Johnson Controls in Hannover
Den energiegeladenen Nachwuchs betreuen

Bei Johnson Controls in Hannover werden rund um die Uhr Autobatterien produziert, rund 1300 Menschen sind im Werk beschäftigt. Der Betriebsrat will die Vereinbarkeit von Leben und Arbeit für die Beschäftigten mittels eines Betriebskindergarten verbessern.


Emmy hat Geburtstag. Auf ihrem Kopf trägt sie eine Krone aus Papier. Die Kinder um sie herum singen Happy birthday. Jetzt ist Zeit für Bewegungsspiele: Zwei Kinder bilden einen Bogen, so dass man darunter durchgehen kann. Zufällig kommt Andreas Scherer vorbei. Der Betriebsratsvorsitzende bei Johnson Controls denkt nicht lange nach und schlüpft lachend mit hindurch.

Draußen, vor den schön restaurierten Gebäuden aus dem Jahr 1907, steht ein Schild auf dem steht: VARTA Starter, Kindertagesstätte, powered by Johnson Controls. Der Name des Betriebskindergartens erinnert an die Batteriemarke VARTA. Seit 2002 gehört die Fabrik in Hannover zu dem globalen Technologie- und Industrieunternehmen mit seinen 117000 Beschäftigten weltweit. In Hannover arbeiten rund 1300 Mitarbeiter. Und würde nicht ein kleines Wäldchen, eine Bundesstraße, die A2 und der Mittellandkanal dazwischen liegen, die Kinder könnten zum Arbeitsplatz ihrer Eltern hinüberschauen.

„Wir produzieren rund um die Uhr Autobatterien, LKW fahren übers Gelände, werden von Gabelstaplern beladen, es gibt Gefahrenbereiche. Da wäre es keine gute Idee gewesen, den Betriebskindergarten im Werk einzurichten“, erzählt Andreas Scherer von den Anfängen. Stattdessen sind sie auf einem weitläufigen, ehemaligen Klinikgelände fündig geworden, wo der Besitzer denkmalgeschützte Gebäude wieder herrichtet. Drei von ihnen extra für die VARTA Starter.

 

Das Unternehmen fördert die Betreuung

Am Beginn stand eine Umfrage: „Wenn wir eine eigene Kita betreiben würden, hättet Ihr Bedarf?“ 15 Mitarbeiter wollten das Angebot gerne annehmen. „2011 haben wir mit zwei Kindern angefangen. Nach einem Jahr hatten wir über 20.“ Und die Anfragen stiegen weiter. Also wurde ein zweites Haus saniert und bezogen – schließlich ein drittes. Derzeit sind 45 bis 50 Kinder in Krippe und Kindergarten. Vier Monaten alt sind die jüngsten, kurz vorm Schulbeginn die ältesten.

Während andere Kinder energiegeladen im Bewegungsraum toben, erzählt Emmy, dass sie den Andreas schon lange kennt. Den 57-Jährigen kennen hier fast alle, zumindest als Nikolaus verkleidet. In der Vorweihnachtszeit liest er Geschichten vor. Umgekehrt sind die Kids bei der Weihnachtsfeier auf dem Werksgelände mit dabei und singen Lieder. „Das mit der Weihnachtsbäckerei“, sagt Emmy. Oder „Jingle Bells“. Denn Kontakt mit der englischen Sprache bekommen die Kleinen auch schon. Vier Erzieherinnen sprechen konsequent englisch.

Für die Johnson Controls-Beschäftigten liegen die Gebühren zwei bis drei Prozent unter den Beträgen, die in anderen Kindergärten gezahlt werden müssten. Das heißt: Das Unternehmen fördert die Kinderbetreuung der Mitarbeiter auch finanziell. „Was nach einer ordentlichen Subvention aussieht, rechnet sich für das Unternehmen. Sie müssen nicht in die Neubesetzung von Stellen investieren und können Mitarbeiter langfristig binden“, betont der Betriebsratsvorsitzende. Und man wolle ja auch Frauen in den „oberen Etagen“ haben. „Die brauchen die Möglichkeit, ihren Nachwuchs zu parken“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Kindern salopp. „Wenn man weiß, die sind gut aufgehoben, hat man bei der Arbeit auch wieder den Kopf frei.“

Eine „Notgruppe“ garantiert, dass die Kids gut betreut sind, auch „wenn zum Beispiel die Eltern noch nach 18.00 Uhr in einem Meeting sind“, wie die Azubi-Erzieherin Michaela Einighammer erzählt, „. oder auf der Autobahn im Stau stehen“, ergänzt Andreas Scherer. Das kommt schließlich vor in einem Arbeitsalltag, bei dem nicht alles 100-prozentig planbar ist und der Arbeitgeber viel Flexibilität fordert.

Die Zeit, die die Kinder in Krippe und Kindergarten verbringen, wird mit einer „Stempelkarte“ erfasst und minutengenau abgerechnet. „Eltern, die viel verdienen, zahlen mehr“, beschreibt der Betriebsratsvorsitzende das einfache Prinzip. Der Kindergarten ist bei Johnson Controls ein wichtiges Instrument zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Drei-Schicht-System oder in der sogenannten Kontischicht zu arbeiten, sei belastend. „Wir müssen das gute Betriebsklima mit solchen Sachen aufrecht halten. Sonst sind wir nur eine Tretmühle“.

Emmy wird von ihrer Mutter, die dank Betriebskindergarten wieder halbtags arbeiten kann, immer um 8.00 Uhr zu den VARTA Startern gebracht. Da sitzt Emmys Papa Ralph Loos schon am Arbeitsplatz und leitet die Montage von Hochleistungsbatterien für Fahrzeuge mit Start-Stopp-Systemen. „Auch Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kollegen nutzen das Kindergarten-Angebot“, berichtet der Vater. Emmy ist fast von Beginn an dabei. Sie ist jetzt sechs Jahre alt. Das wird ihr letztes Jahr bei den VARTA Startern, bevor es in die Schule geht.