Kfz-Tarifrunde 2025
Immer noch kein Angebot der Kfz-Arbeitgeber
Auch in der zweiten Verhandlungsrunde legen die Kfz-Arbeitgeber kein Angebot vor. Die Beschäftigten machen Druck: Über 22 000 Beschäftigte waren bereits bei Aktionen und Warnstreiks dabei. Die IG Metall fordert 6,5 Prozent mehr Geld, 170 Euro mehr für Auszubildende und eine Entlastungskomponente.
Über einen Monat dauern nun bereits die Tarifverhandlungen im Kfz-Handwerk – doch die Arbeitgeber haben immer noch kein Angebot vorgelegt. „Die Werkstätten sind voll, der Arbeitsdruck steigt, die Preise bleiben hoch – und die Beschäftigten im Kfz-Handwerk leisten tagtäglich Herausragendes“, betont Christian Schwaab, Verhandlungsführer der IG Metall im Kfz-Handwerk in Baden-Württemberg, wo am Dienstag in Leinfelden-Echterdingen verhandelt wurde. „Wer darauf mit Stillstand und Blockadehaltung antwortet, riskiert die Zukunftsfähigkeit der Branche.“
Vor der Verhandlung demonstrierten 1000 Kfz-Beschäftigte in Leinfelden-Echterdingen für ihre Forderungen: 6,5 Prozent mehr Geld, 170 Euro mehr für Auszubildende und eine Entlastungskomponente. „Unsere Forderungen sind maßvoll, realistisch und dringend notwendig – für faire Einkommen und zur Sicherung qualifizierter Fachkräfte“, macht Schwaab klar. „Wer keine Perspektive bietet, darf sich nicht wundern, wenn junge Menschen einen Bogen um die Branche machen.“
Über 22 000 bei Warnstreiks und Aktionen
Über 22 000 Beschäftigte haben sich im Rahmen der Tarifrunde im Kfz-Handwerk an Aktionen und Warnstreiks beteiligt. „Die Arbeitgeber versuchen, mit angezogener Handbremse durchs Tarifjahr zu kommen – das funktioniert nicht. Die Beschäftigten haben ein starkes Signal gesendet, und es wird unüberhörbar lauter werden“, sagt Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall Niedersachsen, wo nächste Woche die dritte Verhandlungsrunde startet.
„Anders als in der Industrie laufen die Geschäfte im KFZ-Handwerk gut. Die Stimmung bei den Händlern ist positiv, vor allem die Werkstätten sind bestens ausgelastet“, erklärt Bojidar Beremski, Verhandlungsführer der IG Metall im Kfz-Handwerk Bayern. „Das spüren die Kunden durch lange Wartezeiten und die Beschäftigten durch eine sehr hohe Arbeitsbelastung. Wir wollen jetzt die Kaufkraft der Beschäftigten stärken und sie zusätzlich entlasten, beispielsweise mit einer Wahloption für zusätzliche freie Tage.“
Aus Sicht der IG Metall braucht das Kfz-Handwerk dringend bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Das zeigt auch eine Befragung unter 12 000 Beschäftigten (siehe unten). Dennoch mauern die Arbeitgeber.
Tarifforderungen kommen aus den Kfz-Betrieben
Die Tarifforderungen für die Kfz-Tarifrunde hat der IG Metall-Vorstand Ende Februar beschlossen – nach Empfehlung der Tarifkommissionen der IG Metall für das Kfz-Handwerk. In den Tarifkommissionen haben in den Wochen davor gewählte Vertreter aus den Betrieben über die Forderungen beraten – und die Diskussionen aus ihren Betrieben zu einer gemeinsamen Forderungsempfehlung zusammengeführt.
„Der Branche geht es insgesamt gut – trotz der mangelhaften Modellpolitik der Hersteller mit Blick auf den Ausbau der Elektromobilität“, erklärt Nadine Boguslawski. „Die Beschäftigten in den Autohäusern verkaufen derzeit insbesondere viele Gebrauchtwagen. In den Werkstätten müssen Kunden wegen der hohen Auslastung und des Fachkräftemangels lange auf einen Termin warten. Viele Beschäftigte arbeiten am Anschlag. Darum ist jetzt dringend Zeit für Entlastungen: im Geldbeutel und bei der Arbeitszeit.“

IG Metall befragte über 12 000 Beschäftigte
Das sehen die Beschäftigten genauso. Im Vorfeld des Beschlusses der Tarifkommissionen hat die IG Metall die Beschäftigten in den Kfz-Betrieben befragt. Eine Mehrheit von 60 Prozent hält eine Forderung von 4 bis 8 Prozent mehr Geld für gerechtfertigt.
70 Prozent der Beschäftigten schätzen die Lage in ihren Betrieben als gut oder sehr gut ein. Der Gebrauchtwagenhandel brummt und erzielt gute Renditen. Der Neuwagenverkauf jedoch stottert, was wiederum gut für das Servicegeschäft in den Werkstätten ist, da das Durchschnittsalter der Fahrzeuge und damit der Reparaturbedarf steigt. Die Auftragsbücher sind voll. Beschäftigte berichten von zunehmender Arbeitsbelastung, hohen Krankenstände und mangelnder Wertschätzung.
Und 54 Prozent der Befragten sagen, dass deshalb vermehrt Beschäftigte den Betrieb verlassen. Anderswo gibt es mehr Geld bei weniger Belastungen.
Alle Details zur Befragung findet Ihr in unserem Kfz-Handwerk Nr.48.
