BMW in München
Flexibel arbeiten, bewusst abschalten

Mit der Ausbreitung mobiler Endgeräte verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben, theoretisch ständige Erreichbarkeit wird zu praktisch ständiger Verfügbarkeit. Bei BMW verhandelte der Betriebsrat bereits im Jahr 2013 eine Betriebsvereinbarung zur Mobilarbeit. Er wollte die ...


... Beschäftigten vor den Gefahren mobiler Arbeit schützen, ohne die von den Beschäftigten gewünschte Flexibilität zu beschneiden. Das ist gelungen.

Der Münchner Betriebsrat Peter Cammerer war als Verhandlungsführer maßgeblich an der Entstehung der Vereinbarung beteiligt. Er beschreibt die Zielsetzung: „Wir wollten die sinnvolle Nutzung moderner Arbeitsmittel und die Anforderungen eines Hightech-Konzerns wie BMW mit den Interessen der Beschäftigten und ihrem Recht auf ein ungestörtes Privatleben unter einen Hut bringen.“ Trotz bisweilen unterschiedlicher Vorstellungen zu einzelnen Aspekten – wie etwa der Zeiterfassung – gelang es den Betriebsräten, auch die Verantwortlichen auf der Arbeitgeberseite für ihre Idee zu gewinnen.

Das lag unter anderem an der konstruktiven Grundrichtung ihrer Vorstellungen, erklärt Betriebsrat und Vertrauenskörperleiter Alexander Farrenkopf: „Entscheidend war, dass wir die unbestrittenen Chancen mobiler Arbeit nicht mit dem Rasenmäher zurückstutzen und in irgendwelche starre Einheitsgrenzen zwingen wollten, sondern durch flexibel anwendbare Regelungen den Schutz der Beschäftigten vor Übertreibung oder gar Missbrauch gewährleisten.“

Alexander Farrenkopf. Foto: Privat

Um dies zu gewährleisten, definiert die Vereinbarung einige zentrale Grundsätze: Mobilarbeit ist bei BMW generell für alle Beschäftigten mit geeigneten Aufgabenstellungen möglich – aber sie bleibt immer freiwillig. Jede Art von Mobilarbeit, egal ob mit Telefon, Smartphone, Laptop oder auch Papier, ist ausnahmslos Arbeitszeit und wird als solche erfasst. Dabei gilt das Prinzip von Vertrauen und Zielen, so dass kein bürokratischer Zusatzaufwand entsteht; schließlich wäre es auch kaum praktikabel, nach jedem Telefonat penibel dessen Dauer in Minuten festzuhalten. Der Rahmen für An- beziehungsweise Abwesenheit im Büro, Mobilarbeitszeit und nicht zuletzt die Erreichbarkeit werden zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten unter Berücksichtigung der Belange beider Seiten einvernehmlich abgestimmt. Außerhalb der dabei festgelegten Zeiten besteht explizit ein Recht auf Nichterreichbarkeit, um dann auch ganz bewusst und selbstbestimmt abschalten zu können.

Sowohl Flexibilität als auch Vereinbarkeit erhöht

Während also mehr individuelle Selbstbestimmung über Arbeitszeit und -ort ausdrücklich gewollt sind, ist indirekt erhöhtem Druck zu Verfügbarkeit rund um die Uhr oder zu nicht-erfasster Mehrarbeit wirksam ein Riegel vorgeschoben. Farrenkopf betont in diesem Zusammenhang: „Wir haben verhindert, dass über die Mobilarbeit Hintertüren für ständige Erreichbarkeit oder über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehende Ausweitung des Arbeitsvolumens geöffnet werden. Stattdessen haben wir mit unserer Betriebsvereinbarung einen vordergründigen Gegensatz weitgehend aufgelöst, indem wir im selben Zug sowohl die Flexibilität, als auch die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben erhöhen.“

Zu guter Letzt ist die Betriebsvereinbarung Mobilarbeit bei BMW nicht nur inhaltlich bemerkenswert, sondern auch formal: Sie umfasst mit nur vier Seiten weniger als so manche Parkplatzordnung. Das Ergebnis setzte Maßstäbe in diesem Bereich und wurde 2014 mit dem Betriebsrätepreis in Gold ausgezeichnet. Nachbesserungen übrigens waren seit ihrer Einführung nicht nötig, stellt Cammerer zufrieden fest: „Wir wollten von Anfang an einfache Regeln vereinbaren, präzise, aber trotzdem leicht verständlich. Mittlerweile hat die Praxis gezeigt, dass uns das offenbar gelungen ist.“

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