Altersgerechtes Arbeiten – flexibler Ausstieg: Die IG Metall ...
Betriebe verschlafen demografischen Wandel

Eine Umfrage unter Betriebsräten der IG Metall zeigt: Die Beschäftigten wollen altersgerechte Arbeit. Doch die Arbeitgeber bieten zu wenig an. Die Unternehmen bleiben damit – gemessen an ihren eigenen Versprechen – in der Pflicht.

16. August 201216. 8. 2012


Altersgerechte Arbeitsplätze sind Mangelware. Und: Es gibt kaum Beschäftigte im rentennahen Alter in den Betrieben. Dies zeigt eine neue Umfrage der IG Metall, an der sich über 3700 Betriebsratsvorsitzende beteiligt haben. Die IG Metall hat heute die Umfrage in Berlin vorgestellt.


Demnach sind derzeit in den Betrieben nur 3,8 Prozent der Beschäftigten über 60 Jahre, davon gerade ein Prozent über 63 Jahre alt. Die Gründe dafür liegen nach Einschätzung der Betriebsräte vor allem an den Arbeitsbedingungen. 79 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Beschäftigten das gesetzliche Rentenalter nicht gesund erreichen können.


Politik muss handeln

Die IG Metall fordert deshalb von Arbeitgebern und Politik altersgerechte Arbeitsplätze und flexible Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Arbeitsleben. „Notwendig sind Arbeitsplätze, mit denen Ältere gesund bis zur Rente arbeiten und zu fairen Bedingungen aus dem Erwerbsleben aussteigen können. Erforderlich ist eine Rente, die vor Armut schützt und eine faire Anerkennung der Lebensleistung darstellt“, kritisiert Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Im Rahmen ihrer Kampagne „Gute Arbeit – gut in Rente“ werde die IG Metall die Betriebe in den kommenden Monaten auf den Prüfstand stellen und Missstände zum Thema machen, kündigte Wetzel an. Deshalb wird die IG Metall vom 5. bis zum 9. November zu diesem Thema in den Betrieben und Verwaltungsstellen Aktions- und Informationstage durchführen.

Zugleich sei die Politik gefordert, sich der Verantwortung zu stellen. „Mit Sonntagsreden geben wir uns nicht zufrieden. Wir nehmen Arbeitgeber und Politik in die Pflicht. Sie tragen Verantwortung für die Menschen und müssen sich der Herausforderung des demografischen Wandels stellen“, sagt Wetzel.

Keine alternsgerechte Konzepte in den Betrieben

Nicht einmal jedes dritte Unternehmen betreibt eine mittelfristige Personalplanung, die den demografischen Wandel berücksichtigt. „Unter solchen Bedingungen auf der Rente ab 67 zu beharren oder öffentlich über weitere Anhebungen der Regelaltersgrenzen zu spekulieren, ist im eigentlichen Wortsinn “a-sozial„ und verantwortungslos“, sagt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied und Sozialexperte der IG Metall. „Hier gibt es eine eklatante Diskrepanz zwischen öffentlicher Debatte und betrieblicher Praxis.“

Die Befragung belegt, dass nur 21 Prozent der Betriebe über Angebote verfügt, die den Beschäftigten einen Ausstieg vor dem Eintritt des gesetzlichen Rentenalters ermöglichen.


Demografischer Wandel? Fremdwort für Betriebe

Die Befragung belegt auch, dass es in 92 Prozent der Betriebe „selten“ oder „nie“ Maßnahmen zur altersgerechten Arbeitsgestaltung gibt. Nur in drei Prozent der Unternehmen gibt es ausreichende Qualifizierungsangebote für Ältere. Zugleich fehlen für diejenigen, die nicht mehr können oder wollen, Möglichkeiten, zu fairen Bedingungen aus dem Erwerbsleben auszuscheiden: Nur jeder Fünfte Betrieb bietet ausreichend Angebote für einen flexiblen Ausstieg wie etwa Altersteilzeit. Insgesamt fühlen sich die befragten Betriebsräte angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels von ihren Unternehmensleitungen allein gelassen. Initiativen, sich mit dem Thema zu beschäftigen, gingen in fast 90 Prozent von Betriebsräten und Belegschaften aus.

IG Metall fordert Alternativen

Die IG Metall fordert ein Alternativmodell zur Einheitsaltersgrenze 67. Notwendig seien Ausstiegsoptionen, die die unterschiedlichen Situationen von Beschäftigten und Betrieben zum Ausgangspunkt nehmen. „Die IG Metall hat Vorschläge für einen erleichterten Rentenzugang für Erwerbsgeminderte, für eine öffentliche Förderung gleitender Übergänge und für einen abschlagsfreien Rentenzugang für Beschäftigte mit langen Versicherungszeiten entwickelt. Diese werden wir in die öffentliche Debatte einbringen“, fordert Urban.

Konkret schlägt die IG Metall vor:
  • einen erleichterten Rentenzugang für Erwerbsgeminderte
  • eine öffentliche Förderung gleitender Übergänge und
  • einen abschlagsfreien Rentenzugang für Beschäftigte mit langen Versicherungszeiten.

Urban: „Wir werden mit Leuchtturm-Betrieben zeigen, dass diese Vorschläge umsetzbar sind.“ Derzeit wird noch zu viel geredet und zu wenig getan. „Und wir, die IG Metall, wir wollen was tun, um unsere Vorschläge umzusetzen“, kündigt Wetzel an.

Die wichtigsten Ergebnisse der Betriebsrätebefragung und Infos zur Pressekonferenz in Berlin am 16. August 2012 gibt es hier:

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