Berufsanfänger: Der prekäre Jobeinstieg ist mittlerweile üblich
Jung, dynamisch, prekär ... und dann?

Praktika, Leiharbeit, Werkverträge, befristete Jobs: Trotz Ausbildung und Studium verharren vor allem Berufseinsteiger jahrelang in prekären Arbeitsverhältnissen. Betroffen ist fast jeder dritte Beschäftigte unter 35 Jahren. Solche Jobs wirken sich negativ auf die Lebens- und Familienplanung aus.

16. Oktober 201216. 10. 2012


Allen Debatten über Fachkräftemangel zum Trotz: Obwohl es der deutschen Wirtschaft vergleichsweise gut geht, haben junge Menschen nichts davon. Sie hängen in befristeten und unsicheren Jobs fest. Der Weg in den Beruf verläuft immer häufiger über prekäre Arbeitsverhältnisse. Davon betroffen ist mittlerweile fast jeder dritte Arbeitnehmer (32 Prozent) unter 35 Jahren. Im Krisenjahr 2009 waren es 28 Prozent. Das kam bei einer Studie der IG Metall heraus. Im Sommer 2012 hatte TNS Infratest Politikforschung für die bereits dritte IG Metall-Jugendstudie über 1000 junge Leute zwischen 14 und 35 Jahren befragt.
 

Unsicherheit als Wegbereiter

Als prekäre und atypische Arbeitsformen gelten befristete Verträge, Teilzeit, Minijobs sowie Leiharbeit und teilweise auch Werkverträge. Eine atypische Beschäftigung gehört mittlerweile fast wie selbstverständlich zum Berufseinstieg dazu. Von den Brüchen zu Beginn des Berufslebens sind der Studie zufolge Menschen aller Qualifikationen betroffen. Selbst junge Ingenieure finden oft nur eine befristete Anstellung als Leiharbeiter oder mit einem Werkvertrag.

Berufliche Brüche zu Beginn des Arbeitslebens können Langzeitfolgen für die Gesellschaft haben, warnt die IG Metall. Wer vorrangig damit beschäftigt ist, immer wieder neue Jobs zu finden und Unsicherheit als Normalzustand erfährt, der schiebt nicht nur die Familienplanung auf. Betroffene junge Menschen haben auch nur wenig Kraft für gesellschaftliches, politisches oder gewerkschaftliches Engagement.
 

Werkverträge: die neue Billiglohnmethode

Kaum ist die Leiharbeit etwas besser reguliert, satteln immer mehr Arbeitgeber auf Werkverträge um. Damit haben die Unternehmen einen neuen Hebel gefunden, um die Löhne zu drücken. Die IG Metall ist nicht gegen Werkverträge. Sie ist aber gegen einen zunehmenden Missbrauch von Werkverträgen: Betriebe vergeben immer häufiger Kernaufgaben an billigere Anbieter. Diese bezahlen dann meist keine Tariflöhne und beschäftigten ihrerseits nicht selten nur Leiharbeitnehmer.

Solche Werkverträge wirken sich besonders auf die Jobsituation von jungen Arbeitnehmern aus. Der Studie zufolge entpuppen sich die Anstellungsverhältnisse als versteckte Leiharbeit. In der Krise haben viele Firmen ganze Unternehmensteile an externe Dienstleister ausgegliedert. Über Werkverträge arbeiten dann Mitarbeiter der externen Dienstleister wieder in den Betrieben, oft zu einem geringeren Lohn und schlechteren Leistungen im Vergleich zur Stammbelegschaft.
 

Leiharbeit ist immer noch ein Problem

Nach wie vor ist Leiharbeit einer der zentralen prekären Trends. Zwar hat die IG Metall im Mai 2012 mit den Metall-Arbeitgebern und den Zeitarbeitsverbänden für Leiharbeitnehmer Erfolge erzielt. Damit hat sich das Thema Leiharbeit aber noch lange nicht erledigt. Denn auch der beste Tarifabschluss kann nicht alles korrigieren, was die Politik versäumt oder falsch macht. Sie bleibt immer noch gefordert und muss die Leiharbeit regulieren.

Zum Beispiel müssen Leiharbeiter von Anfang an den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte bekommen. Hier muss der Gesetzgeber alle Schlupflöcher schließen, die es Verleihern ermöglichen, vom Prinzip „gleiche Arbeit – gleiches Geld“ abzuweichen. Außerdem muss wieder das Synchronisationsverbot gelten. Danach wäre es verboten, dass Verleiher Beschäftigte nur für die Dauer eines Einsatzes einstellen und anschließend direkt wieder entlassen dürfen. Dies war bis zu den Hartz-Gesetzen auch so geregelt. Auch die Verleihdauer muss wieder begrenzt sein. Stück für Stück wurde sie verlängert ―  von zunächst drei Monaten auf zwei Jahre, bis endgültig die Beschränkung 2003 viel. Die IG Metall fordert, die Einsatzdauer in den Betrieben wieder zu beschränken.
 

Thema für den Wahlkampf

Die IG Metall sieht diese Entwicklung kritisch: Wenn Arbeitgeber schon in Phasen des Aufschwungs prekäre Beschäftigung ausbauen, wird es in Krisenzeiten nicht besser, warnt Detlef Wetzel, zweiter Vorsitzender der IG Metall. Angesichts dieser Entwicklung fordert er, das Arbeitsrecht zu verschärfen und Befristung ohne Sachgrund generell abzuschaffen.

Außerdem will sich die IG Metall stärker um die Jugend und ihre Integration in den Arbeitsmarkt kümmern. Im Bundestagswahlkampf will sie das Thema vorantreiben. Mit ihrer Kampagne „Arbeit: Sicher und fair“ will sie Druck auf die Parteien ausüben, die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt wieder herzustellen.
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