24. Januar 2023
Ford weitet Kahlschlag aus
Ford: Jetzt soll auch die Produktentwicklung rasiert werden
Mehr als 3000 Arbeitsplätze sind jetzt auch in Köln in Gefahr. Nach Saarlouis plant das Ford-Management nun auch den Kahlschlag in Köln und Aachen. Die IG Metall droht mit empfindlichen Maßnahmen, sollte das Management seine Entscheidung nicht revidieren.

Seit Monaten herrschte Verunsicherung, dann legte das Ford-Management in der Wirtschaftsausschusssitzung Zahlen vor – und ließ damit die Bombe platzen. Seit Jahren wird die Ausrichtung von Ford Europa diskutiert. Zuletzt gab es ein großes Restrukturierungsprogramm, mit dem an den deutschen Standorten fast 6.000 Beschäftigte abgebaut wurden. Jetzt droht die nächste Welle, insbesondere in der Produktentwicklung.

Das Management hätte die Beschäftigten in Unklaren gelassen, doch der Betriebsrat hat die ihm nun vorliegenden Zahlen in einer außerordentlichen Betriebsversammlung an die Belegschaft getragen. Ford plant bis zu 4000 Stellen in Europa in der Produktentwicklung zu streichen. Betroffen sind zwei Entwicklungs- und ein Testzentrum.


Management will Beschäftigte im Unklaren lassen

Da das Management in der Betriebsversammlung nicht Klartext sprechen wollte, musste der Betriebsrat einmal vorrechnen. Der Rechenweg wäre dabei die europäischen Zahlen nach dem geltenden Verteilungsschlüssel zwischen PD Dunton (England), Lommel (Belgien) und Köln auf Deutschland aufzuteilen. Demnach wäre das Ergebnis: Im schlimmsten Fall werden bis zu 2.500 der heute 3.800 Beschäftigten der Kölner Produktentwicklung das Unternehmen verlassen müssen.

Aber auch für die dann verbleibenden 1.300 Beschäftigten ist die Zukunft ungewiss, da keine neuen Aufträge in Sicht sind. Der Konzern will die wesentlichen Entwicklungsaufgaben in Nordamerika (Mexiko) bündeln. Der Wandel vom Verbrenner zum Elektromotor reduziert Entwicklungsaufgaben und Ford verkleinert weiter die PKW-Palette.


Ford gefährdet mit Kahlschlag seine Zukunft

Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotiv Management in Bergisch Gladbach, kritisierte in einem Interview mit der ARD, den geplanten Stellenabbau des Ford-Managements. Der Autoexperte betonte, dass Autos nur in Amerika entwickeln zu lassen die Stellung des Autoherstellers auf dem europäischen Markt gefährden würde. Um auf dem europäischen Markt erfolgreich zu sein, müssten die Fahrzeuge eben auch an die europäischen Wünsche angepasst werden.

Dabei hätte Ford in Europa einiges aufzuholen – Ikonen des Herstellers laufen aus: Der Fiesta im Sommer, der Focus 2025. Insgesamt reduziert sich die Modellpalette von einst 14 auf vier Modelle. Und während die heimischen Wettbewerber mit einem wachsenden Angebot von Elektrofahrzeugen aufwarten können und den Markt erobern, hat Ford für den heimischen Markt bislang nur zwei Elektrofahrzeuge in Planung. Diese beiden Fahrzeuge hat Ford nicht mal alleine entwickelt, sie sollen auf einer VW-Plattform gebaut werden. Benjamin Gruschka, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats Köln Niehl/Merkenich betont deshalb: „Wir brauchen ein in Köln entwickeltes Fahrzeug für den europäischen Markt. Dafür brauchen wir eine starke Entwicklung und keinen Kahlschlag!“


Aachen und Saarlouis sollen ebenfalls bluten

Zu dem drohenden Kahlschlag in der Produktentwicklung kommt noch ein angekündigter Abbau von mindestens 20 Prozent der Arbeitsplätze in den Verwaltungsbereichen, also Einkauf, Finanz, Marketing etc., sowie auch in der Ford Service Organisation, dem Ersatzteilzentrum. Die Verteilung des Abbaus auf die verschiedenen Bereiche ist noch nicht festgelegt, es wird aber nochmal bis zu 700 Beschäftigte treffen. Insgesamt also ein Abbau von bis zu 3.200 Arbeitsplätzen bei Ford in Köln, jeder vierte Beschäftigte soll gehen!

Dem Standort Saarlouis wurde schon das Aus ab Sommer 2025 verkündet, von jetzt 4.500 Beschäftigten sollen nach aktuellem Stand nur 500 bis 700 weiter bei Ford beschäftigt werden. Das Forschungszentrum in Aachen steht ebenfalls auf der Kippe, dort sind es aktuell circa 220
Beschäftigte, die um ihre Arbeitsplätze bangen müssen.


IG Metall droht Konzernleitung

Die IG Metall fordert von der Konzernleitung ein, ihre Pläne zu überdenken und eine verbindliche Zusage für Folgeprojekte zu geben, mitsamt Entwicklungskapazitäten in der Kölner Produktentwicklung. Dazu wird der Betriebsrat in den kommenden Wochen in Verhandlungen mit der Unternehmensleitung eintreten. Sollten diese Verhandlungen nicht erfolgsversprechend im Sinne einer Zukunftssicherung für die Beschäftigten verlaufen, wird sich die IG Metall in diesen Prozess mit einschalten. Dabei wird die Gewerkschaft auch nicht vor Maßnahmen zurückschrecken, die das Unternehmen, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit empfindlich treffen könnten!

„Wir fordern eine echte Zukunft für alle Kolleginnen und Kollegen bei Ford in Deutschland, dafür werden wir gemeinsam kämpfen. Und wir kämpfen nicht für Abfindungsprogramme, sondern wir kämpfen dafür, dass die Arbeit in den deutschen Werken bleibt“, sagt Gesamtbetriebsrat Benjamin Gruschka. Dafür holt der Metaller sich Unterstützung von der Politik. „Ich bin gerade auf den Weg in den Landtag“, sagt Gruschka einen Tag nach der außerordentlichen Betriebsversammlung. „Eingeladen hat die SPD-Fraktion.“   


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