die Zahl der von den zuständigen Länderbehörden jährlich inspizierten Betriebe ist von 2005 bis 2010 bundesweit um 25 Prozent gesunken – auf zuletzt 1.220.000 Betriebe. Hintergrund ist ein deutlicher Personalabbau bei der Gewerbeaufsicht, das belegen neue Zahlen der Bundesregierung. Den Daten zufolge wurde von den Ländern innerhalb von 2005 bis 2010 jede sechste Stelle im Bereich Arbeitsschutz-Aufsicht gestrichen. Für die Beschäftigten kann der fehlende Arbeitsschutz gefährliche Folgen haben. Wie das Beispiel der Dortmunder Entsorgungsfirma Envio zeigt.


PCB-Skandal in Dortmund

Bei Envio zerlegten die Arbeiter noch vor zwei Jahren die ausgemusterten Transformatoren und Kondensatoren, in denen PCB als Isolieröl und Kühlflüssigkeit diente. Die meisten von ihnen waren Leihkräfte, die ohne Schutzausrüstung mit dem Gift hantierten, ihre Kleidung zum Waschen mit nach Hause nahmen und damit ihre Familien vergifteten. Keiner der Beschäftigten konnte ahnen, dass er bei der Tätigkeit mit einem krebserregenden Giftstoff konfrontiert wurde. Mit einem Giftstoff, der noch dazu bereits seit Jahren weltweit verboten ist. Der Arbeitgeber wusste Bescheid, wollte aber vermutlich Kosten sparen.

Ende letzten Jahres wurde die Entsorgungsfirma am Dortmunder Hafen stillgelegt. Inzwischen hat der Strafprozess gegen den früheren Geschäftsführer begonnen. Die Kläger werden dabei von der IG Metall aktiv unterstützt Für die betroffenen Beschäftigten und ihre Familien ist das Problem damit aber noch lange nicht aus der Welt. Sie bangen, was das Gift in ihrem Körper anrichtet. Damals versprach die Landesregierung Nordrhein-Westfalen mehr Personal beim Umwelt- und Arbeitsschutz einzustellen.


Personalabbau erhöht das Risiko

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, warnt vor den Risiken für die Beschäftigten: „Arbeitsschutz-Skandale werden nun immer wahrscheinlicher, weil die Aufsicht zu spät oder gar nicht mehr auf Missstände aufmerksam wird. Wenn ein Betrieb nur alle 25 Jahre einmal überprüft wird, ist dass gerade zu eine Einladung gegen Gesetze zu verstossen.“

Die IG Metall forderte eine Aufstockung und bessere Qualifikation des Personals in der Gewerbeaufsicht. Denn: Je seltener Unternehmen kontrolliert werden, umso größer ist die Versuchung, den Profit etwa auf Kosten des Arbeitsschutzes und damit auf Kosten der Mitarbeiter zu steigern. Die Gefahr ist gewaltig, dass sich Missstände wie im Fall der Entsorgungsfirma Envio häufen.


Arbeitsunfälle häufen sich

Envio ist ein Extrembeispiel, zugegeben. Doch allein die Tatsache, dass die Zahl der meldepflichtigen Unfälle deutlich gestiegen ist zeigt, dass der Druck auf die Beschäftigten zunimmt. Aktuelle Auswertungen der Arbeitsunfälle zeigen darüber hinaus: Neu eingestellte Beschäftigte und Leiharbeitnehmer verunglücken besonders häufig.

Der Personalabbau bei der Gewerbeaufsicht ist der falsche Weg. Denn nur, wenn die reale Chance besteht, überhaupt erwischt zu werden, halten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch an die Vorschriften.

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