1. März 2020
Niedersachsen und Sachsen-Anhalt
Mit Tarifvertrag durch das Studium
Seit 2015 gibt es einen Tarifvertrag für „Studierende in Praxis“ bei der Automotive Engineering Gesellschaft. Über 100 Studierende profitieren davon. Die IG Metall Jugend fordert einen einheitlichen Flächentarifvertrag.

„Dieser Tarifvertrag gibt mir Sicherheit“, freut sich Dinesh Vasikaran, 29. „Und es ist eine Win-win-Situation für beide Seiten.“

Denn der Arbeitgeber ist für Vasikaran so attraktiv, dass er von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen zieht, um in Gifhorn als Ingenieur zu arbeiten.

Dinesh Vasikaran studiert an der TU Braunschweig und will bis Ende 2022 seinen Master IST (Information Systemtechnik) abschließen. In der Zeit bis zum Master arbeitet er 80 Stunden im Monat in Projekten, die er sich aussuchen kann. Zurzeit ist er in der Lichttechnik (Fahrzeugscheinwerfer). „Ich fühle mich gut betreut und bekomme viel praktisches Know-how“, so Vasikaran. „Das ist nicht selbstverständlich. Die IG Metall und der Betriebsrat geben uns den Rückenwind für diese guten Bedingungen.“ Deshalb sei er inzwischen in die IG Metall eingetreten. „Als Neuling begreift man das nicht gleich. Wenn wir unsere Arbeitsverträge abschließen, bauen wir auf dem auf, was die Gewerkschaft, also die Mitglieder, durchgesetzt haben.“

An den fünf deutschen IAV-Standorten sind rund 600 Studierende beschäftigt, davon fallen 110 (20 in Gifhorn) unter den Tarifvertrag „Studierende in Praxis“ (dual Studierende). Sie werden nach der Entgeltstufe EG 1 des Tarifvertrags bezahlt, können an den Qualifizierungen bei IAV teilnehmen und werden übernommen. Die Studierenden können entscheiden, ob sie 20, 40 oder 80 Stunden im Monat arbeiten. Nach Erreichen des Bachelors oder Masters werden die Beschäftigten mindestens in EG 13 oder EG 15 des Haustarifvertrags eingruppiert.

Die anderen Studierenden sind Werkstudierende, die nach dem IAV-Mantel- und Entgelttarifvertrag, EG 1, bezahlt werden. Sie arbeiten meist bei IAV als Aushilfe, um ihr Studium zu finanzieren. „Wir wollen, dass noch mehr Studierende in den Genuss des Tarifvertrags für Studierende in Praxis kommen“, sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Mark Bäcker. Schließlich sei dieser Tarifvertrag ein Qualitätssiegel für die Fachkräftegewinnung und Bindung ans Unternehmen.


Flächentarif für dual Studierende

IAV setzt gerade auch in der Transformation auf Qualifizierung. Deshalb haben seit dem 1. Januar dieses Jahres alle Beschäftigten, auch die Werkstudierenden, Anspruch auf Qualifizierung. Bäcker: „Das ist eine Hürde weniger, wenn die Werkstudierenden in den Studierenden-Tarif wechseln.“ „IAV ist ein Leuchtturmprojekt für Studierende“, so Bezirkssekretär Johannes Katzan von der IG Metall. Seit 2001 schließt die IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Haus- und Branchentarifverträge für dual Studierende ab. Bei rund 100000 dual Studierenden in Deutschland und einem Meer von Haustarifverträgen würde es Sinn machen, endlich einen bundesweiten Flächentarifvertrag abzuschließen.

Seit 2014 studiert Susanne Fischer, 23, an der Hochschule Ostfalia in Wolfenbüttel Recht, Personalmanagement und Personalpsychologie. 2016 hat sie bei Conti Tech in Hannover ein Praxissemester gemacht und erfahren, dass man als Werkstudentin bei IAV arbeiten kann. Sie bewarb sich erfolgreich und arbeitet seit Mai 2017 als Aushilfe beim Betriebsrat. Seit Dezember 2017 ist sie im Tarif für Studierende und bekommt 15,64 brutto die Stunde. Fischer: „Damit komme ich besser zurecht als zuvor mit Bafög und den Einnahmen aus Nachhilfeunterricht.“ Und die Übernahmegarantie sei eine echte Wertschätzung.

2020 will Fischer ihren Bachelor machen und arbeitet jetzt 40 Stunden im Monat bei IAV. Ihr Ziel ist es, personalstrategische Themen wie Transformation und Personalplanung mitzugestalten: „Ich bekomme durch meinen Job im Betriebsrat mit, wie wichtig die Mitbestimmung ist.“ Und sie war beeindruckt von der Solidarität beim Warnstreik 2018. „Ich kann jedem nur empfehlen, sich im Intranet über die Arbeit des Betriebsrats und der IG Metall zu informieren“, meint Susanne Fischer.

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Fotos: Jelca Kollatsch
Johannes Katzan (links ), Dinesh Vasikaran, Susanne Fischer, Mark Bäcker: Künftig sollen noch mehr unter den Tarifvertrag für „Studierende in Praxis“ fallen.

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