Mobiles Arbeiten
Mobilarbeit: geregelt, ein Gewinn für alle

Der Konzernbetriebsrat von Bosch hat Anfang 2014 das „mobile Arbeiten“ geregelt. Mit dem Ziel, den Beschäftigten mehr Souveränität über ihre Arbeitszeit zu geben. Wie fällt das Resümee nach rund zwei Jahren aus? Wir haben nachgefragt.

8. Dezember 20158. 12. 2015


Um die Antwort vorwegzunehmen: Die Betriebsvereinbarung hat sich ausgezahlt, sagt Helmut Meyer, Betriebsrat am Standort Abstatt. Auch in der Vergangenheit, erklärt er, haben Beschäftigte des Automobilzulieferers per Laptop, Tablet oder Smartphone unterwegs oder Zuhause gearbeitet. Die Regeln für das „mobile Arbeiten“ waren aber vorher intransparent und insbesondere bei der Erfassung der anfallenden Arbeitszeit gab es Unklarheiten. Das ist nun anders. Nur aus triftigen Gründen dürfen Chefs mobiles Arbeiten verwehren – und die Beschäftigten tragen die Arbeitszeiten selbst in das Zeiterfassungssystem ein.

Das komme gut an. Auf große Zustimmung stoßen aber auch die anderen Eckpunkte der Vereinbarung: Für die Beschäftigten besteht keine Verpflichtung zum mobilen Arbeiten. Sie entscheiden, wann sie erreichbar sind und hinterlassen die Zeiten im Büro. Montag bis Freitag bleibt auch bei mobiler Tätigkeit Regelarbeitszeit, der Samstag kann auf freiwilliger Basis als Ausgleich für Freizeit während der Woche hinzugenommen werden. Tarifliche und gesetzliche Bestimmungen zur Höchstarbeitszeit, zu Pausen und Zuschlägen gelten weiter. Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist ausdrücklich verboten. Letzteres unterscheidet die Vereinbarung unter anderem von ähnlichen Regelungen.

Helmut Meyer: „Die Beschäftigten haben jetzt Sicherheit, welche Regeln beim mobilen Arbeiten gelten.“ Das wirke auch Konflikten entgegen. Stellten sich Chefs früher manchmal stur, den Beschäftigten mehr Flexibilität und Souveränität zuzugestehen, müssen sie heute stichhaltige Gründe vorbringen.

Anstoß, das mobile Arbeiten zu regeln, gab eine interne Befragung. In dieser hatten sich mehr als die Hälfte der Beschäftigten dafür ausgesprochen, die Arbeitszeit stärker an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu können. „Bei der Ausgestaltung gab es ein paar strittige Punkte. Aber insgesamt hatte auch unser Arbeitgeber die Notwendigkeit erkannt und uns keine Steine in den Weg gelegt“, sagt Meyer. Immerhin macht die Vereinbarung auch Bosch als Arbeitgeber attraktiver.

Mobiles Arbeiten, heißt es in der Vereinbarung, „ermöglicht eine flexible Aufteilung des Arbeitens auf den Betrieb und Arbeitsorte außerhalb des Betriebs sowie – im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen – eine flexible Verteilung der Arbeitszeit außerhalb des Betriebs.“ Wer mobil arbeitet, hat weiterhin einen Arbeitsplatz im Unternehmen und Zugang zu allen internen Versammlungen und Informationen.

An den Produktionsstandorten wie Stuttgart-Feuerbach hat die Vereinbarung für teils heftige Diskussionen gesorgt. Denn die Flexibilität ist an den Fertigungslinien bislang so nicht umzusetzen. Die Arbeitsplätze an den Maschinen müssen stets besetzt sein. Die zunehmende Automatisierung – Stichwort Industrie 4.0 – könnte das einmal ändern. Allerdings ist die „Smart Factory“ noch Zukunftsmusik. Deswegen werden derzeit flexiblere Arbeitszeiten in der Produktion und insbesondere Schichtmodelle diskutiert.

Als Sonderfall mobilen Arbeitens definiert die Vereinbarung „alternierende Telearbeit“: regelmäßige Arbeit Zuhause, etwa an zwei festgelegten Tagen in der Woche. Diese kann vereinbart werden, wenn besondere Lebensumstände eines Beschäftigten dies erfordern.

In zahlreichen Unternehmen haben Betriebsräte ähnliche Vereinbarungen ausgehandelt. Betriebsrat Helmut Meyer weiß: „Mobiles Arbeiten ist heute in vielen Berufen absolute Normalität.“ Und aller Wahrscheinlichkeit wird sie weiter zunehmen. „Durch die Digitalisierung wird es irgendwann auch aus den Büros herauswachsen“. Unternehmen, die mitarbeiterorientierte Regeln vorweisen können, sind beim Werben um Fachkräfte klar im Vorteil.
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