Ausbildung im Handwerk
Für bessere Ausbildungsbedingungen im Handwerk

Fachkräftebedarf ist ein Zukunftsthema – auch im Handwerk. Doch hier fehlt nicht das Personal. Denn Auszubildende gibt es in den Handwerksbetrieben genug. Notwendig wäre eine höhere Ausbildungsmoral: Die Einhaltung betrieblicher Ausbildungspläne, qualifiziertes Ausbildungspersonal und die ...

23. November 201123. 11. 2011


... Vermeidung ausbildungsfremder Arbeiten.

Einen betrieblichen Ausbildungsplan, eine Ausbildungswerkstatt, qualifiziertes Ausbildungspersonal oder eine zusätzliche Förderung, wenn in der Ausbildung mal was nicht klappt – was für Auszubildende in Groß- und Mittelbetrieben zum Standard gehört, ist in Klein- und Handwerksbetrieben eher die Ausnahme. Einzelne Lernphasen werden häufig nach Auftragslage organisiert und die Azubis nebenher mitbetreut. Ausbildungsfremde Arbeiten sind an der Tagesordnung: Frühstück holen, Werkstatt kehren und bei Bedarf auch mal länger arbeiten, wenn eine Terminarbeit nicht rechtzeitig fertig wird. Das nennt man dann ’learning by doing’.


Kaum Betriebsräte

Im Industriebetrieb würden in ähnlichen Situationen die Betriebsräte eingreifen und dafür sorgen, dass der Ausbildungsplan eingehalten wird. Denn gerade in Fragen der Berufsausbildung haben Betriebsräte weitreichende Mitspracherechte. Doch diese betriebliche Interessenvertretung gibt es in vielen Handwerksbetrieben nicht. Denn ein Betriebsrat kann erst ab einer Betriebsgröße von fünf Beschäftigten gewählt werden. Und das ist bei 58 Prozent der Handwerksbetriebe gar nicht der Fall. Auch eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gibt es in den Handwerksbetrieben eher selten.


Learning by doing?

Grundsätzlich gibt es in jedem Handwerksbetrieb einen Meister, der gleichzeitig über die Qualifizierung zum Ausbilder verfügt. Doch in der täglichen Praxis übernehmen nicht sie, sondern die Gesellen die Ausbildung. Und diese stehen meist unter enormen Arbeitsdruck. Allzu oft werden Auszbildende während ihrer Ausbildungszeit dann zu Tätigkeiten herangezogen, die mit der Ausbildung nichts zu tun haben oder als Aushilfe für fehlende Mitarbeiter eingesetzt. Das nennt man dann praxisnah. Ob die jungen Menschen als Kankheitsvertretung eingesetzt werden oder private Aufträge für den Chef erledigen, für die Azubis ist eine solche Ausbildung fatal. Selbst wenn sie die Prüfung letztendlich bestehen. Mit ihrer lückenhaften Ausbildung haben sie es schwer in einem anderen Unternehmen zu bestehen.


Nur die Besten bekommen einen Arbeitsvertrag

Dass diese Ausbildungsbedingungen viele junge Menschen vor einer Ausbildung im Handwerk abschrecken, liegt auf der Hand. Trotzdem wird im Handwerk über den eigenen Bedarf ausgebildet. Allein im Organisationsbereich der IG Metall gibt es etwa 220 000 Jugendliche, die in Handwerksbetrieben ausgebildet werden. Viele von ihnen stehen nach der Prüfung auf der Straße. Denn es ist Praxis in vielen Handwerksbuden, sich nach der Prüfung die Besten herauszupicken und alle anderen nicht in eine unbefristete Anstellung zu übernehmen.


Zwar bilden die Handwerksbetriebe oft mehr Jugendliche aus als sie letztendlich brauchen, trotzdem spricht der Zentralverband des Deutschen Handwerks für den Bereich Ostdeutschland und für einzelne Regionen und Berufe von einem drohenden Fachkräftemangel. Ein Widerspruch? Wohl kaum. Wenn ein Ausbildungsbetrieb keine qualifizierte Berufsausbildung durchführt, kann er nach der Prüfung nicht auf einen gut ausgebildeten Geselle zurückgreifen. Auf lange Sicht fehlt dann der qualifizierte Nachwuchs. Dazu kommt, dass viele junge Menschen das Handwerk verlassen, da die Arbeitsbedingungen unreguliert und oft weit von guter Arbeit entfernt sind. Zudem wird im Handwerk schlechter bezahlt als in der Industrie. Das erleben Auszubildende bereits während der Ausbildungszeit.


So geht es besser

Die Handwerksunternehmen täten besser daran, bereits während der Ausbildung die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen zu fördern und eine qualifizierte Berufsausbildung durchzuführen. Doch in einzelnen Bereichen gibt es Bewegung. In Baden Württemberg gelang es der IG Metall ein Zusatzangebot bei zweijährigen Berufausbildungsgängen durchzusetzen. Jungfacharbeiter im Metallbau und in der Feinwerktechnik werden in die Lohngruppe 3 eingruppiert und können an einer Nachqualifizierung teilnehmen, wenn der Notendurchschnitt bei mindestens 3,0 liegt.


Doch viele Auszubildende machen ihre Ausbildung bei Handwerksbetrieben, die nicht tarifgebunden sind. Dann können sie nicht von den Tarifverträgen profitieren. Trotzdem: Es lohnt sich trotzdem Mitglied der IG Metall zu werden. Denn als Mitglieder können sie sich bei Ausbildungsproblemen an ihre Gewerkschaft wenden. Bespielsweise wenn sie ausbildungsfremden Arbeiten erledigen müssen, Ausbildungsinhalte nicht vermittelt werden oder bei Übertretungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

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