Dritte Verhandlungsrunde im Mai
Die Tarifverhandlungen werden regional von den Bezirken der IG Metall geführt.
„Die Kfz-Tarifverhandlungen werden nur mit der aktiven Beteiligung der Beschäftigten zum Erfolg“, betont Nadine Boguslawski, die im IG Metall-Vorstand für das Handwerk verantwortlich ist. „Eure Teilnahme an Aktionen ist entscheidend. Lasst uns mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter für die IG Metall gewinnen und gemeinsam solidarisch, laut und entschlossen auftreten.“
Im Kfz-Handwerk arbeiten insgesamt 430 000 Beschäftigte. 91 000 profitieren direkt von einem Tarifvertrag der IG Metall. Der aktuelle Tarifvertrag lief am 31. März 2025 aus, womit auch die Friedenspflicht endete. Seit 1. April machen die Beschäftigten mit Warnstreiks Druck.
Aktuell läuft noch die zweite Verhandlungsrunde. Hier stehen noch Verhandlungstermine am Mittwoch in Bayern sowie nächste Woche in Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein an.
In Niedersachsen startet nächste Woche bereits die dritte Runde der Tarifverhandlungen im Kfz-Handwerk 2025.
Stimmen aus den Kfz-Tarifkommissionen
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Anna-Lena Lang, Kfz-Mechatronikerin, Spindler Würzburg
„Das höchste Gut in einem Betrieb ist der zufriedene Mitarbeiter. Ein gesundes Unternehmen kann nur auf Dauer überleben, wenn die Mitarbeiter gerne dort arbeiten. Dies erreicht man, indem man faire Arbeitsbedingungen, gerechte Entgelte und mehr Zeit für die Mitarbeiter und ihre Familien schafft. Indem man die Auszubildenden nicht als „billige Arbeitskraft“ ansieht, sondern als Investition in die Zukunft der Werkstätten.“
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Niko Granic, Automobilmechaniker, Kestenholz Automobil Koblenz
„In der Tarifrunde verhandeln Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber für alle IG Metall-Mitglieder. Der Vorteil: Beschäftigte müssen nicht einzeln mit dem Arbeitgeber verhandeln. Wir Arbeitnehemervertreter haben uns bei der Belegschaft informiert, was für sie wichtig ist: Wegen der Preissteigerungen müssen die Löhne angehoben werden. Der Beruf muss attraktiv bleiben, im Hinblick auf den Fachkräftemangel, da sonst viele in besser bezahlte Berufszweige wechseln, etwa in die Industrie.“
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Monika Bauer, Assistentin Aftersales, Auto & Service PIA Weilheim
„Die Gewinne in den Unternehmen steigen stetig. Und das auch durch den Einsatz der Kolleginnen und Kollegen – deshalb sollten sie durch eine entsprechende Lohnerhöhung davon ebenso profitieren. Gute Abschlüsse und Tarifverträge sorgen dafür, dass die Beschäftigten sich mit ihren Unternehmen verbunden fühlen und diese als gute Arbeitgeber empfinden. Das kommt den Unternehmen immer zugute.“
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Christian Panzner, Diagnosetechniker, Diekmann Automobile Bremerhaven
„Ich bin Mitglied der Tarifkommission, weil ich hier die Chance habe, mich für meine Kolleginnen und Kollegen, für faire und gute Arbeitsbedingungen einzusetzen. Tarifverträge sind wichtig. Zum einen regeln sie grundsätzliche Arbeitsbedingungen, wie z.B. Arbeitszeiten, legen aber auch die Entlohnung der Arbeitnehmer fest. Gleiche Arbeit, gleicher Lohn ist in der heutigen Zeit leider immer noch nicht selbstverständlich.“
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Ingo Kontny, Karosseriebauer, Mercedes-Niederlassung Stuttgart
„Unser Hauptthema sind die Fachkräfte, die in die Industrie abwandern. Da verdienst du mehr und bist nicht so gefordert. Du machst meist das gleiche. Im Handwerk jedoch musst Du alles können, vom alten 190er bis zum E-Auto, aber für weniger Geld. Und mit weniger Work-Life-Balance. Doch im Handwerk können wir keine Menschen durch Roboter ersetzen. Deswegen brauchen wir gute Tarifergebnisse, damit die Leute sehen: Im Handwerk habe ich auch gutes Geld – und eine sichere Arbeit.“
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Robert Ivanovic, Kfz-Spengler, Mercedes Benz Niederlassung München
„Aktuell haben wir hohe Inflationsraten, volle Auftragsbücher und Fachkräftemangel. Wichtig wäre nun eine tabellenwirksame Entgelterhöhung, Wahlmöglichkeit zwischen Zeit und Geld und eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen. Eine erfolgreiche Transformation kann nur mit motivierten, gut ausgebildeten Fachkräften gelingen - und die haben ihren Preis.“
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Thomas Jagmann, Kfz-Mechatroniker, Audi-Zentrum Leipzig
„Wir dürfen beim Entgelt nicht den Anschluss an andere Branchen verlieren – zumal bei uns ein hohes fachliches Know-how und eine hohe Flexibilität gefordert sind. Aktuell verliert unsere Branche Fachkräfte an Betriebe, die keine Schichtarbeit oder Samstagsdienste verlangen und geringere körperliche und psychische Anforderungen stellen. Zudem wird es immer schwieriger, Auszubildende zu gewinnen – bei gerade einmal 960 Euro Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr.“