Ab Juli steigen die Entgelte im 2,3 Prozent, die monatlichen Ausbildungsvergütungen erhöhen sich um 80 Euro. Ab August 2026 steigen die Entgelte und Ausbildungsvergütungen um weitere 3,3 Prozent.
Dieses Verhandlungsergebnis hat die IG Metall am Dienstagmorgen im Kfz-Handwerk Niedersachsen erzielt.
Ab 2026 haben Beschäftigte einen Anspruch, Geld in zusätzliche freie Zeit umzuwandeln – und so fünf weitere Tage im Jahr frei zu nehmen. Diese Entlastungskomponente haben IG Metall und Arbeitgeber im neuen Tarifvertrag „WorkFlex+“ vereinbart.
Die Entlastungskomponente ist ein Novum in dieser Branche. Im Gegenzug können mehr Beschäftigte mit Zustimmung des Betriebsrats auch die 40-Stunden-Woche vereinbaren. Mit dieser Wahloption zwischen Geld oder Freizeit reagiert die IG Metall gezielt auf die Situation in den Werkstätten. Viele Beschäftigte wünschen sich nicht nur mehr Geld – sondern auch mehr Zeitsouveränität. Diese neue Regelung ist ein konkreter Schritt in Richtung Entlastung und für eine bessere Vereinbarkeit von Leben und Beruf.
„Die Tarifeinigung zeigt: Wir brauchen keine von der Politik geplante Abschaffung des Acht-Stunden-Tages“, erklärt IG Metall-Tarifvorständin Nadine Boguslawski. „Im Gegenteil: Die Betriebe und Beschäftigten brauchen tariflich flexible Arbeitszeiten, die auf Entlastung und Arbeitgeber-Attraktivität zielen. Die neuen fünf Tage Auszeit sind ein richtiges Signal für ein erstes Umdenken im Handwerk angesichts von Arbeits- und Fachkräftemangel.“
Das Verhandlungsergebnis haben die IG Metall und Kfz-Arbeitgeber in der dritten Verhandlungsrunde nach 15 Stunden Verhandlung im Kfz-Handwerk in Niedersachsen erzielt. Die Tarifkommission der IG Metall im Kfz-Handwerk Niedersachsen hat dem Verhandlungsergebnis zugestimmt.
Bundesweit haben in den vergangenen Wochen zehntausende Beschäftigte mit Warnstreiks und Aktionen Druck für einen Tarifabschluss im Kfz-Handwerk gemacht.
„Der wirtschaftliche Erfolg der Branche basiert auf der Leistung der Beschäftigten in den Werkstätten und Autohäusern. Sie sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass Mobilität funktioniert – oft unter Hochdruck und mit viel Fachwissen“, erklärt Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall Niedersachsen. „Diese Arbeit verdient Anerkennung, und sie braucht Entlastung. Mit diesem Abschluss holen wir beides zurück in die Betriebe.“
Das Kfz-Handwerk befindet sich in einer Phase doppelter Beanspruchung. Einerseits stemmen die Werkstätten eine konstant hohe Auslastung. Der Gebrauchtwagenmarkt boomt, das Durchschnittsalter der Fahrzeuge steigt, der Reparaturbedarf wächst. Gleichzeitig fehlt es an Fachpersonal, Termine sind knapp, und die Beschäftigten arbeiten vielerorts am Anschlag.
Andererseits wirkt die Transformation der Mobilität in die Betriebe hinein. Hersteller fokussieren sich auf Elektromobilität, digitalisierte Fahrzeugsysteme und neue Vertriebskanäle – doch die strukturellen Folgen landen auf dem Rücken der Beschäftigten: weniger planbare Arbeitsabläufe, steigende Komplexität in der Fehlerdiagnose, erhöhter Zeitdruck im Service.
Der Tarifabschluss im Kfz-Handwerk Niedersachsen ist daher aus Sicht der IG Metall ein Beitrag zur Fachkräftesicherung: Gute Arbeit zieht gute Leute an. Wer junge Talente gewinnen will, muss mehr bieten als Mindestlohn, Wochenendarbeit und starre Arbeitszeiten. Mit diesem Abschluss senden die Tarifpartner ein klares Signal: Gute Ausbildung, gute Bezahlung, gute Arbeitszeiten – das ist und bleibt der Standard im Kfz-Handwerk.
Das Verhandlungsergebnis gilt nur für das Tarifgebiet Niedersachsen. In den anderen Tarifgebieten wird noch weiter verhandelt.