11. Februar 2020
Stahl ist Zukunft
Zu Fuß nach Brüssel: für eine faire Transformation
„Unser Herz aus Stahl hat eine grüne Zukunft.“ Um endlich die notwendige politische Unterstützung dafür zu erhalten, wanderten Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter 350 Kilometer nach Brüssel. Ihr „Walk of Steel“ ist ein voller Erfolg.

Es ist vollbracht. Nicht mal Orkan „Sabine“ konnte die 50 Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeiter aufhalten. Zehn Tage waren sie unterwegs, legten 350 Kilometer zu Fuß zurück, von Völklingen im Saarland bis nach Brüssel. Und das hat sich gelohnt: Ihr „Walk of Steel“ (SR.de) war ein voller Erfolg. Klimakommissar Frans Timmermans hält jetzt die Forderungen der Beschäftigten der deutschen Stahlindustrie in Händen und verspricht ihnen, sie nicht im Stich zu lassen.


Transformation muss sozial-ökologisch ablaufen

Aber jetzt von vorne: Die Situation im Stahl ist angespannt. Um die deutschen und europäischen Klimaziele – bis 2050 CO2-neutral zu sein – zu erreichen, ist eine weitestgehende Dekarbonisierung auch in der Stahlindustrie notwendig. Zwar wissen die Unternehmen und ihre Beschäftigten, wie sie das technologisch erreichen können. Das Problem ist nur: Die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Es fehlen bislang die nötigen Rahmenbedingungen. Auf dem Spiel steht die Zukunft der deutschen Stahlindustrie. Und die Leidtragenden sind die Beschäftigten, die um ihre Jobs bangen.

Darum fordert Stephan Ahr, Betriebsratsvorsitzender bei Saarstahl, der die Wandertruppe nach Brüssel führte: „Es geht uns darum, dass wir eine sozial-ökologische Transformation erleben müssen, bei der die Beschäftigten nicht auf der Strecke bleiben.“ Die Beschäftigten und die IG Metall erinnern Berlin und Brüssel deshalb mit Nachdruck an ihre Aufgaben.


Betriebe brauchen finanzielle Unterstützung

Stahl kann durch das Verfahren der Wasserstoffreduktion klimaschonend hergestellt werden. Der Umbau der Produktion erfordert aber hohe Investitionen. Die Stahlunternehmen sprechen von 30 Milliarden Euro, die es kosten wird, um die Emissionsziele im Jahr 2050 zu erreichen.

Und genau hier klemmt der Schuh. Die Stahlunternehmen können diese immense Summe nicht alleine aufbringen, denn seit Jahren müssen sie für steigende Energiekosten sowie für ihre CO2-Emissionen, in Form von CO2-Zertifikate, ordentlich blechen. Klar ist also: Für eine faire Transformation müssen EU und Bundesregierung den Säckel aufmachen.


Ausbau der erneuerbaren Energien ist erforderlich

Wer Stahl klimaneutral herstellen möchte, der braucht Strom. Viel Strom. Erwartet wird ein zusätzlicher Bedarf von mindestens 130 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr. Um ihn zu decken, sind rund 12 000 zusätzliche Windkraftanlagen notwendig. Im letzten Jahr hat die Bundesregierung nicht mal 300 dazugebaut. An Land waren es so wenige wie seit 20 Jahren nicht mehr. Das zeigt: Hier ist immenser Nachholbedarf.


Stromtrassen müssen gebaut werden

Ein weiteres Problem stellt die fehlende Infrastruktur dar. Es wird nicht ausreichen, die notwendige Stromkapazität aus erneuerbaren Energien zur Verfügung zu stellen. Der Strom muss auch dort verfügbar sein, wo die industriellen Anlagen ihn benötigen. Dazu sind entweder die Stromtrassen entsprechend auszubauen oder aber Leitungen für den Transport von Wasserstoff zu errichten. Zusätzlich müssen die entsprechenden Elektrolysekapazitäten zur Herstellung des benötigten Wasserstoffs geschaffen werden, mit dem Stahl künftig klimaneutral produziert werden soll.


Es braucht die Green Border Tax

Zurzeit wird Stahl in die EU importiert, der mit höheren CO2-Emissionen belastet ist als in der EU produzierter Stahl. Hinzu kommt noch der klimaschädliche Transport über die Weltmeere und die Tatsache, dass er aufgrund fehlender Emissionsrechtehandelssysteme kostengünstiger hergestellt werden kann, ganz zu schweigen von Arbeitsbedingungen, unter denen er hergestellt wird. Deshalb fordern die Beschäftigten der Stahlindustrie und die IG Metall eine Green Border Tax. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die an den Außengrenzen der EU erhoben werden soll. Vereinfacht gesagt erhält der CO2-Anteil der importierten Produkte einen Preis. Diese Mittel könnten dann zur Finanzierung von CO2-senkenden Technologien genutzt werden.


Die IG Metall ist in Berlin bereits vorgedrungen

„Ich bin der Meinung, dass wir es schaffen können, dass die Stahlindustrie in Deutschland eine Zukunft hat“, versprach Peter Altmaier gestern bei seinem Besuch am saarländischen Stahlstandort Dillingen. Der Bundeswirtschaftsminister bekräftigte zudem, dass er seit Monaten mit der IG Metall und den Chefs aller stahlproduzierenden Unternehmen im Austausch stehe und dass es bald ein gemeinsames Konzept für die Zukunft geben werde.


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