9. März 2022
Tarifrunde Textil Ost 2022
Verhandlungsauftakt: Arbeitgeber fordern Verzicht, IG Metall hält dagegen
Sechs Prozent mehr Geld, eine Angleichung an die Löhne im Westen und die Fortführung des Tarifvertrags für die Altersteilzeit – das fordert die IG Metall in der aktuellen Tarifrunde der Textilindustrie Ost. In der ersten Verhandlung stellen die Arbeitgeber sich quer.

Ergebnislos haben sich Arbeitgeber und IG Metall am Mittwoch nach der ersten Verhandlung für das Tarifgebiet Textil Ost getrennt. Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Entgelt für die Beschäftigten und eine Erhöhung der Jahressonderzahlung auf 100 Prozent – mit betrieblicher Wahloption. Außerdem soll der Tarifvertrag für die Altersteilzeit verlängert werden. Die Arbeitgeber legten kein verhandelbares Angebot auf den Tisch.

Aktuell liegt der Unterschied bei der Jahressonderzahlung der Kolleginnen und Kollegen im Westen bei bis zu 40 Prozent. Auch bei den Entgelten gibt es Unterschiede zwischen Ost und West. Bei der untersten Entgeltgruppe beträgt die Lohnlücke mehr als 2000 Euro im Jahr. Doch die Arbeitgeber denken nicht an Angleichung, sondern bringen Argumente, um die Löhne weiter runterzuschrauben. „Diese Krise kann nicht allein auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden“ sagt die Verhandlungsführerin der IG Metall, Stefanie Reimer.


Löhne reichen nicht für den Sprit

Die Arbeitgeber führten in der ersten Verhandlung an, dass das Geld knapp sei und forderten somit die Beschäftigten zum Verzicht auf. „Das ist unter den aktuellen Bedingungen absolut nicht hinnehmbar“, so Reimer. Selbst wenn Spareinlagen zurzeit schwinden würden, bei den Beschäftigten ginge es um viel mehr: „Sie müssen aktuell schauen, wie sie überhaupt ihren Lebensunterhalt bestreiten können und an Spareinlagen ist bei vielen gar nicht zu denken. Sie hoffen eher am Ende des Monats ihre Lebensunterhaltskosten noch bezahlen zu können.“

Das entspricht der Realität, von der auch die anwesenden Tarifkommissionsmitglieder berichten. Einige Kolleginnen und Kollegen wüssten manchmal nicht, ob es sich für sie lohnt, zur Arbeit zu fahren. Die hohen Spritpreise fräßen derart ihr Gehalt auf, dass sie Verluste machen. Dabei handelt es sich um einen Textil-Betrieb, der mitten auf einem Acker steht. „Da müssen alle mit dem Auto hin. Da gibt es keine öffentlichen Verkehrsmittel“, berichtete ein anwesendes Tarifkommissionsmitglied.
 

Zahlreiche Protestaktionen der Beschäftigten

Aber die Beschäftigten der Textil-Industrie wehren sich. Ende Februar zeigten sie in zahlreichen Aktionen vor den Toren der Betriebe und auf den Straßen, in Form von aktiven Mittagspausen oder Kundgebungen, dass sie für ihre Forderungen in dieser Tarifrunde sichtbar und laut einstehen werden. Am Tag vor der Verhandlung zogen sie gemeinsam mit solidarischen Beschäftigten aus anderen Branchen in Chemnitz an die Karl-Marx-Büste.

Über 12 000 Beschäftigte in den Bundesländern Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sowie Berlin-Ost profitieren von den Tarifverträgen. Die zweite Verhandlung ist für den 29. März geplant.


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