3. Februar 2020
Mitbestimmung
100 Jahre Betriebsräte
Am 4. Februar 1920 verabschiedete der Reichstag das Betriebsrätegesetz. Seitdem haben Beschäftigte das Recht, Betriebsräte zu wählen. Ein Meilenstein. Das heutige Betriebsverfassungsgesetz baut darauf auf. Die Gewerkschaften wollen es weiterentwickeln: mehr Mitbestimmung für Betriebsräte.

Seit 100 Jahren haben Beschäftigte das Recht, Betriebsräte zu wählen. Am 4. Februar 1920 verabschiedete der Reichstag das Betriebsrätegesetz. Das heutige Betriebsverfassungsgesetz ist die Weiterentwicklung des Betriebsrätegesetzes von 1920 auf und enthält noch viele ähnliche Regelungen.

Das anfangs noch umstrittene Betriebsrätegesetz verankerte erstmals die demokratische Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrem Betrieb. Dort heißt es in Paragraf 1: „Zur Wahrnehmung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellten) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke sind in allen Betrieben, die in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte zu errichten.“

Die Nazis schafften das Betriebsrätegesetz 1934 ab. Auch im Betrieb galt von da an das Führerprinzip – mit dem Arbeitgeber als Führer, dem die Beschäftigten zu folgen hatten.

1952 verabschiedete der Bundestag der Bundesrepublik Deutschland das Betriebsverfassungsgesetz. Das Gesetz wurde 1972 und zuletzt 2001 reformiert und verbessert.


DGB-Gewerkschaften wollen ein Update der Mitbestimmung

Die IG Metall und die anderen DGB-Gewerkschaften wollen das Betriebsverfassungsgesetz weiterentwickeln. Die Transformation durch Globalisierung, Digitalisierung und Energiewende erfordert eine Modernisierung der Mitbestimmung.

„Die Betriebsverfassung ist heute notwendiger denn je. Nur durch betriebliche Mitbestimmung können wir den digitalen und strukturellen Wandel erfolgreich und sozial gestalten“, erklärt Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall.

Die DGB-Gewerkschaften machen konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung des Betriebsverfassungsgesetzes: Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll erweitert werden, insbesondere bei der Personalplanung und bei der Weiterbildung. Eine Beschäftigtenbefragung der IG Metall hat ergeben, dass es in jedem zweiten Betrieb keine systematische vorausschauende Personalplanung gibt.

„Hier droht in der Transformation ein immenses Beschäftigungsrisiko, da sich viele Tätigkeiten und Anforderungen durch Digitalisierung und neue Antriebstechnik grundlegend verändern werden“, warnt Benner. „Es ist notwendig, Beschäftigte vorausschauend für neue Tätigkeiten weiterzubilden. Wir wollen faire Chancen durch Weiterbildung für alle.“

Zudem machen Trends wie Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data ein Update der Mitbestimmung erforderlich. Betriebsräte brauchen aus Sicht der Gewerkschaften stärkere Rechte bei der Einführung von KI und beim Datenschutz. Zusätzlich soll der Arbeitnehmer- und Betriebsbegriff erweitert werden auf neue Formen der globalen, digitalen Arbeit wie „Clickwork“.


Betriebsratswahl erleichtern – Betriebsräte besser schützen

Die Wahl von Betriebsräten soll erleichtert werden. Bereits die Initiatoren einer Betriebsratswahl sollen besser vor Angriffen durch den Arbeitgeber geschützt werden.

Dazu gehört auch eine konsequente Strafverfolgung. Laut Paragraf 119 des Betriebsverfassungsgesetzes wird die Behinderung der Wahl und der Arbeit eines Betriebsrats mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft. Passiert ist das noch nie.

Immerhin: Im ihrem aktuellen Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD versprochen: „Wir wollen die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern.“

Umgesetzt ist davon noch nichts.

Zudem sind die geplanten Maßnahmen aus Sicht der Gewerkschaften zu dünn: Konkret will die große Koalition das sogenannte vereinfachte Wahlverfahren, das derzeit verbindlich für Betriebe bis 50 Beschäftigte gilt, auf alle Betriebe bis 100 Wahlberechtigte ausweiten. Das jedoch reicht nicht aus, um die Mitbestimmung zu stärken.


Besser mit Betriebsrat

Studien belegen, dass mitbestimmte Unternehmen stabiler und erfolgreicher sind, sowie auch Schwächephasen besser meistern. In Betrieben mit Betriebsrat sind die Arbeitsplätze sicherer, die Entgelte höher und die Arbeitsbedingungen besser. Und es gibt mehr Gerechtigkeit, auch bei der Bezahlung von Männern und Frauen.

Im Organisationsbereich der IG Metall engagieren sich über 73 000 Betriebsratsmitglieder in rund 10 000 Betrieben für ihre Kolleginnen und Kollegen.

„Betriebsräte sind ein stabiler Pfeiler unserer Demokratie“, erklärt Christiane Benner. „Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration.“


Besser mit Betriebsrat


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