„Halberg Guss muss leben“

46 Tage Streik schweißte die Belegschaften der beiden Gießereien von Neue Halberg Guss in Saarbrücken und Leipzig zusammen.

1. September 20181. 9. 2018


„Das gab es noch nie, dass die Belegschaften eines ostdeutschen und eines westdeutschen Werks so lange gemeinsam streikten. Das war einzigartig.“ Für Thomas Jürs, den Betriebsratsvorsitzenden der Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) in Leipzig, war der 46 Tage dauernde Streik der NHG-Beschäftigten in Leipzig und Saarbrücken schon ein großer Erfolg, als noch nicht abzusehen war, was bei den langen und zähen Verhandlungen herauskommen würde.

Vorausgegangen war dem Streik die Ankündigung des Managements, das Leipziger Werk mit rund 700 Beschäftigten nächstes Jahr dicht zu machen. An der Saar sollten 300 der rund 1 500 Stellen abgebaut werden, für die Verbleibenden gab es allerdings auch keine wirtschaftlich tragfähigen Perspektiven über 2019 hinaus.


Gemeinsamer Streik verbindet

In den Streikwochen bekamen die Beschäftigten schnell ein Gefühl dafür, dass sie alle im selben Boot saßen. Jede Woche fuhr eine Gruppe aus Saarbrücken nach Leipzig und eine Delegation aus Sachsen an die Saar. Sie streikten gemeinsam, tauschten sich aus, sangen zusammen „Keiner schiebt uns weg“. Als die Geschäftsleitung von Neue Halberg Guss mit der IG Metall in Frankfurt am Main verhandelte, kamen Streikende aus beiden Werken zu einer Demonstration und Kundgebung in die Bankenstadt.

Ihre Hoffnung war, dass beide Werke eine Zukunft haben und alle Arbeitsplätze erhalten werden. Bei ihrem Streik ging es jedoch um einen Sozialtarifvertrag. Er sollte für den Fall, dass das nicht gelingt, zumindest für gute Abfindungen und Vermittlungshilfen sorgen.

Die Neue Halberg Guss gehört zur Preventgruppe der Investorenfamilie Hastor, die schon öfter von sich reden gemacht hat. Ihr wurde vorgeworfen, mit Lieferboykotts höhere Preise bei Kunden durchzusetzen. Wichtige Kunden schauten sich nach Alternativen um. Bei anderen Tochter­firmen verloren schon zig Beschäftigte ihre Arbeitsplätze. Den Halbergern war das alles bekannt, als sie sich für den zunächst unbefristeten Streik entschieden.

Nach sechs Wochen setzten sie den Arbeitskampf aus, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, den Konflikt mit Hilfe eines Schlichters zu lösen. Das hatte die IG Metall vorgeschlagen. Doch die 46 Tage Arbeitskampf haben sie zusammengeschweißt. Und noch eine gute Erfahrung haben sie gemacht: In der Not steht man nicht allein, wenn man sich gemeinsam wehrt. Es kamen Schulklassen, Unterstützer aus der Bevölkerung, die spontan Getränke und Eis brachten, und viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen Betrieben. Teils nahmen sie weite Wege in Kauf, einige kamen von Bochum oder sogar Kiel, um sich mit den Streikenden zu solidarisieren.

Christophe Conrad, Arbeiter in der Sandaufbereitungsanlage in Saarbrücken, spendete privat 2 200 Euro für die Solidaritätskasse – pro NHG-Beschäftigten einen Euro, „weil Solidarität so wichtig ist“. Darum war der Franzose an manchen Streiktagen auch rund um die Uhr im Einsatz, als Streikposten, bei Aktionen in der Stadt, Solidaritätsfahrten nach Leipzig, zu Kundgebungen. Obwohl er nicht einmal Streikgeld bekam, denn als der Streik anfing, war er noch kein IG Metall-Mitglied. Inzwischen ist er es.

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