21. Oktober 2019
Ratgeber: Studieren ohne Abitur
Talente gezielt fördern
Studieren ist auch ohne Abitur möglich – und immer mehr Berufstätige schlagen genau diesen Weg ein. Wir zeigen Euch, was es zu beachten gilt und welche Regelungen in den Bundesländern gelten.

Etwa 8000 der rund 19 000 Studiengänge an deutschen Hochschulen lassen sich laut Centrum für Hochschulentwicklung inzwischen auch ohne Abitur oder Fachabitur belegen. Je nach Regelung des jeweiligen Bundeslandes genügen eine Ausbildung und/oder mehrjährige Berufserfahrung, um ein Studium im eigenen Fachgebiet zu beginnen. Meisterinnen und Meister, Technikerinnen und Techniker sowie Fachwirte können unter bestimmten Voraussetzungen direkt in ein Studium einsteigen und das Fach frei wählen.

Der Start ins Studium ist entweder sofort möglich oder nach einem Beratungsgespräch beziehungsweise einer Zulassungsprüfung. In einigen Bundesländern gibt es die Möglichkeit eines Probestudiums. In zwei bis vier Semestern können die Berufserfahrenen beweisen, ob sie ein Studium bewältigen können. Manche Hochschulen bieten für Studierende ohne Abitur auch spezielle Kurse an, um beispielsweise Wissen in Mathematik nachzuholen.


Bessere Rahmenbedingungen nötig

Wir fordern, die Rahmenbedingungen für Berufserfahrene weiter zu verbessern, damit der dritte Bildungsweg auch konsequent beschritten werden kann. Für uns ist er ein wichtiges Instrument für mehr soziale Durchlässigkeit zwischen Berufsbildungs- und Hochschulsystem.

Wie offen die Hochschulen für beruflich Qualifizierte und den dritten Bildungsweg momentan im Detail sind, wird in jedem Bundesland durch das jeweilige Hochschulgesetz und zum Teil durch ergänzende Verordnungen geregelt. Hier findet Ihr eine Übersicht:

Baden-Württemberg

Ein Beratungsgespräch an der Hochschule ihrer Wahl ist für Inhaber von Meister- und anderen hochqualifizierten Berufsbildungsabschlüssen Voraussetzung, um studieren zu können. Studieninteressierte mit Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung müssen darüber hinaus eine Eignungsprüfung erfolgreich ablegen, um die fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung zu erhalten. Die Möglichkeit eines Probestudiums ist nicht vorgesehen.

Bayern

Beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen können in Bayern nach einem Beratungsgespräch an der Hochschule ihrer Wahl studieren. Einen Haken gibt es noch: Die Hochschule muss erst alle Fort- und Weiterbildungsabschlüsse, die der Bewerber außerhalb von Bayern erlangt hat, als gleichwertig anerkennen. Personen mit einer Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung haben die Wahl: Statt einer Eignungsprüfung können sie auch ein Probestudium ableisten, um ihre Hochschulkarriere zu starten.

Berlin

In Berlin gibt es für Personen mit Meister- und anderen hochqualifizierten Berufsbildungsabschlüssen keine Einschränkungen beim Zugang zum Studium. Auch ansonsten sind die Regelungen vergleichsweise großzügig. So wartet Berlin mit einer Besonderheit auf: Personen ohne Abitur können direkt auf Master-Niveau einsteigen, wenn sie die Eignungsprüfung bestehen. Eine Einschränkung gibt es aber: Die Regelung gilt nur für Weiterbildungsstudiengänge und nicht für das traditionelle Bachelor- und Masterangebot.

Brandenburg

Beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildung können in Brandenburg direkt an der Hochschule einstiegen. Auch beruflich Qualifizierte ohne eine solche Aufstiegsfortbildung müssen keine Eignungsprüfung bestehen. Ein Probestudium ist nicht möglich.

Bremen

Wer einen Meister- oder ähnlich hochwertigen Fortbildungsabschluss nachweisen kann, steht der Weg an die Hochschule offen und kann das Studienfach frei wählen. Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung können, nachdem sie eine Eignungsprüfung erfolgreich abgelegt haben, im eigenen Fachgebiet studieren. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch ein Probestudium möglich.

Hamburg

Einzige Erfordernis für Personen mit Meister- und ähnlich hochwertigen Fortbildungsabschlüssen, um starten zu können: Ein Beratungsgespräch an der Hochschule. Personen mit einer Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung müssen eine Eignungsprüfung ableisten. Die Möglichkeit zu einem Probestudium besteht.

Hessen

Einschränkungen beim Zugang zum Studium gibt es für beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen in Hessen keine. Sonstig beruflich Qualifizierte müssen eine Eignungsprüfung ablegen. Die Möglichkeit zu einem Probestudium besteht nicht. In Hessen läuft allerdings noch bis ins Jahr 2021 ein Modellversuch, mit dem Personen mit qualifizierter dualer Berufsausbildung (Abschlussnote 2,5 und besser) auch ohne weitere Berufserfahrung und Zugangsprüfung der allgemeine Hochschulzugang eröffnet wird.

Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es für Personen mit Meister- und anderen hochqualifizierten Berufsbildungsabschlüssen keine Einschränkungen beim Zugang zum Studium. Studieninteressierte mit Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung müssen eine Eignungsprüfung erfolgreich ablegen, um die fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung zu erhalten. Die Möglichkeit zu einem Probestudium ist nicht vorgesehen.

Niedersachsen

Einschränkungen beim Zugang zum Studium gibt es für beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen in Niedersachsen nicht. Sonstig beruflich Qualifizierte müssen keine Eignungsprüfung ablegen, können es aber. Die Möglichkeit eines Probestudiums besteht nicht. In Niedersachsen fließen zusätzliche Landesmittel, um neue Wege des Hochschulzugangs für Personen ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife zu etablieren.

Nordrhein-Westfalen

Personen mit Meister- und ähnlich hochwertigen Fortbildungsabschlüssen steht der Weg an die Hochschule offen. Sie können ihr Studienfach frei wählen. Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung können im eigenen Fachgebiet studieren. Bei der Wahl eines zur bisherigen Bildungsrichtung nicht verwandten Studienfachs ist eine Eignungsprüfung erforderlich. Nordrhein-Westfalen erlaubt beruflich Qualifizierten den Zugang zu einem mit ihrer Berufstätigkeit fachlich verwandten Studiengang in Einzelfällen auch ohne einen zuvor erworbenen Berufsabschluss über eine Eignungsprüfung durch die aufnehmende Hochschule. In nicht-zulassungsbeschränkten Studiengängen besteht die Möglichkeit zu einem Probestudium.

Rheinland-Pfalz

Beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen können nach einem Beratungsgespräch an der Hochschule ihrer Wahl in Rheinland-Pfalz studieren. Sonstig beruflich Qualifizierte haben einen fachlich unbeschränkten Zugang zu Fachhochschulen, an Universitäten gilt ein fachgebundener Zugang. Für ein Studium an Universitäten muss die Berufsausbildung zum gewählten Studiengang also fachlich verwandt sein. In Rheinland-Pfalz wird nach dem erfolgreichen Abschluss eines Modellversuchs in einer Reihe von Studienfächern auf das Kriterium der Berufserfahrung verzichtet.

Saarland

Einschränkungen beim Zugang zum Studium gibt es für beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen im Saarland keine. Bei sonstig beruflich Qualifizierten ist eine Eignungsfeststellung erforderlich, die durch das Bestehen einer Vor- oder Zwischenprüfung im Probestudium ersetzt werden kann. Ein Zugang zum Studium ist obligatorisch über das Probestudium nach der Beratung durch die Hochschule möglich. Ferner ist es Voraussetzung, dass das Abschlusszeugnis eines beruflich qualifizierten Bewerbers mindestens eine Durchschnittsnote von 2,5 aufweisen muss.

Sachsen

Beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen können nach einem Beratungsgespräch an der Hochschule ihrer Wahl studieren. Sonstig beruflich Qualifizierte haben einen fachgebundenen Hochschulzugang. Beratungsgespräch und Eignungsprüfung sind erforderlich. Ein Probestudium ist nicht möglich.

Sachsen-Anhalt

Beruflich Qualifizierte mit Aufstiegsfortbildungen können an der Hochschule ihrer Wahl studieren. Sonstig beruflich Qualifizierte haben einen fachgebundenen Hochschulzugang. Eine Eignungsprüfung ist erforderlich, ein Probestudium nicht möglich.

Schleswig-Holstein

Personen mit Meister- und ähnlich hochwertigen Fortbildungsabschlüssen steht der Weg an die Hochschule offen. Sie können ihr Studienfach frei wählen. Besonders in Schleswig-Holstein ist, dass Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufspraxis alternativ zum Ablegen einer Eignungsprüfung auch die Möglichkeit haben, ein ein- bis zweijähriges Probestudium zu absolvieren.

Thüringen

In Thüringen gibt es für Personen mit Meister- und anderen hochqualifizierten Berufsbildungsabschlüssen keine Einschränkungen beim Studienzugang. Neben der Eingangsprüfung ist auch ein Probestudium (mit vorangegangenem Beratungsgespräch an der Hochschule) für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung plus Berufserfahrung möglich. Zudem können beruflich qualifizierte Bewerber unter bestimmten Bedingungen auch ohne Bachelorabschluss direkt auf Master-Niveau ins Studium einsteigen.

 

Übrigens: An der Europäischen Akademie der Arbeit in Frankfurt können aktive Metallerinnen und Metaller ebenfalls ohne Abitur ein Studium absolvieren


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