10. Dezember 2018
Digitalisierung
Arbeiten im digitalen Büro
Künstliche Intelligenz zieht in Büros ein, Algorithmen übernehmen immer mehr Tätigkeiten. Für die Beschäftigten kann das Chancen bieten – wie das Beispiel Ford zeigt.

Einen Fehler, sagt Jörg Parsenow, einen Fehler dürfe man nun nicht machen und annehmen, nur weil hier keine großen Geräte herumstehen, keine Maschinen, keine Apparate, keine Roboter, die blinken, surren, greifen, sei das alles nicht wichtig, nicht weiter dramatisch. „Algorithmen sind unsichtbar, ja, aber das heißt nicht, dass sie die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen nicht verändern. Das tun sie. Und sie werden es in Zukunft noch viel tiefgreifender und grundlegender tun“, sagt der 48-Jährige. „Unsere Aufgabe als Betriebsrat ist es, digitale Technologie im Sinne der Beschäftigten zu gestalten.“

Bei Ford in Köln machen sie genau das. Erst vor kurzem hat der Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber verhandelt, die den Einsatz von Softwarerobotern, von so genannter robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) regelt. Robotergesteuerte Prozessautomatisierung, das klingt sperrig, kompliziert. Gemeint ist damit die Automation von sich wiederholenden, standardisierten Aufgaben, gemeint sind damit Softwaresysteme, die vor allem im indirekten Bereich, in den Büros eingesetzt werden und die dort Tätigkeiten übernehmen, die zuvor die Beschäftigten erledigt haben.


„Es geht darum, Chancen zu nutzen“

Die Programme nehmen beispielsweise eigenständig Kundeninformationen in Datenbanken auf, sie lösen Zahlungen aus, sie gleichen Personaldaten ab, sie sortieren, bearbeiten, archivieren Mails. Sie können also bereits heute eine ganze Menge. Und sie werden in Zukunft noch sehr viel mehr können. Wo das alles enden wird? „Ach“, sagt Jörg Parsenow, „das weiß keiner so genau. Aber es geht hier auch nicht darum, irgendwelche düstere Zukunftsvisionen zu malen. Es geht darum, die Chancen, die sich mit dem Einsatz solcher Systeme verbindet, zu nutzen.“

Die gibt es durchaus, sie liegen auf der Hand: Wenn Softwaresysteme einfache, sich ständig wiederholende Aufgaben übernehmen, wenn etwa Beschäftigte nicht mehr langwierig, und häufig eben auch langweilig, Daten eingeben, Daten erfassen müssen, dann haben sie Zeit für höherwertige, interessante  Tätigkeiten. „Viele dieser sich wiederholende Tätigkeiten sind nicht wirklich anspruchsvoll, sondern eher belastend“, sagt Jörg Parsenow. „Wir haben hier eine Menge Reports und Statistiken, die erstellt und ausgewertet werden müssen. RPA überführt nun Daten aus unterschiedlichen Systemen, fügt sie zusammen, aggregiert sie“. Diese Hilfe sei sehr willkommen. „Der testweise Einsatz im Finanzbereich sowie im Ersatzteilzentrum zeigt, dass RPA dazu beitragen kann, Arbeitsverdichtung zu reduzieren und die Qualität von Tätigkeiten zu erhöhen.“


Elementar: die Qualifizierung der Beschäftigten

Von alleine vollziehen sich diese Chancen allerdings nicht – elementar hierfür etwa ist gute  Qualifizierung und Weiterentwicklung der Beschäftigten. Und natürlich gibt es auch Risiken beim Einsatz von RPA; Tätigkeiten können ganz entfallen, Rationalisierung ist prinzipiell möglich, ebenso Leistungs- und Verhaltenskontrolle. „Das ist bei und ausgeschlossen“, sagt Jörg Parsenow, „wir haben darauf geachtet, dass für die Beschäftigten keine Nachteile entstehen.“

In der Betriebsvereinbarung ist geregelt, dass während des jeweiligen Pilotprojektes keine Umgruppierung erfolgt, sich also am Gehalt des Beschäftigten nichts ändert, und das jegliche Leistungs- und Verhaltenskontrolle ausgeschlossen wird. „Auch um das zu gewährleisten, haben wir dafür gesorgt, dass die Softwareroboter eine eigene ID bekommen.“ Jederzeit ist also nachvollziehbar, welche Tätigkeit von einem Menschen und welche von einer Maschine ausgeführt wurden – auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht für Fehler der Software zur Rechenschaft gezogen werden können.

„Die Regelungen sind wichtig weil sie Sicherheit geben“, sagt Jörg Parsenow, „aber Sicherheit alleine genügt nicht.“ Es werde darauf ankommen, nicht nur für Schutz und Entlastung zu sorgen, sondern auch sicherzustellen, dass die Kolleginnen und Kollegen an höherwertige Tätigkeiten herangeführt werden. „Dafür brauchen sie Qualifikation und Freiräume, um sich weiterzuentwickeln.“


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