Christiane Benner zu Ausbildung und Studium
Wir wollen eine zukunftssichere Ausbildung

In diesen Wochen kommen die neuen Auszubildenden und dual Studierenden in die Betriebe. Für viele beginnt ein neuer, wichtiger Lebensabschnitt. Doch welche Hürden gibt es? Welche Rechte haben Auszubildende und Studierende im Betrieb?

4. September 20174. 9. 2017


Der neue Lebensabschnitt wirft viele Fragen auf. Christiane Benner, die Zweite Vorsitzende der IG Metall, erklärt, wie eine gute Ausbildung, ein modernes Berufsbildungsgesetz und Engagement im Betrieb aussehen können.


Die IG Metall hat mehr als 234 000 Mitglieder, die jünger sind als 27 Jahre. Damit ist sie die größte politische Jugendorganisation in Deutschland. Was glaubst Du, warum ist die IG Metall für Junge so attraktiv?

Christiane Benner: Bei der IG Metall können alle mitmachen. Gemeinsam kann man im Betrieb und auch in der Gesellschaft etwas ändern. Die IG Metall Jugend hat sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass die unbefristete Übernahme von Auszubildenden tariflich zugesichert wird. 2012 haben wir das in der Metall- und Elektroindustrie erreicht, dieses Jahr im Südwesten, Osten und in Bayern auch im Kfz-Handwerk. Das macht mich stolz. Es ist schön zu sehen, wie sich junge Menschen zusammenschließen, gemeinsam für ihre Rechte einstehen und sich durchsetzen.


Heißt es nicht, die Jugend sei unpolitisch?

Den Vorwurf, die Jugend sei unpolitisch, kann ich nicht nachvollziehen. Mit Sicherheit funktioniert politische Beteiligung heute anders als noch vor 20 oder 30 Jahren. Gerade Onlineplattformen tragen dazu bei. Aber auch eine Diskussion um einen neuen Getränkeautomat im Pausenraum kann durchaus politisch sein. Wichtig ist, dass man sich für etwas interessiert, es mit anderen teilt und sich dafür stark macht.


Die neuen Auszubildenden und dual Studierenden sind jetzt in den Betrieben. Was erwartet sie?

Die ersten Wochen und Monate sind die aufregendsten im Betrieb. Auch wenn es bei mir schon etwas her ist, erinnere ich mich noch gut. Es ist normal, dass man aufgeregt ist. Aber keiner muss sich Sorgen machen. Und sollte es doch einmal Probleme geben, gibt es genug rechtliche und tarifliche Grundlagen, die den Auszubildenden Rechte einräumen. Man muss sie nur kennen. Im Betrieb sind Auszubildende ja auch nicht allein. Die Jugend- und Auszubildendenvertretungen und Betriebsräte sorgen dafür, dass Regeln und Gesetze eingehalten werden. Unterstützung bekommen sie dabei von der IG Metall.


Wie sieht es bei dual Studierenden aus?

In der Holz- und Kunststoffindustrie ist es uns kürzlich gelungen, einen ersten Flächentarifvertrag für dual Studierende abzuschließen. Dieser regelt grundlegende Dinge, beispielsweise die Zusicherung, dass alle Studienkosten für unsere Mitglieder durch den Arbeitgeber übernommen werden. Aber bei dual Studierenden gibt es noch Nachholbedarf, wir wollen auch in der Metall- und Elektroindustrie mehr tarifliche Regelungen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir mehr dual Studierende für die IG Metall gewinnen. Denn nur mit vielen Mitgliedern gelingt es uns, die Forderungen in weiteren Bereichen durchzusetzen. Wer Mitglied bei der IG Metall wird, zeigt nicht nur seine oder ihre Unterstützung, es gibt zum Beispiel auch rechtliche Hilfe bei Problemen mit dem Arbeitgeber. Also ein gutes Angebot.


Seit vielen Monaten setzt sich die IG Metall Jugend gerade auf örtlicher Ebene für ein modernes Berufsbildungsgesetz ein…

Ja, unser Ausbildungssystem ist nahezu einmalig und wird von der Wirtschaft, aber auch von den jungen Menschen, als sehr gut empfunden. In vielen Betrieben haben wir tolle Ausbildungsbedingungen. Unser Ziel ist es, die Ausbildung zukunftssicher zumachen. Deshalb fordern wir Ausbildungsqualität, Chancengerechtigkeit und Rechtssicherheit. Konkret verbirgt sich dahinter beispielsweise, dass Bücher für die Berufsschule oder Hochschule nicht selber bezahlt werden müssen, dass niemand nach der Berufsschule noch einmal in den Betrieb muss oder dass recht der Arbeitgeber es den Auszubildenden rechtzeitig mitteilen muss, wenn sie nach der Ausbildung nicht übernommen werden können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Aufnahme der dual Studierenden in das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Sie werden immer mehr, da sollte es doch klar sein, dass es in Zukunft eine gesetzliche Grundlage gibt.


