11. November 2011
Airbus in Bremen
Familienpflegezeiten und Sabbaticals sind möglich
Bei Airbus in Bremen einigten sich Konzernbetriebsrat und Arbeitgeber 2012 darauf, neben der Familienpflegezeit auch eine Freistellung für persönliche Zwecke zu vereinbaren. Grundlage für die Konzernbetriebsvereinbarung „Care for Life“ war die Einführung eines flexiblen Wertkontos.

„Die Beschäftigten bei Airbus fragten immer wieder nach, ob ein Sabbatical über das Lebensarbeitszeitkonto geregelt werden kann“, erinnert sich Brigitte Heinicke, Betriebsrätin bei Airbus in Bremen. Das vorhandene Anlagemodell für das Lebensarbeitszeitkonto hat diese Möglichkeit jedoch nicht zugelassen. Mit dem Pflegezeitgesetz von 2008 kam Bewegung in das Thema, jetzt musste es den Beschäftigten ermöglicht werden, für die Pflege Angehöriger freigestellt zu werden. „Es ging uns darum, Regelungen für Freistellungen von der Arbeit schaffen“, sagt Brigitte Heinicke, „deshalb wollten wir auch das Thema Sabbatical neu diskutieren.“ Die Diskussionen begannen 2011, unter Dach und Fach wurde die Konzernvereinbarung „Care for Life“ dann Anfang 2012 gebracht.

Schritt für Schritt einigten sich Konzernbetriebsrat und Arbeitgeber darauf, neben der Familienpflegezeit auch eine Freistellung für persönliche Zwecke zu regeln. Die Grundlage dafür wurde durch die Einführung eines flexiblen Wertkontos geschaffen. Differenzen gab es allerdings bei der Ausgestaltung: Airbus befürchtete zum Beispiel, dass Beschäftigten die Integration in den Job nach der Auszeit schwer fällt und die Identifikation mit dem Unternehmen abnehmen kann. Diese Befürchtung teilte der Betriebsrat nicht. „Unser Argument war vor allem, dass die Beschäftigten nach dem Sabbatical besser erholt, arbeitsfähig und motiviert sind.“ Zusätzlich erhöht dieses Angebot die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber.


Finanzielle Einbußen werden abgefedert

Die Beschäftigten von Airbus erhalten im Rahmen der Care for Life-Vereinbarung die Möglichkeit, ihre Lebensarbeitszeit in Ergänzung zu bereits bestehenden Regelungen flexibler zu gestalten. Arbeit- und Privatleben können durch eine Freistellung für persönliche Zwecke, also durch ein Sabbatical, besser vereinbart werden. Die Familienpflegezeit ermöglicht die Pflege von nahen Angehörigen mittels einer Teilzeitbeschäftigung mit Entgeltaufstockung. Die Basis für diese Angebote ist in beiden Fällen das flexible Wertkonto.

„Bei der Freistellung für persönliche Zwecke können sich die Beschäftigten bis zu einem Jahr von der Arbeit freistellen“, sagt Brigitte Heinicke. Die finanzielle Einbuße wird vom Unternehmen abgefedert: Während der Auszeit werden 75 Prozent des Entgeltes weiter gezahlt. Nach der Freistellung arbeitet man zu 100 Prozent, erhält aber solange nur 75 Prozent des Entgelts, bis das Wertkonto wieder ausgeglichen ist.


Zufrieden mit der Care for Life-Vereinbarung

Bei der Familienpflegezeit kann die Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre lang auf 50 Prozent reduziert werden. Während dieser Phase wird das Entgelt um 25 Prozent vom Arbeitgeber aufgestockt – es werden also 75 Prozent Entgelt gezahlt. Nach der Pflegezeit beginnt die Rückzahlung wie beim Sabbatical: 100 Prozent Arbeitszeit, und solange 75 Prozent Entgelt, bis das Wertkonto wieder ausgeglichen ist.

Mittlerweile wurde das Pflegezeitgesetz der Bundesregierung angepasst – der Gesetzgeber erlaubt nun auch eine vollständige Freistellung von der Arbeit für Pflegezwecke. „Deshalb sehen wir noch Anpassungsbedarf bei der Regelung zur Familienpflegezeit“, sagt Brigitte Heinicke. „Abgesehen davon sind wir sehr zufrieden mit der Care for Life-Vereinbarung. Das Feedback ist positiv und das Angebot der Freistellung wird von den Beschäftigten gut angenommen.“


Sozialstaatskongress der IG Metall: Worum es geht Zukunft des Sozialstaats: Interview mit Jutta Allmendinger


Sozialpolitik

    Neu auf igmetall.de

    Link zum Artikel