Du sprachst eben die Kampagne „modern.bilden.“ an. Was hat die IG Metall Jugend damit bislang konkret erreicht?

Wir sind mit „modern.bilden.“ auf vielen Ebenen erfolgreich! Die IG Metall Jugend hat es geschafft, das Thema berufliche Bildung in die Politik zu bringen. Vor Ort haben junge Metallerinnen und Metaller durch gezielte Aktionen zuständige Abgeordnete auf unsere Themen aufmerksam gemacht. Die IG Metall Jugend hat es geschafft, dass viele Parteien das Thema berufliche Bildung und die Novellierung des BBiG in ihre Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2017 aufgenommen haben. Jetzt steht das Thema auf der Agenda, das ist ein Erfolg. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt ist die Politik am Zug. Wir werden hier weiter Druckmachen.


Die Verbesserung des BBiG ist das eine, aber wie kann die Qualität an den Berufsschulen verbessert werden?

Es sind zum Teil unhaltbare Zustände in den Berufsschulen. Es wäre ein großer Erfolg, wenn sich in Zukunft auch der Bund an den Kosten beteiligen würde. Wir brauchen mehr und bessere Computertechnik – und Lehrerinnen und Lehrer, die fit in Fragen der Digitalisierung sind. Wenn die theoretische Ausbildung der praktischen hinterherhinkt, dann wird das duale System irgendwann versagen. Wir brauchen eine Ausbildung 4.0, die sich zu meinen den betrieblichen Bedürfnissen anpasst und zum anderen auch den Wünschen und Lebensrealitäten der Auszubildenden entspricht. Studiengänge für angehende Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen müssen attraktiver gestaltet werden. Nur wenn bereits hier angesetzt wird, kann dem Lehrer- und Lehrerinnenmangel entgegengetreten werden.


Was können Jugendliche selbst zur Verbesserung ihrer Situation abseits der großen Politik tun?

Macht mit, gerne bei der IG Metall. Im Betrieb gibt es die Möglichkeit, ab fünf wahlberechtigten Auszubildenden und dual Studierenden eine Jugend- und Auszubildendenvertretung zu wählen. Sie ist mit besonderen Rechten ausgestattet und kann zusammen mit dem Betriebsrat unter anderem für Verbesserungen in der Ausbildung einstehen. Wendet Euch an Eure IG Metall vor Ort. Ich bin mir sicher, dass sie gerne Hilfe leistet.


Wie bringt sich denn die IG Metall Jugend bei der Forderungsdiskussion zur kommenden Tarifrunde ein?

Die kommende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie steht unter dem Schwerpunkt Arbeitszeit. Natürlich haben auch Auszubildende da ihre berechtigten Forderungen. Für Auszubildende ist kaum etwas stressiger als die Prüfungszeiten. Die IG Metall Jugend fordert deshalb eine bezahlte Freistellung für alle Auszubildenden und dual Studierenden an allen Prüfungstagen. Gesetzlich ist hier bisher nur geregelt, dass zur Prüfung selbst freigestellt werden muss. Um sich vorzubereiten und zu lernen, soll darüber hinaus auch an dem Arbeitstag vor der Prüfung bezahlt freigestellt werden. Dies gilt für alle Teile der Prüfung, also für Teil 1 und 2. Ein guter Abschluss der Ausbildung oder des dualen Studiums hat Auswirkungen auf das weitere Berufsleben. Daher ist diese Forderung mehr als richtig und notwendig.


Am 24. September ist die Bundestagswahl. Welche Themen sind wichtig?

Neben der vorhin angesprochenen Verbesserung des BBiG ist auch das Thema Rente ein Thema der IG Metall. Bei Jung und Alt. Da muss etwas passieren. Zurzeit wird in der öffentlichen Debatte versucht, einen Generationenkonflikt zu schüren. Dem stehen wir entgegen. Für alle Menschen muss eine bessere gesetzliche Rente her, von der es sich gut leben lässt. Dafür treten wir gemeinsam ein. Ein großer Wunsch ist außerdem eine bessere Wahlbeteiligung. Nur wer den Wahlzettel abgibt, erhebt die Stimme und kann sich beschweren, wenn etwas nicht nach den eigenen politischen Vorstellungen läuft. Dabei ist es wichtig, dass unsere demokratischen Parteien gestärkt werden und rechten Parteien das Wasser abgegraben wird. Nach der Wahl wird sich dann zeigen, inwieweit unsere Forderungen und Ideen einer gerechteren Gesellschaft Eingang in den Koalitionsvertrag finden. Fest steht: Die IG Metall wird auch nach der Wahl nicht locker lassen und sich weiter aktiv ins politische Geschehen einmischen.


Was wünschst Du Dir von den neuen Auszubildenden und dual Studierenden?

Werdet Mitglied bei der IG Metall und geht am 24. September wählen!

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